NN IP: Die Zeit wird knapp für Griechenland – griechische Tragödie, dritter Akt

Welche Folgen hätte eine Staatspleite oder gar ein Grexit? In diesem Q&A beleuchten wir das gegenwärtige Patt zwischen Griechenland und seinen Gläubigern.

18.06.2015 | 13:11 Uhr

Griechenlands Krise steuert nunmehr auf den Punkt zu, an dem der Regierung das Geld ausgeht. Kann also keine Einigung erzielt werden, wonach die restlichen 7 Mrd. Euro aus dem aktuellen Hilfsprogramm ausgezahlt werden, wird Griechenland seine Tilgungsrate an den IWF wohl nicht leisten können.

Wie konnte es so weit kommen?

Griechische Tragödie, dritter Akt
Wir waren stets der Meinung, ein Griechenland-Bankrott sei vermeidbar. Das Krisenmanagement der Eurozone verlief in drei klar abgegrenzten Phasen. Während der ersten Phase ging es nahezu ausschließlich um den konsequenten Abbau der Haushaltsdefizite. Das erwies sich als extrem kontraproduktiv und verschlimmerte Defizite und öffentliche Schuldenquoten wohl noch. In der zweiten Phase verlagerte sich der Fokus auf die strukturellen Defizite. Das heißt: Konnte ein Land wegen konjunktureller Schwankungen seine Haushaltsziele nicht erreichen, so wurden keine zusätzlichen Maßnahmen verlangt. Ferner begann man in der EWU, „Brandschneisen“ in Form des OMT-Mechanismus einzurichten und auf eine Bankenunion hinzuarbeiten, um eine Ausbreitung der Krise zu verhindern. In der dritten Phase wurde die Sparpolitik zum Gradmesser für die Bereitschaft eines Landes, Strukturreformen durchzuführen. 

Glauben Sie, dass Griechenland einlenken wird?

Jetzt geht‘s hart auf hart
Wahrscheinlich hätte die griechische Regierung zusätzliche Sparmaßnahmen vermeiden können, hätte sie mehr Reformbereitschaft gezeigt. Leider hat sie diese Gelegenheit nicht wahrgenommen. Die entscheidende Frage ist, ob sich bei der griechischen Regierung jetzt ein Sinneswandel einstellen wird, kurz bevor der Saldo des griechischen Staatshaushalts auf null sinkt und der Regierung keine unkonventionellen Maßnahmen zur Mittelbeschaffung mehr bleiben. Es ist bereits klar, dass alle Rückzahlungen an den IWF bis zum Monatsende verschoben werden. Kann bis Ende Juni keine Einigung erzielt werden, ist eine Pleite nahezu zwangsläufig. Unser Basisszenario stellt jedoch darauf ab, dass das Land dem Druck nachgeben und sich zu Strukturreformen verpflichten wird. 

Alles oder Nichts
Die „Brussels Group“ (vormals Troika) hat Griechenland ein letztes Angebot gemacht, das letztlich auf ein Alles oder Nichts hinausläuft. Damit sind geringfügige Anpassungen aber nicht ausgeschlossen. Der Vorteil dabei ist, dass europäische und IWF-Kreditgeber hier eine geschlossene Front präsentieren können. Im Ergebnis wäre Griechenland der Illusion beraubt, die Brussels Group werde in letzter Minute zu Zugeständnissen bereit sein. Dies könnte das Land zu Entscheidungen zwingen, statt weiter auf eine Verzögerungstaktik zu setzen. 

Vor allem aber würde ein solches Angebot der EZB den notwendigen politischen Rückhalt bieten, um die Emergency Liquidity Assistance („ELA“) zu begrenzen, falls Griechenland das Angebot ausschlägt. Aktuell scheint Griechenland diesen Deal abzulehnen. Sofern diese Pattsituation anhält, ist in Bälde mit Kapitalverkehrskontrollen zu rechnen, denn der EZB wird kaum eine andere Wahl bleiben, als die Finanzierung griechischer Banken einzuschränken. Und schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass die Strategie der Brussels Group ultimativ darauf abzielt, den politischen Willen auf griechischer Seite zu brechen. Das wird die politische Unsicherheit in Griechenland zweifelsohne noch verstärken, im Gegenzug aber die künftigen politischen Unwägbarkeiten in der übrigen EWU mindern.

 

Lesen Sie den vollständigen Artikel im PDF-Dokument.

Diesen Beitrag teilen: