Janus Henderson Investors: Keine neue Probe in Sicht

Janus Henderson Investors: Keine neue Probe in Sicht
Hochzinsanleihen

Tom Ross, Portfoliomanager für Unternehmensanleihen bei Janus Henderson Investors, erläutert warum seiner Meinung nach eine erneute Spread-Weitung bei Hochzinsanleihen wie im März unwahrscheinlich ist.

13.07.2020 | 08:22 Uhr

Zentrale Erkenntnisse

  • Umfangreiche fiskalische Programme, wie etwa Kurzarbeit zur Förderung der Beschäftigung, sowie die Hilfsmaßnahmen der Zentralbanken, um Unternehmen bei der Überwindung der Corona-bedingten Wirtschaftskrise zu helfen, haben das Vertrauen in den Markt für Hochzinsanleihen zurückgebracht.
  • Um Anleger zu gewinnen, bieten Unternehmen in der Regel bei Anleihe-Neuemissionen eine höhere Rendite als bei bestehenden Anleihen. Diese Neuemissionsprämien sind in den letzten Wochen jedoch geschrumpft oder verschwunden, und der Sekundärmarkt (bereits ausgegebene Anleihen) ist daher im Vergleich attraktiver geworden.
  • Der technische Hintergrund (Angebot und Nachfrage) für Hochzinsanleihen ist unverändert recht solide, und die Anlageklasse ist auf breiter Front gefragt.


Transkript

Hallo, ich bin Tom Ross, Portfoliomanager des Teams für globale Unternehmensanleihen bei Janus Henderson Investors. Ich möchte Ihnen gern kurz ein paar aktuelle Informationen über die Hochzinsmärkte liefern.

Wodurch wurde die jüngste Rally bei Hochzinsanleihen beflügelt?

Was hat also die jüngste Rally am Hochzinsanleihemarkt nun wirklich angeheizt? Nun, erstens war der Optimismus in Bezug auf die Erholung der Volkswirtschaften rund um den Globus wohl viel größer als der Markt anfangs erwartet hatte, was unserer Einschätzung der letzten Zeit entsprach. Anscheinend ist das Virus besser unter Kontrolle. Auf einige Risiken werden wir gleich zu sprechen kommen, vor allem aber beobachten wir, dass die Volkswirtschaften weltweit umfassender wieder hochgefahren werden, als wir ursprünglich erwartet hatten. Ein Grund hierfür ist unserer Meinung nach die umfangreiche fiskalische Stimulierung, die dazu geführt hat, dass wir zwar einen Anstieg der Arbeitslosigkeit verzeichnen konnten, die Verbraucher aber dank der Kurzarbeitsregelungen bei Weitem nicht so schlecht gestellt sind, wie es in einer normalen Krise der Fall wäre.

Wo liegen die Hauptrisiken für den Markt?

Worin bestehen aktuell die größten Risiken? Die Gefahr einer zweiten Welle ist ja wie wir wissen in aller Munde und uns ist absolut klar, dass diese Gefahr nicht gebannt ist. Trotzdem meinen wir, dass eine drohende zweite Welle nicht unbedingt so umfangreiche Lockdown-Maßnahmen und einen solchen Wirtschaftsschock auslösen würde wie der erste Ausbruch. Erstens sind die Länder dieses Mal besser vorbereitet. Zweitens sehen wir immer mehr, dass die Abstandsregeln zur Kontrolle des Virus genauso wirksam sind wie ein kompletter Lockdown. Daher halten wir einen erneuten vollständigen Lockdown für unwahrscheinlich. Folglich ist in naher Zukunft auch nicht mit einer Spread-Weitung wie im März zu rechnen.

Wie wirksam war die Zentralbankpolitik?

Wie wirksam war die Zentralbankpolitik für den Hochzinsmarkt? Nun, sie war extrem bedeutsam. Die Zentralbanken haben für eine erhebliche Stimulierung gesorgt. Die US-Notenbank Federal Reserve hat zweieinhalb Mal so viel Geld bereitgestellt, wie in der globalen Finanzkrise. Das ist enorm viel, und wirklich jeder Marktbereich wurde geschmiert, um sicherzustellen, dass es wirklich kein Liquiditätsproblem gibt. Das hat dem Markt sehr geholfen, sich wieder zu öffnen. Und das ist in diesem Fall entscheidend.

Der Markt kann sich mit der Federal Reserve und anderen Zentralbanken im Rücken selbst heilen. So war eine Wiederöffnung des Neuemissionsmarktes möglich. Unternehmen haben dadurch die notwendigen Finanzmittel erhalten, um den enormen Wirtschaftsschock zu überbrücken. Das war extrem wichtig. Außerdem war die jüngste Rally deshalb so kräftig, weil Europa deutlich stärker zusammengerückt zu sein scheint. Die Ankündigung des Europäischen Wiederaufbaufonds und die Aufstockung des Pandemie-Notfallankaufprogramms haben wesentlich dazu beigetragen, dass Europa zusammenhält und Nord- und Südeuropa wieder stärker zusammenrücken.

Sind Neuemissionen attraktiv?

Wie attraktiv sind die Neuemissionsprämien? Leider sind sie nicht mehr ganz so attraktiv wie zu Beginn des Neuemissionszyklus. Das ist normal. Dennoch gibt es hier und da noch einige Anlagechancen. Zum Teil sind diese Neuemissionsaufschläge inzwischen extrem niedrig und bei einigen Emissionen wohl bereits unter dem Niveau am Sekundärmarkt. Das deutet darauf hin, dass die Weitung am Sekundärmarkt etwas zu weit geht und unterstreicht den Renditehunger. Im Großen und Ganzen gibt es allerdings nach wie vor ausgezeichnete Möglichkeiten, um über den Neuemissionsmarkt das Risiko zu erhöhen. Das gilt vor allem in einem Segment wie dem europäischen Hochzinsmarkt, wo das Angebot eigentlich eher begrenzt ist und es dennoch einige ganz gute Anlagechancen gibt.

Ist der technische Hintergrund günstig?

Insgesamt ist der technische Hintergrund nach wie vor recht solide. Viele Anleger erhöhen das Risiko in Richtung einer neutralen Positionierung und verringern Untergewichtungen. Von einer deutlichen Übergewichtung von Risiken kann aber nicht die Rede sein. Wir sagen bereits seit Langem, dass die Endanleger im Hochzinssegment unseres Erachtens stark unterinvestiert sind und beobachten jetzt, dass sie versuchen, am Markt anzulegen. Diese Mittelzuflüsse schüren die Nachfrage am Markt ebenfalls. In dieser Hinsicht ist die Marktdynamik nach wie vor ganz positiv. Overall the technical backdrop remains


Erläuterungen

Rendite: Das Einkommen, das eine Anleihe anteilig zu ihrem Preis zahlt. Eine Anleihe, die bei einem Preis von 100€ jährlich 3€ auszahlt, hat eine Rendite von 3%.

Hochzinsanleihen: Dabei handelt es sich um Anleihen von Unternehmen, die von Ratingagenturen als Sub-Investmentgrade eingestuft werden, da ein erhöhtes Risiko besteht, dass das emittierende Unternehmen seinen Verpflichtungen gegenüber den Anleihegläubigern nicht nachkommen kann. Diese Anleihen haben in der Regel eine hohe Rendite, um für Anleger attraktiv zu sein.

Kreditspreads: Renditeabstand einer Unternehmensanleihe gegenüber einer Staatsanleihe mit derselben Laufzeit.

Spreadweitung: Eine Weitung liegt vor, wenn der Abstand (Spread) zwischen der Rendite einer Unternehmensanleihe und der einer gleichwertigen Staatsanleihe wächst (sich weitet). Das ist in der Regel in Phasen wirtschaftlicher Unsicherheit und Risikoaversion der Fall, wenn Anleger eine vergleichsweise hohe Rendite für Unternehmensanleihen verlangen. Spreadverengung: Hierbei verringert sich dieser Abstand, in der Regel bei einem optimistischen Ausblick für die Wirtschaft und ein Unternehmen.

Fiskalische Stimulierung: Staatsausgaben bzw. Steuersenkungen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Kurzarbeit: Regelung zum Erhalt von Arbeitsplätzen. Dabei zahlt der Staat die Löhne der Arbeitnehmer teilweise oder vollständig, solange diese aufgrund der Coronavirus-Beschränkungen vorübergehend nicht arbeiten können.

Stimulierungsmaßnahme der US-Notenbank Federal Reserve: Die US-Notenbank hat ihre Bilanzsumme in den ersten Monaten der Corona-Krise (9. März 2020 bis 1. Juni 2020) um über 2,9 Bio. USD ausgeweitet, um die US-Wirtschaft zu stützen. Am Höhepunkt der Panik während der globalen Finanzkrise (15. September bis 15. Dezember 2008) erhöhte die Fed ihr Bilanzvolumen dagegen um 1,3 Bio. USD. Quelle: Refinitiv Datastream, Gesamtaktiva der US-Notenbank Federal Reserve.

Pandemie-Notfallankaufprogramm: Ein geldpolitisches Notfallprogramm der Europäischen Zentralbank, um den Corona-bedingten finanziellen Risiken für das Wirtschaftssystem gegenzusteuern. Es gestattet der EZB, über das PEPP Anleihen zu erwerben (bis zu 1.350 Mrd. Euro), um die Wirtschaft zu unterstützen.

Europäischer Wiederaufbaufonds: Ein von der EU-Kommission geplanter Fonds mit einem Volumen von bis zu 750 Mrd. €, der Zuschüsse und Darlehen beinhaltet, um die EU-Wirtschaft zu unterstützen.

Neuemissionsprämie: Die Rendite neu emittierter Anleihen liegt in der Regel über der Rendite ähnlicher, auf dem Sekundärmarkt gehandelter Anleihen (bereits ausgegebene Anleihen), um Kaufanreize für die Neuemission zu schaffen.

Technische Faktoren: Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach Anleihen, das den Marktpreis von Anleihen mitbestimmt.

Übergewichtet und untergewichtet: Ein Anleger am Markt, der bei Hochzinsanleihen übergewichtet ist, erhöht die Gewichtung einer Anlageklasse in seinem Portfolio über die typische Benchmarkgewichtung. Bei einer Untergewichtung verhält es sich genau umgekehrt. Endanleger bezeichnet Privatanleger im Gegensatz zu institutionellen Anlegern.

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