Bellevue: Biotech ist dynamischer als Pharma

Die moderne Biotechnologie ist noch keine 35 Jahre alt, doch hat sie sich als Wirtschaftszweig längst etabliert. Was genau man unter Biotechnologie versteht, ist für Anleger nicht immer auf den ersten Blick verständlich.

05.03.2014 | 08:58 Uhr

Die OECD definiert den Begriff Biotechnologie folgendermaßen: „Die Anwendung von Wissenschaft und Technologie auf lebende Organismen sowie auf deren Bestandteile, Produkte und Modelle mit dem Ziel, lebende und nicht lebende Materialien für die Produktion von Wissen, Waren und Dienstleistungen zu verändern.“ Man kann in diesem Sinne auch von einer multidisziplinären Wissenschaft sprechen, zu der neben Biologie und Biochemie auch Physik, Chemie, Verfahrenstechnik, Materialwissenschaften und Informatik gehören.

Geht man etwas mehr ins Detail, so lässt sich farbenfroh zwischen weißer, grüner und roter Biotechnologie unterscheiden. Bei der roten oder medizinischen Biotechnologie handelt es sich um eine relativ junge, aber umso bedeutendere Disziplin, die sich erst mit der modernen Genomforschung herausgebildet hat. Im Mittelpunkt stehen hier die Entwicklung und Verbesserung von Arzneimitteln und Diagnostika. Ein vergleichsweise kleinerer Teil der medizinischen Biotechnologie ist die zielgerichtete Herstellung von künstlichem Gewebe für Transplantationen – Stichwort: Tissue Engineering.

Weiße und grüne Biotechnologie – vom Waschmittel bis zum Saatgut

Im Fokus der weißen Biotechnologie steht die Herstellung von industriellen Produkten mittels biotechnologischer Verfahren. Das Spektrum der Anwendungen ist hier breit gefächert. So werden etwa in der Zellstoffindustrie Enzyme verwendet, um Papier zu bleichen. Bakterien in Reinigungsmitteln wiederum helfen schmutzige Böden zu reinigen. Durch die Nutzung der „Werkzeuge der Natur“ können nicht nur Kosten gespart werden, auch die Umweltbelastung wird damit reduziert. Bei der grünen Biotechnologie geht es um die Veränderung von Pflanzen, um deren Eigenschaften an einem bestimmten Bedarf auszurichten. So wurden etwa Saatpflanzen entwickelt, die gegen Schädlinge immun sind oder in bestimmten Witterungsbedingungen gedeihen können.

Rote Biotechnologie – Grundlage neuer Medikamente

Der mit Abstand wichtigste und sich am dynamischsten entwickelnde Zweig der Biotechnologie ist der medizinische. Mit Biopharmazeutika – auch „Biologics“ genannt – werden heute unter anderem Krankheiten wie Krebs, Diabetes, rheumatoide Arthritis, multiple Sklerose oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen behandelt. Bereits mehr als 350 Millionen Menschen greifen zu den rund 250 am Markt zugelassenen biotechnologischen Arzneimitteln.

Was macht Biopharmazeutika so erfolgreich? Im Gegensatz zu herkömmlich hergestellten Medikamenten, die für einen möglichst breiten Patientenkreis entwickelt worden sind, greifen Biologics gezielt in körpereigene Prozesse ein. Durch diesen individualisierten Zugang ist ihr Wirkungsgrad nicht nur höher, es fallen gleichzeitig auch weniger Nebenwirkungen an. Die Entwicklung der Arzneimittel, die in lebenden, biotechnologisch optimierten Organismen hergestellt werden, ist natürlich deutlich komplexer und damit auch zeit- und kostenintensiver. Bis ein neues Mittel tatsächlich auf den Markt kommt, vergehen in der Regel zehn bis zwölf Jahre.

Der vollständige Bericht und die Sonderpublikation BB Invest im pdf-Dokument

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