Die Renditestrukturkurve von US-Staatsanleihen hat sich deutlich abgeflacht. Signalisiert das den Beginn einer Rezession in den USA?
17.12.2018 | 09:40 Uhr
Die US-Notenbank dürfte, wie allgemein erwartet, den Leitzins auf die Spanne von 2,25 % bis 2,50 % anheben (Mittwoch). Dass sie im kommenden Jahr den Leitzins in weiteren Schritten nach oben schraubt, ist zuletzt unwahrscheinlicher geworden, da sich die Renditestrukturkurve merklich abgeflacht hat.
Dabei scheint es grundsätzlich drei Meinungen zu geben, wie die Abflachung der Renditestrukturkurve interpretiert werden kann:
Gegen den ersten Punkt und für den dritten Punkt spricht eine Analyse von Ray Dalio Ray Dalio (2018): A Template for Understanding Big Debt Crisis zu 48 verschiedenen Schuldenkrisen weltweit: Er arbeitete heraus, dass die Renditestrukturkurve in nahezu allen Fällen 12 bis 18 Monate vor einer Schuldenkrise invers wurde. Die zuverlässigen Prognoseeigenschaften der Renditestrukturkurve für eine Rezession wurden also auch in anderen Ländern und unter anderen Bedingungen nachgewiesen.
Die US-Notenbank dürfte vor diesem Hintergrund eher vorsichtig agieren und vorerst eine abwartende Haltung einnehmen. Ohne zu aggressive Leitzinserhöhungen der US-Notenbank dürfte der Aufschwung in den USA durchaus noch anhalten. Die Inflation (Freitag) ist niedrig, und ein stabiles Leistungsbilanzdefizit (Mittwoch) von etwa 100 Mrd. USD pro Quartal seit 2009 signalisiert, dass die inländische Nachfrage immer noch ausreichend durch die inländische Produktion gedeckt werden kann und somit kein exzessiver Nachfrageüberhang in den USA besteht.
Neben der sich abflachenden Renditestrukturkurve sendeten zuletzt auch die Daten vom Wohnimmobilienmarkt Warnsignale, dass sich das Wachstum verlangsamt haben könnte: NAHB-Index (Montag), Baubeginne und -genehmigungen (Dienstag) sowie die sogenannten „schwebenden Hausverkäufe“ (Mittwoch).
Darüber hinaus werden noch der
Philadelphia-Fed-Index (Donnerstag), der Frühindikator des Conference Board
(Donnerstag) sowie die Auftragseingänge (Freitag) veröffentlicht.
Europa im Abwärtstrend
Die populistische Politik in Italien sorgte für
eine negative Reaktion an den italienischen Finanzmärkten: steigende Renditen
von Staatsanleihen und fallende Aktienkurse – im Endeffekt eine
Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen. Es wiederholt sich also das
gleiche Muster wie in Griechenland, als dort die populistische Syriza-Regierung
ans Ruder kam. Die Folge in Griechenland war eine schwere Rezession. Auch in
Italien sanken die Einkaufsmanagerindizes zuletzt deutlich und bewegen sich
schon jetzt auf einem Niveau von unter 50.
In Frankreich führten die Proteste der „Gelbwesten“ zu einem großen wirtschaftlichen Schaden im Dezember; auch dort fielen die Einkaufsmanagerindizes auf unter 50. Hier besteht durchaus die Hoffnung, dass sich die Proteste in den kommenden Wochen beruhigen und sich die Konjunkturdaten wieder erholen.
Darüber hinaus belastete die Konjunkturschwäche Chinas die Exporterwartungen deutscher Unternehmen in den vergangenen Monaten und dämpfte die deutsche Konjunktur. Ein weiterer Rückgang des ifo-Index (Dienstag) dürfte das schwierige Konjunkturumfeld bestätigen.
Insgesamt haben wir aufgrund des merklich
eingetrübten Bildes unsere Wachstumsprognose für die Eurozone von 1,7 % auf nur
noch 1,3 % im Jahr 2019 reduziert. Sondereffekte hielten uns davon ab, die
Prognose noch stärker zu senken. So gibt es in der deutschen Automobilindustrie
noch Aufholeffekte bis ins erste Quartal 2019, und auch in der Pharma- und
chemischen Industrie könnte es in den kommenden Monaten zu Aufholeffekten
kommen, da der Rhein für Transportschiffe inzwischen wieder voll befahrbar ist.
Die EZB dürfte dennoch im September und Dezember
den Einlagesatz von -0,4 % auf 0,0 % anheben. Denn von den Negativzinsen gehen
kaum noch positive Effekte aus, und sie werden zunehmend zu einem
erheblichen Belastungsfaktor für das Bankensystem.
In den USA bekommen die Banken einen Zins von 2,2 %
auf ihre Überschussreserven von 1,6 Billionen USD, während die Banken im
Euroraum einen Strafzins von -0,4 % auf ihre Überschussreserven in Höhe von 1,2
Billionen EUR zahlen müssen. Die Banken hierzulande haben somit einen
strukturellen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren Konkurrenten aus den USA.
Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht
Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management
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