Janus Henderson: Schwellenländeraktien - Positionierung und Chancen

Foto: Glen Finegan, Leiter Global Emerging Market Equities bei Janus Henderson
Emerging Markets

Glen Finegan, Leiter Global Emerging Market Equities, gibt Einblick in die neusten Entwicklungen der Global Emerging Market Equities All-Cap Strategie von Janus Henderson. Dabei geht er neben dem Ausblick für die Anlageklasse auch auf die Performance, die Anlageaktivitäten und Positionierung des Portfolios ein.

19.07.2018 | 10:00 Uhr

Wertentwicklung und Investitionstätigkeit im 2. Quartal 2018

Im zweiten Quartal 2018 fielen Aktien aus Schwellenländern um 2,1%, gemessen am MSCI Emerging Markets Index. Die Märkte in Argentinien, Brasilien und der Türkei schnitten am schlechtesten ab, während Kolumbien und Indien zu den Spitzenreitern gehörten (alle Renditen in Pfund Sterling).* (*Quelle: DataStream, 30. Juni 2018.)

Mitglieder unseres Investmentteams sind kürzlich von einer Research-Reise durch Brasilien und Argentinien zurückgekehrt. Dabei stellten sie eine gewisse Nervosität wegen der bevorstehenden Wahlen, aber auch ganz konkrete Anzeichen für mehr Vertrauen bei Verbrauchern und Unternehmen fest.

EM-Brasilien

Die jüngste Rezession in Brasilien war für eine Reihe von Unternehmen, die wir besuchten, die schlimmste in ihrer Geschichte. Eine Phase der Entschuldung hat dazu geführt, dass in einem potenziell stabileren politischen Umfeld in vielen Bereichen erheblicher Spielraum für ein Anziehen der Aktivität vorhanden ist.

Bradesco, die führende brasilianische Geschäfts- und Privatkundenbank, sowie Duratex, der Hersteller von Holzfaserplatten und Badarmaturen, gehörten im Berichtszeitraum zu den Positionen, die die Wertentwicklung des Portfolios am meisten belasteten. Unsere Strategie hatte in den letzten drei Jahren enorm von der Stärke dieser beiden brasilianischen Aktien profitiert. Unseres Erachtens gab es nur wenig unternehmensspezifische Nachrichten oder Ereignisse, die die jüngste Kursschwäche hätten hervorrufen können. Vielmehr glauben wir, dass Duratex mit dem kürzlich angekündigten Joint Venture in der Viscosefaserproduktion mit der österreichischen Firma Lenzing in der Wertschöpfungskette nach oben klettert, was sich langfristig positiv auf die Renditen auswirken dürfte.

Seine Kursschwäche scheint vor allem mit Sorgen über die bevorstehenden Wahlen in Brasilien zusammenzuhängen. Dass bei den Wahlumfragen noch kein Kandidat klar die Führung übernommen hat, verschärft die politische Unsicherheit und schwächt den lokalen Aktienmarkt. Zudem gab es einen landesweiten Fernfahrerstreik wegen der hohen Treibstoffpreise, und die Stimmung im Land ist angespannt.

Tiger Brands, ein börsennotiertes südafrikanisches Lebensmittel- und Konsumgüterunternehmen, hatte zu Beginn des Jahres mit Problemen bei seiner Fleischverarbeitungstochter Enterprise Foods zu kämpfen, deren Auswirkungen andauern. Die Tochtergesellschaft steuert zwar weniger als 3% zu den Gewinnen bei, aber ihre Verwicklung in einen Listerien-Skandal hat eine Sammelklage ausgelöst. Aus unserer Sicht verfügt das Unternehmen über die Finanzstärke und ein fähiges Management, um diesen Schlag ins Kontor abzufedern. Langfristig können sich Geschäft, Renditen und Aktienvielfache von den jetzt niedrigen Niveaus erholen. Wir hatten die Position Ende des Vorquartals ausgebaut, und das Unternehmen gehört weiterhin zu den größten Positionen im Portfolio.

Reisenotizen aus Indien

Im Rahmen einer Reise durch Indien, Sri Lanka und den Nahen Osten machte das Team kürzlich auch Station in Mumbai, die laut den Vereinten Nationen nach Neu-Delhi zweitgrößte Stadt Indiens. Die Metropole hat sich zu einem wichtigen Finanzplatz des Landes entwickelt und war Gastgeber einer von der lokalen Bank Kotak Mahindra veranstalteten Konferenz.

Indien

Warum Vertrauen so wichtig ist

In einer Rede zur Begrüßung der Konferenzteilnehmer sprach der Chef der Bank über die Entwicklung der Investmentfondsbranche und wie wichtig es ist, dass Finanzdienstleister das Vertrauen der Menschen gewinnen, von denen viele zum ersten Mal ihr Geld an den Märkten anlegen. Für uns als Anleger im Bankensektor ist Vertrauen von zentraler Bedeutung beim Versuch, die Finanzdienstleistungsbranche zu verstehen. Denn über viele Jahre aufgebautes Vertrauen kann im Nu zerstört werden, wie die Industrieländer 2008 feststellen mussten.

In einer Rede zur Begrüßung der Konferenzteilnehmer sprach der Chef der Bank über die Entwicklung der Investmentfondsbranche und wie wichtig es ist, dass Finanzdienstleister das Vertrauen der Menschen gewinnen, von denen viele zum ersten Mal ihr Geld an den Märkten anlegen. Für uns als Anleger im Bankensektor ist Vertrauen von zentraler Bedeutung beim Versuch, die Finanzdienstleistungsbranche zu verstehen. Denn über viele Jahre aufgebautes Vertrauen kann im Nu zerstört werden, wie die Industrieländer 2008 feststellen mussten.

Warum kompliziert, wenn‘s auch einfach geht

Den Ansatz des indischen Finanzkonzerns Housing Development Finance Corporation (HDFC), der 1977 gegründet wurde und Pionierarbeit in der Wohnungsbaufinanzierung im Land leistete, können wir nur begrüßen. Auf unsere Frage, was sich mit dem Aufkommen von Computern in der Art und Weise, wie sie Kredite gewähren, geändert hat, bekamen wir die beruhigende Antwort: nichts. Das Kreditgeschäft an sich ist nicht weiter schwierig. Allein kurzfristige Anreize, um mit Wettbewerbern Schritt zu halten, sorgen für Auf- und Abschwungphasen. HDFC ist komplexer geworden, aber seine konservative Kreditkultur ist gleich geblieben.


Portfolioaktivitäten

Nach unserer Einschätzung braucht es für Anlagen in Schwellenländern feste Überzeugungen. Wir investieren nicht einfach in Indexschwergewichte, sondern streben ein auf unseren Anlageüberzeugungen basierendes Portfolio der besten Ideen mit angemessen bewerteten Qualitätsunternehmen an.

Im Berichtszeitraum verkauften wir die Position von Chroma ATE, einem taiwanesischen Unternehmen, das in der Herstellung und im Vertrieb von elektronischen Prüf- und Messgeräten tätig ist. Chroma ATE ist ein Qualitätsunternehmen, das in den letzten drei Jahren starkes Umsatzwachstum und deutlich bessere operative Margen verzeichnet hat. Gründe hierfür sind die starke Nachfrage in seinen Endmärkten und ein wettbewerbsfähiges Produktangebot. Die Bewertung des Unternehmens hat sich deutlich verbessert und scheint nun angemessen, was das Potenzial für weitere absolute Kursgewinne begrenzt. Chroma ATE kommt auf unsere Beobachtungsliste, und wir werden das Geschäft und seine Bewertung weiterhin aufmerksam beobachten.

Die Position bei Antofagasta, einem chilenischen Kupfer- und Goldproduzenten, der sich mehrheitlich im Besitz der Familie Luksic befindet, wurde ebenfalls glattgestellt. Wir sind weiterhin von der nachhaltigen Qualität seiner Vermögensbasis sowie den Fähigkeiten des Managements und der Familie in Sachen Kapitalallokation überzeugt. Zwar hat die Aktie unser langfristiges Bewertungsziel erreicht, aber wir werden das Unternehmen weiterhin im Auge behalten.

Anlagestrategie

Im Berichtszeitraum blieben unser Ausblick und auch unsere Anlagestrategie weitgehend unverändert. Wir verfolgen einen Anlageansatz mit langem Horizont, was sich in der geringen Umschlagshäufigkeit von rund 14 Prozent pro Jahr widerspiegelt.*

*Quelle: Janus Henderson Investors, Umschlagshäufigkeit über 12 Monate eines repräsentativen Portfolios aus globalen Schwellenländeraktien, Stand: 30. Juni 2018.

Seit einiger Zeit betonen wir nun schon, dass wir viele Qualitätsunternehmen in Asien für zu hoch bewertet halten. Das schlägt sich natürlich auch in der aktuellen Positionierung unserer Strategie nieder. Das Portfolio ist tendenziell auf Unternehmen in Märkten ausgerichtet, an denen es zuletzt in der Wirtschaft und der Politik kriselte, wie zum Beispiel in Südafrika und Brasilien.

Brasilien

In diesen Märkten finden wir Qualitätsunternehmen mit attraktiven Bewertungen. Dort besteht zudem Spielraum für eine langfristige Verbesserung des Verbrauchervertrauens und der Konjunkturlage, wenngleich, wie wir einräumen müssen, ausgehend von einem recht niedrigen Niveau.

Auch wenn in China die Möglichkeiten für langfristig orientierte Anleger mit einem Absolute-Return-Ansatz begrenzt sind, erstellt unser Team eine Beobachtungsliste mit interessanten Unternehmen, die am A-Aktienmarkt gelistet sind. Wir befürchten, dass börsennotierte A-Aktiengesellschaften in schwachen Marktphasen die Unsitte wieder aufnehmen und den Handel mit ihren Aktien aussetzen könnten. Die aktuelle Situation beobachten wir daher sehr genau. Dieser Markt würde langfristig erheblich an Attraktivität gewinnen, wenn Kursfeststellungen sowohl in starken als auch schwachen Marktphasen durchgängig erfolgen würden. Auch das werden wir im Blick behalten.

Aussichten

Die Risikobereitschaft an den Aktienmärkten der Schwellenländer hat im Berichtszeitraum nachgelassen, anders als zu Jahresbeginn, als Kapital in die Anlageklasse floss. Solche abrupten Stimmungsumschwünge unterstreichen unseres Erachtens, wie wichtig eine konsequente Anlagephilosophie und -strategie sind. Wir machen daher keine Kompromisse bei der Qualität, nehmen eine langfristige Perspektive ein und halten an unserer strikten Bewertungsdisziplin fest. Als langfristig orientierte Anleger bleiben wir zuversichtlich mit Blick auf die Anlagechancen, die sich aus dem strukturellen Trend des steigenden Lebensstandards in Teilen der Region ergeben.


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