Janus Henderson: Globale Immobilienaktien im Fokus

Guy Barnard und Tim Gibson, Co-Manager der Janus Henderson Global Property Equities Strategie, erläutern ihren Ausblick für die zentralen Treiber der Immobilienrenditen − denen bei ihrem fundamentalen Bottom-up-Ansatz das Hauptaugenmerk gilt.

06.11.2017 | 13:24 Uhr

Als Anleger an den weltweiten Immobilienmärkten hören wir häufig den Vorwurf, wir würden eine andere Sprache sprechen, voller Abkürzungen wie NAV (Nettoinventarwert), FFO (Funds from Operations = Cashflow aus operativer Tätigkeit), ERV (Estimated Rental Value = geschätzter Mietwert) und NIY (Net Investment Yield = Nettoanlagerendite). Aber die Abkürzung, der mit Abstand unser größtes Augenmerk gilt, lautet WKA.

WKA, oder Wirtschaft, Kredite und Angebot, sind aus unser Sicht die zentralen Treiber der Immobilienmärkte. Für uns wichtig ist daher die Frage: Wie entwickeln sich diese wesentlichen Variablen heute weltweit und wie beeinflussen sie die Positionierung unserer Portfolios?

Wirtschaft

 In diesem Jahr setzt die Weltwirtschaft im Großen und Ganzen ihren soliden Wachstumskurs fort. Das belegen die im Jahresverlauf leicht angehobenen Prognosen auf nunmehr rund 3,5% für dieses und 3,6% für nächstes Jahr. In der Eurozone haben die Wirtschaftsdaten in diesem Jahr im Allgemeinen für positive Überraschung gesorgt; eine weitere Konjunkturbelebung scheint daher nach langer Durststrecke möglich. Uneinheitlich präsentieren sich zwar die Vergleichszahlen für die USA. Dessen ungeachtet wird jedoch für dieses Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,2% und von 2,3% für nächstes Jahr gerechnet. Mehr könnte drin sein, wenn die geplante umfangreiche Steuerreform den Kongress passiert. In Asien kurbelt China auch weiter den Konjunkturmotor an, und selbst in Japan wächst die Wirtschaft nach Jahren der Stagnation nun stärker.

Da Immobiliengesellschaften streng genommen „an die Wirtschaft vermieten“, gibt es eine starke Wechselbeziehung zwischen BIP-Wachstum und steigenden Mieten. Folglich schafft das „moderate“, aber positive Wirtschaftswachstum gute Voraussetzungen für eine Anlage an den Immobilienmärkten. Ideal wäre ein Wachstum, das stark genug ist, damit die Unternehmen zuversichtlich in die Zukunft blicken und Immobilien mieten bzw. kaufen und so den Aufschwung am Leben halten. Andererseits darf es nicht so stark sein, dass die Zentralbanken die Zinszügel kräftig anziehen oder Spekulanten an den Markt drängen und das Angebot massiv steigt.

Kredite

Kredite bzw. deren Zinsen geben Aufschluss über die Verfügbarkeit und Preise von Finanzierungen und wirken wie ein Überdruckventil für die Immobilienmärkte. Eine zu starke und leichtfertige Kreditvergabe hat eine Überhitzung der Märkte zur Folge wie zuletzt in den Jahren 2005 bis 2007. Fallen dann die Immobilienpreise, bringt das Gläubiger wie Schuldner in die Bredouille. Eine zu restriktive Kreditvergabe wiederum würde bedeuten, dass die Preise an die höheren Kapitalkosten von Investoren mit viel Eigenkapital angepasst werden müssen. An den Kreditmärkten hat die Finanzkrise tiefe Narben hinterlassen, weshalb diese nach wie vor im Risikovermeidungsmodus sind. Finanzierungen sind zwar verfügbar, aber an den meisten Märkten nicht mehr so reichlich wie zuvor und im Allgemeinen nur für bonitätsstärkere Kreditnehmer und Vermögenswerte. Auch für Entwicklungsprojekte stehen weniger Finanzierungsmittel zur Verfügung. Die Verschuldung an den weltweiten Immobilienmärkten macht uns daher derzeit weniger Sorgen – mit China als rühmlicher Ausnahme angesichts der Unsicherheit über die tatsächliche Höhe der Verbindlichkeiten im chinesischen Finanzsystem.

Auch haben die börsennotierten Immobiliengesellschaften in unserem Fonds ihre Lehren aus den Jahren 2007 bis 2009 gezogen. Heute ist ihre Verschuldungsquote mit durchschnittlich 30% geringer. Zugleich haben die Unternehmen die in den letzten Jahren günstigen Konditionen für langlaufende Kredite genutzt, um die Laufzeiten ihrer Verbindlichkeiten zu verlängern und sich die historisch niedrigen Zinsen für einen möglichst langen Zeitraum zu sichern. Sollten demnächst die Zinsen tatsächlich steigen, dürften sich die Folgen für Gewinne und Dividenden der Immobilienfirmen in Grenzen halten.

Angebot

Neben dem Wirtschaftswachstum wird die Entwicklung der Mieten auch vom Angebot an Neuimmobilien bestimmt. Ein zu großes Angebot und Vermieter büßen an Preissetzungsmacht ein; zwei Mieter für drei Objekte ist zweifellos kein günstiges Verhältnis. Im Fahrwasser der Finanzkrise ist das Immobilienneuangebot gegenüber früher geschrumpft und beläuft sich derzeit an den meisten Märkten auf weniger als 1% des Immobilienbestands. Auch wenn es Branchen und Städte gibt, in denen das Neuangebot wieder steigt und für Druck auf die Mieten sorgt: Die Regel ist das nicht. Ausnahmen sind vereinzelte Apartmentmärkte in den Küstenregionen der USA sowie die Büroimmobilienmärkte in New York, Tokio und Singapur. Im Allgemeinen sind die Leerstände bei Gewerbeimmobilien so niedrig wie nie, was den Vermietern eine günstige Ausgangslage bei Mietverhandlungen verschafft.

Strukturelle Faktoren: die vierte Triebfeder

Zur Abkürzung WKA muss noch ein weiterer Buchstabe hinzugefügt werden − nämlich „S“ für strukturelle Faktoren. In einigen Immobiliensektoren bewirken sie eine grundlegende Veränderung der Rahmenbedingungen. In einem früheren Beitrag haben wir auf den Druck auf die Mietpreise von Einzelhandelsimmobilien ausgehend vom unaufhaltsamen Vormarsch des E-Commerce und auf die positiven Auswirkungen für Logistik- und Datenzentren hingewiesen. Neben dem demografischen Wandel mit zunehmender Verstädterung und immer älteren Bevölkerungen werden die genannten Trends die Immobilienmärkte der Zukunft maßgeblich mitgestalten und Gewinner, aber auch Verlierer hervorbringen.​

Die Anlagethese für Immobilienaktien auf den Prüfstand stellen

Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren bleiben wir bei unserer Einschätzung, dass wir mit moderateren Renditen rechnen, die vornehmlich von Mieteinnahmen – oder Dividenden bei einer Anlage in REITs – und Ertragswachstum bestimmt werden. Aber zugleich sind die Fundamentaldaten der Immobilienmärkte unverändert solide, und es deutet praktisch nichts auf eine Übertreibung hin. Folglich sollte die starke Nachfrage der Anleger nach Immobilien zu Anlagezwecken anhalten. Schließlich handelt es sich bei ihnen um Sachwerte mit attraktiven und steigenden Ertragsströmen. Die Zinsen und Anleihenrenditen werden zwar wahrscheinlich weiter steigen, da die quantitative Lockerung zurückgefahren und schließlich rückgängig gemacht wird. Der Renditeabstand zwischen Immobilien und Anleihen liegt jedoch nach wie vor über dem historischen Durchschnitt und bietet einen gewissen Puffer. In einigen Teilen der Welt befinden wir uns zwar inzwischen in einer späteren Phase des Immobilienzyklus. Gleichwohl gibt es nach wie vor Länder, Städte und Sektoren, in denen sich die Aussichten voraussichtlich weiter aufhellen werden und die uns daher interessant erscheinen. In unserer Immobilienuhr haben wir den Zyklus an den Immobilienmärkten grafisch dargestellt.


(Quelle: Janus Henderson Investors, Oktober 2017 Das Beispiel dient nur zu Illustrationszwecken und sollte nicht als Anlageberatung oder Anlageempfehlung missverstanden werden.)

Unser Fazit: Mithilfe unseres selektiven Anlageansatzes spüren wir auch weiter weltweit attraktive Anlagechancen an den Märkten für Immobilienaktien auf. Dabei konzentrieren wir uns unverändert auf Märkte, Branchen und Unternehmen, die Ertrag und Dividenden steigern können. Und weil sich das Wachstum marktweit verlangsamt, achten wir verstärkt auf erstklassige Vermögenswerte und herausragendes Management. Nach unserer Erfahrung sind das Qualitäten, die sich für Anleger noch immer ausgezahlt haben.

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