UBS: Der Aufwärtszyklus in den Schwellenländern ist nicht beendet

Emerging Markets

Obwohl sich die Anleger möglicherweise Sorgen machen, sehen die Analysten von UBS große Chancen in verschiedenen Sektoren, zum Beispiel in den Bereichen Konsum, Internet-/Online-Handel und im Finanzwesen

26.07.2018 | 10:00 Uhr

Obwohl sich die Anleger möglicherweise Sorgen machen, glauben wir, dass der jüngste Volatilitätsschub bei Schwellenländeraktien eher auf die Stimmung als auf die Fundamentaldaten zurückzuführen war. Obwohl die Risiken insgesamt zugenommen haben (z.B. stärkerer USD, höhere US-Zinsen, Handelsbedenken, Geopolitik), sind die Fundamentaldaten nach wie vor stark. Dies war unter anderem dem anhaltend positiven Gewinn- und Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern zu verdanken.

Sofern es nicht zu einem starken Wachstumsschock kommt, nehmen wir an, dass diese Risiken den aktuellen, mehrjährigen Aufwärtszyklus in den Schwellenländern nicht zu Fall bringen werden (siehe Abbildung 1). Nachdem die Investitionen mehrere Jahre lang gedrosselt wurden, steigen sie wieder. Diese Entwicklung sollte die Nachfrage in den Schwellenländern ankurbeln und weitere Verbesserungen der Unternehmensmargen und -gewinne unterstützen, allerdings künftig mit einem moderateren Tempo.

Handelsprobleme: Eine Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China zu einem ausgewachsenen Handelskrieg entspricht nicht unserem Basisszenario. Es bestehen jedoch Unsicherheiten über die mögliche Entwicklung der Situation. Unseres Erachtens möchte US-Präsident Donald Trump ein faireres Handelsumfeld und China dürfte bereit sein, gewisse Zugeständnisse zu machen (z. B. hat China vor Kurzem die Vorschrift gestrichen, dass ausländische Automarken, die eine Fertigungsanlage in China bauen möchten, ein Joint Venture mit einem lokalen Unternehmen eingehen müssen).

Schwellenländer: Mitten in einem mehrjährigen Aufwärtszyklus

Schwellenländer: Mitten in einem mehrjährigen Aufwärtszyklus

Quelle: FactSet, Datastream, Bloomberg, Goldman Sachs Global Investment Research, Daten bis 4. April 2018. Globale Finanzkrise: Globale Finanzkrise von 2007 / 2008,
SARS: Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom (SARS), eine gefährliche Lungenkrankheit, in der chinesischen Provinz Guangdong 2002–2004.
Hinweis: Als Indikator für die Industrieländer wurde der MSCI World herangezogen. Für die Schwellenländer wurde ab Dezember 1987 der MSCI EM zugrunde gelegt. Davor wurde der Schwellenländerindex anhand einzelner damals verfügbarer Börsendaten der Schwellenländer rekonstruiert.

Srkerer USD: Ein stärkerer USD könnte die Wertentwicklung von Schwellenländeranlagen kurzfristig weiterhin überschatten. Wir sehen jedoch ein geringeres Krisenrisiko für die Schwellenländer, da die Anlageklasse robuster ist als in früheren Schwächephasen (z.B. während des «Taper Tantrums» 2013). Dies ist den stärkeren Fundamentaldaten zu verdanken, sowohl auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene – mit ausgewogeneren Leistungsbilanzen, wettbewerbsfähigeren Wechselkursen, weniger Fremdwährungsschulden (mit lokalisierten Ausnahmen) und wieder aufgefüllten Devisenreserven – als auch auf der mikroökonomischen Ebene infolge der geringeren Verschuldung der Unternehmen. 

China: Neuausrichtung schafft weiterhin Anlagechancen 

Wenn wir die Schwellenländer genauer betrachten, ist die chinesische Wirtschaft nach wie vor mit vielen strukturellen Schwierigkeiten konfrontiert. Unserer Meinung nach stellen diese kein Krisenrisiko dar, sondern werden in einem niedrigeren mittelfristigen Wirtschaftswachstum und gewissen Schwankungen resultieren. Auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene ist China nach wie vor robust.

Die Neuausrichtung des Wirtschaftsgefüges auf den Dienstleistungssektor sollte weitere Anlagechancen schaffen, insbesondere in Branchen wie Online-Handel, elektronische Zahlungen, soziale Medien, Bildung und Versicherung. In den nächsten Jahren wird sich China auf die Qualität des Wachstums konzentrieren und seine Reformagenda weiter vorantreiben, unter anderem mit einem Schuldenabbau bei Unternehmen und einem verbesserten Umweltschutz.

Indien bleibt langfristig attraktiv

In Indien verbessern sich die Unternehmensgewinne allmählich. Derzeit erkennen wir zwar attraktive Bottom-up-Chancen, achten aber auch auf gesamtwirtschaftliche Risiken wie die Ausweitung der Handels- und Leistungsbilanzdefizite.

Kurzfristig wird die Stimmung in der Binnenwirtschaft weiterhin durch den Fokus der Regierung auf Infrastrukturinvestitionen gestärkt. Vor den Parlamentswahlen 2019 ist auch mit weiteren fiskalischen Unterstützungsprogrammen zu rechnen, insbesondere für die ländliche Wirtschaft. Der Konsum bleibt einigermassen robust und die Stimmung der Haushalte hat sich gegenüber dem letzten Jahr verbessert.

Wir erkennen in Indien eine attraktive langfristige Entwicklung. Die Regierung Narendra Modi dürfte sich weiter auf die Beseitigung von Engpässen konzentrieren und gut austarierte Reformen durchdrücken, um mittelfristig Investitionen für ein nachhaltiges Wachstum anzuregen.

Ausserhalb von Asien wird die wirtschaftliche Verbesserung von Ansteckungsrisiken und politischen Unsicherheiten überschattet

Wir erkennen nur begrenzte Ansteckungsrisiken aus den Problemen Argentiniens und der Türkei, die unserer Meinung nach mit der Währungsschwäche gegenüber dem USD und den günstigen Bewertungen bereits berücksichtigt sind. In vielen Ländern sieht die Situation auch ganz anders aus, insbesondere bei Rohstoffproduzenten, denn trotz des stärkeren USD sind die Rohstoffpreise derzeit recht solide. Dies sollte einen gewissen Puffer schaffen und die potenziellen wirtschaftlichen Auswirkungen von restriktiveren Finanzierungsbedingungen abfangen.

Insgesamt sind wir nicht der Ansicht, dass der Aufwärtszyklus beendet ist. Doch die Risikowahrnehmung wurde geschärft und wir rechnen künftig mit stärkeren Schwankungen der Aktienkurse. Deshalb ermutigen wir Anleger, über die Verzerrungen hinauszublicken und sich auf die langfristigen Fundamentaldaten und die fortgesetzte Konjunkturerholung zu fokussieren. Unsere Analysen zeigen grosse Chancen in verschiedenen Sektoren auf, zum Beispiel in den Bereichen Konsum, Internet- / Online-Handel und im Finanzwesen. Es gibt einige kleine Schwachstellen in den Schwellenländern. Wir behalten diese Risiken jedoch im Auge und haben sehr begrenzte Engagements in diesen Bereichen.

Georey Wong, Head of Emerging Markets und Asia-Pacific Equitie

Den vollständigen UBS-Halbjahresausblick 2018 können Sie hier als PDF downloaden.

In dieser Ausgabe von Panorama: Jahresmitte beurteilen Anlageklassen- und Allokationsexperten die potenziellen Herausforderungen und Chancen für Anleger in den kommenden Monaten. 

Themen dieser Ausgabe:

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  • Wie die steigenden US-Zinsen das Umfeld für Fixed-Income-Anleger verändern, und warum es sich aus- zahlen könnte, in den kommenden Monaten flexibel zu sein
  • Einschätzungen unserer anderen Investmentbereiche zu den Perfor- manceaussichten von liquiden und alternativen Anlagen
  • Einschätzungen unserer Teams für nachhaltige, systematische und Schwellenländeraktien 


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