abrdn: Schwellenländer – Sollte man jetzt investieren?

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Emerging Markets

Von Hightech-Industrien bis hin zur demografischen Dividende – wir untersuchen die potenziellen Vorteile von Investments in Schwellenländer.

14.11.2023 | 08:34 Uhr

Die Chancen der Schwellenländer (Emerging Markets, EM) sind gewaltig und erstrecken sich über Asien, Lateinamerika, Afrika, Osteuropa und den Nahen Osten. Auf die Schwellenländer entfallen außerdem bereits 48 % des globalen Bruttoinlandsprodukts. Trotzdem meiden viele Anleger diese Anlageklasse. Im Folgenden erklären wir, warum sie unserer Meinung nach etwas verpassen könnten.

Reichhaltige und vielfältige Anlagegelegenheiten

Antoine van Agtmael prägte vor vier Jahrzehnten den Begriff "Schwellenländer". Schwellenländer bezeichnen Länder, die sich in einem Prozess der raschen Industrialisierung und wirtschaftlichen Entwicklung befinden. Natürlich sind die Schwellenländer keine homogene Anlageklasse. Einige Länder sind wirtschaftliche Kraftpakete, wie Indien und China. Andere, wie Indonesien, sind im Vergleich dazu eher klein. Jedes Land hat seine eigene Währung, seine eigenen politischen Strukturen und seine eigenen Wachstumstreiber. Brasilien und Argentinien zum Beispiel sind wichtige Rohstoffexporteure, während China und Indien große Rohstoffimporteure sind.

Warum in Schwellenländer investieren?

Viele Schwellenländer befinden sich in einem frühen Stadium ihrer Entwicklung. Das bedeutet, dass sie im Vergleich zu den reiferen entwickelten Märkten bessere langfristige Wachstumsaussichten haben. Laut Forbes werden 80 % des weltweiten Wachstums in den nächsten Jahren aus den Schwellenländern kommen.

Wachsende Mittelschicht

Nach jahrzehntelangem Rückstand verfügen die Schwellenländer auch über immer besser qualifizierte Arbeitskräfte, die in Bereichen wie Technologie (E-Commerce, Mikrochips, Smartphones, künstliche Intelligenz (KI) und 5G), Finanzen und dem "grünen" Wandel tätig sind.

Zusammen mit dem allgemeinen Wirtschaftswachstum und der massiven Verstädterung fördert dies die Zunahme der Mittelschicht in den Schwellenländern. Die Brookings Institution schätzt, dass bis 2030 zwei Drittel der globalen Mittelschicht in den Schwellenländern leben werden.

Infolgedessen verschieben sich die Konsumgewohnheiten und die Ansprüche an den Lebensstil. Diese wachsende Verbraucherbasis führt zu einer höheren Nachfrage nach einer breiten Palette von Waren und Dienstleistungen. Dazu gehören auch hochwertige Sektoren wie Luxusgüter, Gesundheitswesen und Reisen.

Positive demografische Entwicklung

Die meisten Schwellenländer haben junge und wachsende Bevölkerungen. Nach Angaben der Vereinten Nationen werden bis 2025 90 % der Weltbevölkerung im erwerbsfähigen Alter in Schwellenländern leben.

Eine jüngere Bevölkerung bedeutet in der Regel mehr Arbeitskräfte, eine höhere Produktivität und höhere Konsumausgaben - die sogenannte „demographische Dividende“. Das bedeutet auch, dass mehr Steuern für Sozialprogramme wie Bildung und Gesundheit gezahlt werden müssen.

Die Zukunft gestalten

Die Schwellenländer modernisieren und erweitern häufig ihre Infrastruktur, um der wachsenden Bevölkerung gerecht zu werden. Dazu gehören Investitionen in Verkehrs-, Energie-, Wasser- und Telekommunikationssysteme. Die Größenordnungen sind enorm. Nach Angaben des Global Infrastructure Hub werden die Schwellenländer bis 2040 Infrastrukturinvestitionen in Höhe von rund 97 Billionen US-Dollar benötigen. Diese massiven Ausgaben bieten Chancen für Investoren in Sektoren wie Bauwesen, Werkstoffe, Technik und Versorgungsunternehmen.

Diversifizierungsvorteile für Anleger

Wenn es um Investitionen geht, sollten Sie nicht alles auf eine Karte setzen. Verschiedene Anlageklassen verhalten sich oft unterschiedlich. Wer ausschließlich in Aktien der Industrieländer investiert, setzt sich den Risiken und Schwankungen dieser Märkte aus. Durch die Aufnahme von Schwellenländeraktien in die Portfolios können Anleger das Risiko verringern, indem sie ihre Anlagen auf verschiedene Regionen und Sektoren verteilen. So entsteht ein ausgewogeneres und widerstandsfähigeres Portfolio.

Schnäppchenjagd

Investments in Schwellenländer sind nicht ohne Risiko. Die Länder werden oft von politischer Instabilität, regulatorischen Umwälzungen, schlechter Regierungsführung und Währungsschwankungen heimgesucht. Dieses erhöhte Risiko spiegelt sich oft im Aktienkurs eines Unternehmens wider. Das bedeutet, dass viele hervorragende Unternehmen im Vergleich zu ihrem Potenzial unterbewertet sind. Zu dieser Ineffizienz kommt noch hinzu, dass die Schwellenländer weniger gut von Analysten erfasst werden. So gibt es beispielsweise 103 Unternehmen im Index, die nur von einem einzigen Analysten bewertet werden. Clevere Anleger, die bereit sind, ihre Hausaufgaben zu machen, können deshalb vermeintliche Perlen zu „Schnäppchenpreisen“ aufspüren.

Diese Risiko-/Ertragsdynamik gilt auch für die Anleihemärkte. Viele Staats- und Unternehmensanleihen der Schwellenländer bieten deutlich höhere Renditen als die Pendants aus den Industrieländern. Auch dies ist eine Kaufgelegenheit für kluge Anleger.

Warum jetzt in Schwellenländer investieren?

Das Jahr 2023 ist weltweit sehr volatil. Inflation und Zinssätze bleiben hoch, während die geopolitischen Risiken weiter zunehmen. Allerdings waren die Schwellenländer bei der Inflation einen Schritt voraus und haben die Zinssätze vor den Industrieländern erhöht. China, Brasilien und Chile haben die Zinssätze in diesem Jahr sogar bereits wieder gesenkt, und andere Länder wie Mexiko scheinen bereit zu sein, zu folgen. Dies macht sie zu einem relativ attraktiven Ziel für ausländische Anleger, insbesondere bei Anleihen.

Ein weiterer hervorzuhebender Faktor ist das Nearshoring oder Onshoring. Im Gefolge von Covid-19 und den zunehmenden Spannungen zwischen China und den USA haben die Unternehmen ihre Lieferketten umgestaltet. Viele haben sie näher an ihr Heimatland verlegt, um Stabilität und Widerstandsfähigkeit zu gewährleisten. Infolgedessen bieten sich für Unternehmen in bestimmten Branchen und Ländern wie Indonesien und Mexiko zahlreiche Möglichkeiten.

Die rasche Einführung von KI hat weitreichende Vorteile für die Schwellenländer. Sie beherbergen viele der weltweit führenden Hersteller von Mikrochips und/oder Komponenten für die Herstellung entsprechender Teile. Diese Chips sind entscheidend für die Entwicklung von KI-Plattformen. Da die Ausgaben für KI bereits jetzt astronomisch hoch sind und weiter steigen werden, dürften die Schwellenländer weiterhin florieren.

Und dann ist da noch die Energiewende. Die meisten Materialien, die für "grüne" Technologien benötigt werden, werden in Schwellenländern hergestellt. Die Nachfrage nach diesen Materialien wird in dem Maße steigen, wie sich die Welt auf den Netto-Nullpunkt zubewegt. China ist bereits der weltweit größte Hersteller von Batterien, Windturbinen, Elektrofahrzeugen und Solarzellen.

Apropos China. Viele erwarteten einen Aufschwung des Landes, sobald die strengen Lockdowns des Jahres 2022 aufgehoben würden. Seitdem haben jedoch Sorgen über die Wirtschaft und den Immobiliensektor die Verbraucherausgaben und -aktivitäten belastet.

Nichtsdestotrotz ist eine Belebung der Ausgaben im Gange. Auch die Handelsbedingungen für Unternehmen haben sich verbessert, was letztendlich zur Schaffung von Arbeitsplätzen und besseren Löhnen führen dürfte. Hinzu kommen Maßnahmen zur Bekämpfung der Verschuldung im Immobiliensektor und gezielte politische Maßnahmen zur Unterstützung des allgemeinen Wachstums. Wir glauben, dass die langfristigen Chancen in China weiterhin intakt sind.

Abschließende Gedanken...

Die Schwellenländer bieten eine Vielzahl von Investmentmöglichkeiten. Die Volkswirtschaften wachsen und ihre Mittelschichten blühen auf. Viele von ihnen sind führend bei den Technologien von morgen. Auch die Aktienbewertungen sind attraktiv. Bei sorgfältiger Abwägung der Risiken und Chancen sollten Anleger also von diesen dynamischen und wachsenden Märkten profitieren können.


Risikohinweis

Investitionen beinhalten Risiken. Der Wert von Anlagen und die daraus entstehenden Erträge können sowohl fallen als auch steigen, und es ist möglich, dass ein Investor weniger als den investierten Betrag zurückerhält. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf zukünftige Ergebnisse zu.

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