BNP Paribas: Stewardship in Asien, Quelle und Opfer des Klimawandels

BNP Paribas: Stewardship in Asien, Quelle und Opfer des Klimawandels
Interview

Asien liefert einen wesentlichen Beitrag zum Klimawandel und hat gleichzeitig relativ schwer unter dessen Folgen, wie Dürren und Überschwemmungen, zu leiden.

05.07.2021 | 09:47 Uhr

Umso wichtiger ist es daher für Anleger wie BNP Paribas Asset Management, sich gemeinsam mit Unternehmen der Region zu engagieren und mit den lokalen Behörden zusammenzuarbeiten. Sechs Fragen an Paul Milon, Head of Stewardship Asia Pacific.

Interview

Asien übernimmt jetzt eine aktivere Rolle im Kampf gegen den Klimawandel: China, Japan und Südkorea haben sich zu Netto-Null-Emissionen verpflichtet. Holt die Region auf?

Der Klimawandel hat beträchtliche Auswirkungen auf Asien, unter anderem in Bezug auf das physische Risiko, z. B. in Form einer vermehrten Anzahl an Naturkatastrophen. Man denke nur daran, wie viele Taifune und Dürren die Region bereits miterlebt hat. Klimaschutzmaßnahmen sind daher von Wichtigkeit. Dem WWF zufolge könnten bei Nichterreichen der Klimaziele jedes Jahr 94 Millionen Menschen in Südasien unter Überschwemmungen leiden, anstatt wie bisher 13 Millionen.

Asien ist aber auch eine Region, die nicht unwesentlich zum Klimawandel beiträgt: Allein aus China stammten im letzten Jahr mehr als 27 % der weltweiten Emissionen. Das Land liegt damit weit vor den USA mit 11 % (obwohl die USA bei den Pro-Kopf-Emissionen eindeutig die Spitzenposition halten).

Asien – die größte regionale Wirtschaft der Welt – wächst schneller als die EU und die USA. Deshalb ist zu erwarten, dass die CO2-Emissionen in Asien weiter zunehmen, wenn es uns nicht gelingt, die Emissionen vom Konjunkturwachstum abzukoppeln. Die Auswirkungen des Klimawandels sind allerdings innerhalb der Region unterschiedlich (siehe Diagramm 1).

Diagramm-1-Die-asiatischen-Länder-mit-einem-niedrigeren-Pro-Kopf-BIP-haben-am-stärksten-unter-den-Folgen-des-Klimawandels-zu-leiden


Es ist durchaus richtig, dass wir die weltweiten Klimaziele nicht ohne die Führung Asiens – einschließlich China, dem weltgrößten Emittenten von Treibhausgasen (THG) – erreichen können. Daher sind die Verpflichtungen dieser Länder von Bedeutung - sie dienen Unternehmen und Aufsichtsbehörden als Wegweiser in Richtung Netto-Null-Emissionen.

Sie geben entsprechend Hinweise darauf, wie sich die Geschäftsmodelle entwickeln sollten, um die Ziele des jeweiligen Landes zu erreichen. Dies haben wir bereits in China gesehen: Nach Pekings Netto-Null-Versprechen haben Unternehmen in den Sektoren von Energie bis Finanzen ihre Absicht angekündigt, sich an die Emissionsziele des Landes zu halten.

Die EU hat bei aufsichtsrechtlichen Entwicklungen wie der ESG-Offenlegungsverordnung (SFDR) weltweit einen deutlichen Vorsprung. [1] Was geschieht in Asien?

Asien hat aufgeholt. Die Aufsichtsbehörden nehmen dabei eine aktive Rolle ein. Wir beobachten regulatorische Entwicklungen in Bezug auf die Art und Weise, wie Unternehmen geführt werden sollten, z. B. Regeln für ESG-Offenlegungen [2], und wie die Anleger investieren sollten – man denke nur an Stewardship-Codes und Richtlinien. Die Aufsichtsbehörden befassen sich auch zunehmend mit der Produktkennzeichnung und damit, was als grüner- oder ESG-Fonds betrachtet werden darf, um dem Risiko von ‚Green Washing‘ oder ‚ESG Washing‘ vorzubeugen und deutlich zu machen, welche Fonds nachhaltig sind.

Darüber hinaus beteiligen sich Anleger wie BNP Paribas Asset Management an Initiativen wie der GreenFinance Industry Taskforce in Singapur und der TechnicalExperts Group in Hongkong. Anleger und Aufsichtsbehörden arbeiten zusammen, um auf diesem Gebiet Fortschritte zu erzielen.

Sie erwähnten Stewardship. Können Sie uns mehr zu Ihren Aktivitäten im Zusammenhang mit der Energiewende sagen?

Wir arbeiten gemeinsam mit Climate Action 100+ daran zu gewährleisten, dass die Unternehmen mit den weltweit höchsten THG-Emissionen die notwendigen Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen. In Asien engagieren wir uns – allein oder gemeinsam mit anderen Teilnehmern – gemeinsam mit drei Unternehmen.

Wir führen beispielsweise Gespräche mit China Petroleum & Chemical Corporation (Sinopec) über ihre Absicht, Netto-Null-Emissionen in Übereinstimmung mit Chinas nationalem Ziel zu erreichen und konkrete Maßnahmen zu entwickeln, um zunächst den Höchststand an CO2-Emissionen zu erreichen und sich dann auf das Netto-Null-Ziel zuzubewegen, unter anderem durch Forschungsprojekte im Zusammenhang mit grünem Wasserstoff.

Wir engagieren uns auch an der Seite von asiatischen Stromversorgern im Rahmen unserer Kohlepolitik(bzw. des Ausstiegs aus Kohle). [3] Den asiatischen Energieversorgern fällt beim Erreichen der lokalen und internationalen Klimaziele eine wichtige Rolle zu, denn sie sind insgesamt für 23 % der weltweiten THG-Emissionen verantwortlich. Wir sind daher davon überzeugt, dass es eine Gelegenheit gibt, sich an der Seite dieser Unternehmen zu engagieren, um herauszufinden, welche von ihnen ihre Abhängigkeit von Kohle aktiv reduzieren und die CO2-Intensität der Stromerzeugung auf die Ziele des Pariser Abkommens ausrichten.

Geschlechtervielfalt ist ein wichtiges Thema: In asiatischen Unternehmen gibt es allgemein weniger Frauen im Top-Management. Was tun Sie, um Vielfalt zu fördern?

Die Erwartung an Geschlechtervielfalt sind von mindestens einem weiblichen Vorstandsmitglied auf einen Frauenanteil von 15 % in den Vorständen der Unternehmen in Asien und den meisten anderen Schwellenländern gestiegen. Ähnlich wie in Europa und Nordamerika, wo wir einen Frauenanteil von 30 % anstreben, engagieren wir uns vor der jährlichen Abstimmung der Aktionäre an der Seite der Unternehmen, die wir als wichtige Positionen in unseren asiatischen Portfolios betrachten.

Wir wählen Unternehmen aus, die über mindestens ein weibliches Vorstandsmitglied verfügen, aber die derzeitige 15 %-Schwelle, die unsere Erwartungen erfüllen würde, nicht erreichen. Solche Dialoge sind nicht nur Gelegenheit, um über die Strategie des Unternehmens bezüglich der Förderung der Geschlechtervielfalt im Vorstand, sondern auch einer breiteren Vielfalt- und Inklusion im Unternehmen allgemein zu diskutieren. Nach diesen Gesprächen haben einige Unternehmen ihre Bemühungen um Geschlechtervielfalt im Vorstand unseren Erwartungen angepasst oder sich verpflichtet, diese innerhalb von zwei Jahren zu erfüllen.

NEW-Diagramm2-Durchschnittlicher-prozentualer-Anteil-weiblicher-Vorstandsmitglieder


Die Biodiversität steht nun im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit ebenfalls ganz oben. Ist es ein Bereich, den Sie auch Sie auch betrachten?

Im Vergleich zum Klimawandel beispielsweise stehen Biodiversität und Nachhaltigkeit für einige Unternehmen der Region weiter unten auf der Prioritätenliste. Allerdings hat Asien sowohl einen hohen Einfluss als auch eine hohe Abhängigkeit von den natürlichen Ökosystemen wie Wald und Gewässer.

Der Wald ist ein gut dokumentiertes Thema, hier existiert das Risiko der Entwaldung im Zusammenhang mit Palmöl und Holzplantagen. In Bezug auf die Ressource Wasser besteht für die Unternehmen das Risiko von Betriebsstörungen, entweder wegen zu wenig oder zu viel Wasser. Die Produktion in der Getränkeindustrie und anderen Branchen mit hohem Wasserverbrauch wird in Indien jedes Jahr durch Dürren in bestimmten Landesteilen gestört. In Taiwan erklärten die lokalen Regierungen aufgrund einer Dürre vor Kurzem den Zugang zu Wasser für die lokale Bevölkerung zur Priorität, was die wasserintensive Halbleiterbranche beeinträchtigte.

Auf der anderen Seite des Spektrums ist Asien aufgrund eines Wasserüberschusses anfällig für Naturkatastrophen.Vielleicht erinnern Sie sich, wie im Jahr 2011 Überschwemmungen in Thailand die Lieferketten internationaler Automobilhersteller und Elektronikunternehmen störten. Nicht zuletzt befinden sich viele wichtige Städte Asiens in Küstengebieten, sodass Taifune und der Anstieg des Meeresspiegels weitreichende Folgen für Unternehmen haben können.

Wir arbeiten derzeit gemeinsam mit der NGO CDP daran, uns bei Unternehmen unseres Portfolios zu engagieren, die hohe Auswirkungen auf Wasser und Wald haben, aber auch stark von diesen abhängig sind. Wir wollen diese ermutigen, derartige Probleme in ihrer Strategie zu berücksichtigen, ihre Praktiken zu verbessern und durch Offenlegungen für mehr Transparenz zu sorgen.

[1] Lesen Sie An introduction to the Sustainable FinanceDisclosure Regulation (Einführung in die EU-Offenlegungsverordnung SFDR). Als Teil des EU-Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums sorgt die SFDR für mehr Transparenz im Hinblick auf die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten. Ihr Ziel ist es, nachhaltige Investments durch private Anleger zu fördern.

[2] In Bezug auf umwelt-, sozial- und governancebezogene Themen und Risiken

[3] Was sollten Anleger von einem verantwortungsbewusst geführten Unternehmen erwarten? Wie sollten sich Unternehmen im Zusammenhang mit Themen wie Menschen- und Arbeitsrechten, Umweltschutz und Schutzmaßnahmen gegen Korruption verhalten?

Lesen Sie Responsible business conduct – a majorpillar of sustainable investing (Verantwortungsbewusste Unternehmensführung –eine wesentliche Säule nachhaltiger Anlagen)

Hören Sie auch denPodcast mit Paul Milon über Asien als gute Region, um den Klimawandel zu beeinflussen



Alle hier geäußerten Ansichten sind die des Autors zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und basieren auf den verfügbaren Informationen, womit sie ohne vorherige Ankündigung geändert werden können. Die einzelnen Portfoliomanagementteams können unterschiedliche Ansichten vertreten und für verschiedene Kunden unterschiedliche Anlageentscheidungen treffen.

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Investitionen in Schwellenländern oder spezialisierten oder beschränkten Sektoren können aufgrund eines hohen Konzentrationsgrads, einer größeren Unsicherheit, weil weniger Informationen verfügbar sind, einer geringeren Liquidität oder einer größeren Empfindlichkeit gegenüber Änderungen der Marktbedingungen (soziale, politische und wirtschaftliche Bedingungen) einer überdurchschnittlichen Volatilität unterliegen.Einige Schwellenländer bieten weniger Sicherheit als die meisten internationalen Industrieländer. Aus diesem Grund können Dienstleistungen für Portfoliotransaktionen, Liquidation und Konservierung im Namen von Fonds, die in Schwellenmärkten investiert sind, mit einem höheren Risiko verbunden sein.

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