Für Anleger gestaltet sich der bisherige Jahresverlauf weiterhin komplex. Angesichts allgegenwärtiger und zuletzt vielfach noch verschärfter Risiken überwiegt nach einer kurzen Hoffnungsphase nun wieder der Pessimismus.
17.05.2022 | 09:17 Uhr
In den USA wurde mit 8,3 Prozent zuletzt ein im Vormonatsvergleich
leicht nachgebender Wert vermeldet. Auch die Kerninflationsrate (ohne
die schwankungsanfälligen Komponenten Energie und Nahrungsmittel) gab
leicht nach, liegt allerdings mit 6,2 Prozent nach wie vor auf
außerordentlich hohem Niveau.
Das verdeutlicht, wie stark der
Inflationsdruck mittlerweile nahezu alle Komponenten des der Berechnung
zugrundeliegenden Warenkorbes erfasst hat. Dazu passt beispielsweise,
dass Microsoft ankündigte, seinen Mitarbeitern deutlich höhere Gehälter
und ggf. Boni zu zahlen, um im verschärften Wettbewerb um qualifiziertes
Personal nicht ins Hintertreffen zu geraten. Die Lohn-/Preisspirale ist
in den USA also offensichtlich.
In der Eurozone und Deutschland stiegen
die Inflationsraten im April zwar erneut auf 7,5 bzw. 7,4 Prozent an,
allerdings hat die Geschwindigkeit des Preissteigerungen deutlich
abgenommen. Trotzdem zeigen auf hier eine Kernrate der Inflation in der
Eurozone auf einem Mehrjahreshoch in Höhe von 2,9 Prozent sowie für
Deutschland im jeweiligen Vorjahresvergleich mit einem Rekordanstieg
vermeldeten Erzeuger- und Großhandelspreise, das der erhöhte Preisdruck
mittlerweile ebenfalls alle Produktkategorien betrifft. Gleichzeitig
werden aber auch weiterhin die Wachstumsprognosen nach unten angepasst,
für die EU und die Eurozone zuletzt vonseiten der EU-Kommission auf nur
noch jeweils 2,7 Prozent für 2022.
Auch in den USA und vor allem in
China wurden die Wachstumserwartungen deutlich nach unten korrigiert.
Zusammen mit den seit März, unter hohen Schwankungen und auf hohem
Niveau, aber doch immerhin seitwärts verlaufenden Rohölnotierungen und
teilweise stark gefallenen Preisen für Industrierohstoffe wie Platin,
Palladium oder Aluminium deutet sich damit zunächst ein nachlassender
Preisdruck ab und die Inflationsspitze dürfte in vielen Industriestaaten
erreicht sein. Nur eine massive Eskalation des Ukrainekonflikts, vor
allem ein möglicher Gaslieferstopp von Russland nach Europa würde die
Inflation noch einmal deutlich anheizen.
An den internationalen Börsen kehrt damit auch langsam die Einsicht ein, dass die Zinserhöhungserwartungen vor allem in den USA überzogen waren. Es spricht daher viel dafür, dass die Phase der massiv negativen Kursentwicklungen über nahezu alle Anlageklassen hinweg in eine Phase der Neuorientierung mündet mit zumindest kurzfristig nicht weiter steigenden Zinsen und einer Erholung bei Aktien sowie für den Euro. Wichtigste Einflussfaktoren bleiben dabei die Entwicklung der Corona-Pandemie in China sowie die weiteren Auswirkungen des Ukrainekonfliktes.
Ihr Carsten Mumm
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