abrdn: Fixed Income – Drei Gründe, optimistisch zu sein

abrdn: Fixed Income – Drei Gründe, optimistisch zu sein
Fixed Income

Bringt das kommende Jahr die Kehrtwende für leidgeprüfte Anleihenanleger? Werden die Anleihenmärkte zu neuem Leben erwachen, nachdem sie Anlegern über Jahre kaum etwas eingebracht haben? Werden die Zentralbanken die Zinswende einläuten und damit Anleihen attraktiver machen?

26.01.2023 | 08:03 Uhr

Dies sind einige der Fragen, die uns am Ende eines fürchterlichen Jahres für die Finanzmärkte beschäftigen. Tatsächlich ist 2022 drauf und dran, das schlechteste Jahr für Anleihen seit Langem zu werden – ein Negativrekord, auf den wir künftig verzichten können.

Was die Fragen implizieren, ist gleichwohl kein reines Wunschdenken unsererseits. Vielmehr sehen wir bei Anleihen Anzeichen für eine Trendwende im neuen Jahr, das mindestens so dramatisch verlaufen könnte wie 2022.

Die bisherige Story ...

Wie viele wissen, ist die Inflation die Achillesverse der Anleihenanleger.

Nicht nur mindert sie den Wert der Kuponzahlungen einer Anleihe. Sie hat in der Regel auch Maßnahmen der Zentralbanken wie Zinserhöhungen zur Folge. Steigen die Zinsen (und die Anleiherenditen), fallen die Anleihenkurse.

Russlands Einmarsch in die Ukraine Anfang des Jahres hatte im Rest der Welt Störungen der Energie- und Lebensmittelversorgung zur Folge, die durch strenge Corona-Auflagen noch verschärft wurden. Dies trieb die Inflation auf Werte hoch, die wir seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatten.

In vielen Ländern sahen sich die Zentralbanken gezwungen, die Zinsen anzuheben, um zu verhindern, dass die Teuerung aus dem Ruder läuft.

Für das nächste Jahr haben Währungshüter weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt, selbst wenn sie damit die Wirtschaft in eine Rezession treiben sollten.

Schlecht für Anleihen

In der Theorie sollten sich Anleihen in Zeiten, in denen die Risiken etwa in Form eines Konjunkturabschwungs, eines Krieges oder allgemeiner Verunsicherung zunehmen, gut entwickeln und Portfolios gegen Verluste wappnen.

In der Praxis aber lieferten Anleihen in diesem Jahr eine enttäuschende Performance, insbesondere verglichen mit riskanteren Anlageklassen wie Aktien. Das war ungewöhnlich, wenn man bedenkt, wie hoch bewertet Aktien waren – allen voran die einiger Pandemie-Profiteure und Technologieriesen.

Dafür aber gab es gute Gründe. Zum einen sind die Umsatzerlöse von Unternehmen nominal, denn Unternehmen können die Preise anheben. Damit verfügen Aktien über eine Art eingebauten Inflationsschutz.

Anleihen zahlen dagegen einen festen Zinskupon, der mit der Inflation an Wert verliert, sodass auch die Erträge der Anleger inflationsbereinigt spürbar sinken.

Als wäre das nicht schon genug, waren die Anleihenrenditen zu Jahresbeginn sehr niedrig und die durchschnittliche Anleihenduration, also die verbleibende Zeit bis zur Fälligkeit, sehr hoch, da Anleger auf der Suche nach höheren Erträgen Papiere mit längeren Laufzeiten bevorzugten.

Anleihen waren also teuer, weshalb der anschließende Rückgang der Anleihenkurse parallel zum Renditeanstieg ebenfalls heftig ausfiel.

Warum wir uns trauen, optimistisch zu sein

Für die Anleihenmärkte sah es bisher eher düster aus. Aus drei Gründen glauben wir jedoch, dass ein Wendepunkt erreicht sein könnte:

  1. Rezession wird die Inflation unter Kontrolle bringen: Im nächsten Jahr wird sich die Wirtschaftsaktivität abschwächen, denn hohe Lebensmittel- und Energiepreise werden im Zusammenspiel mit hohen Zinsen und schließlich Arbeitsplatzverlusten eine Rezession herbeiführen.

    Schwächelt die Wirtschaft und steigt die Arbeitslosigkeit, ist ein Rückgang der Inflation wahrscheinlich. Berücksichtigt man zudem, dass die hohen Rohstoff- und Warenpreise eine Folge der coronabedingten Verzerrungen sind, sehen wir nach dem Ende der Pandemie Potenzial für einen starken Rückgang der Teuerungsrate.

    Anhand der aktuellen Marktpreisentwicklung wird ein Rückgang des Verbraucherpreisindex (VPI) in den USA von derzeit rund 8% auf etwa 3,5% bis Dezember 2023 erwartet. An den meisten großen Märkten wird von einer ähnlichen Dynamik ausgegangen.

  2. Zentralbanken werden ihre Zinsstraffungen beenden. Eine Rezession und ein Rückgang der Gesamtinflation um etwa fünf Prozentpunkte werden es den Zentralbanken erlauben, die Zinsen weniger stark anzuheben und schließlich sogar zu senken.

    Stellt sich dieses Wirtschaftsszenario ein, werden die Währungshüter von ihrer derzeit sehr restriktiven auf eine eher gemäßigte Haltung umschwenken. Und zu guter Letzt sind auch deutliche Zinssenkungen zu erwarten.

    Mit niedrigeren Zinsen ist wohl erst Ende 2023 oder Anfang 2024 zu rechnen. Aber die Finanzmärkte sind dafür bekannt, dass sie nach vorne schauen. Anleger werden diese Zinssenkungen schon lange vor der Bestätigung durch die Zentralbanken einpreisen. Ein solches Umfeld ist für Anleihen wesentlich günstiger.

  3. Relative Bewertungen von Anleihen und Aktien. Nach einem turbulenten Jahr an den Finanzmärkten waren Anleihen verglichen mit Aktien so günstig wie seit dem Höhepunkt der Dotcom-Blase Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre nicht mehr.

    Aktien könnten ihre Talfahrt fortsetzen. Falls man von der Vergangenheit auf heute schließen kann, dann könnte der maximale Verlust für Aktien im Vergleich zu Anleihen basierend auf dieser Art von relativem Bewertungsvergleich zwischen 25% und 75% betragen.

    Zu Phasen mit derart günstig bewerteten Anleihen verglichen mit Aktien kam es in der Regel auf dem Höhepunkt einer Aktienhausse.

    Einzige Ausnahme war 1981: Damals ging es darum, wie billig Anleihen absolut gesehen waren, nachdem die US-Notenbank unter ihrem Chef Paul Volcker den Leitzins auf 20% erhöht hatte.

    Derzeit haben wir es wohl mit einer Situation zu tun, die irgendwo dazwischen liegt. Aktien sind immer noch recht teuer, Anleihen dagegen ziemlich günstig. Langfristig orientierte Anleger und Asset-Allokatoren sollten dies zur Kenntnis nehmen und ihre Portfolios für 2023 entsprechend positionieren.

Bewertungen – Anleihen sind verglichen mit Aktien günstig

Anleihen

Quelle: Absolute Strategy Research, Bloomberg, Oktober 2022

Abschließende Erwägungen

Wenn wir mit unseren Prognosen für 2023 richtig liegen, wird sich die Konjunktur wohl abschwächen und die Inflation zurückgehen. Dann können die Zentralbanken einen Kurswechsel vornehmen, der Finanzanlagen eher zugutekommen wird.

Diese Veränderung der Marktdynamik werden Anleger antizipieren und mit der Umschichtung aus zyklischen (und teuren) Aktien in defensive (und billige) Anleihen beginnen.

Sollte all dies wie beschrieben eintreten, werden Anleihenanleger wohl überall ein deutlich positiveres Jahr erleben.

Investitionen beinhalten Risiken. Der Wert von Anlagen und die daraus entstehenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen, und es ist möglich, dass ein Investor weniger als den investierten Betrag zurückerhält. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf zukünftige Ergebnisse zu.

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