WisdomTree: Chancen für Eurobonds in der Corona-Krise?

Lidia Treiber, Director, Research, WisdomTree
Anleihen

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Covid-19 bedingten Lockdown auf die verschiedenen europäischen Volkswirtschaften treten immer deutlicher zutage. So stiegen die Finanzierungskosten für schwer betroffene Länder wie Italien und Spanien stark an.

28.04.2020 | 14:08 Uhr

Eine Einschätzung von Lidia Treiber, Director, Research, WisdomTree

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Covid-19 bedingten Lockdown auf die verschiedenen europäischen Volkswirtschaften treten immer deutlicher zutage. So stiegen die Finanzierungskosten für schwer betroffene Länder wie Italien und Spanien stark an. Der Spread von Staatsanleihen der Peripherieländer gegenüber deutschen Staatsanleihen begann sich auszuweiten. Anleger zeigen sich besorgt über die steigende Verschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) für Länder mit bereits schwächeren Fundamentaldaten.

Die Idee der V-förmigen Erholung, die mit einem steilen Rückgang beginnt, ihren Tiefpunkt erreicht und sich dann schnell erholt, beginnt sich aufzulösen. Es ist zu erwarten, dass die Länder nach und nach die Lockdown-Regeln aufheben werden, um einen Corona-Rückfall zu vermeiden, wie es kürzlich in der chinesischen Region Harbin der Fall war. Abgesehen von den erheblichen konjunkturstützenden Maßnahmen, die bereits in Europa, den USA und anderswo zu beobachten waren, landete das Thema Eurobonds erneut auf dem Diskussionstisch. Am 25. März sprachen sich neun Länder der Eurozone - Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Spanien, Portugal, Griechenland, Slowenien und Irland - in einem formellen Schreiben an den Präsidenten des EU-Rates Charles Michel für ein gemeinsames Schuldinstrument aus, um den durch die Coronavirus-Krise verursachten Schaden zu mildern. Das Konzept der Eurobonds wurde von der Europäischen Kommission Barroso bereits 2011 während der europäischen Staatsschuldenkrise 2009-2012 initiiert und zielte darauf ab, von der Europäischen Union emittierte Anleihen auf den Markt zu bringen.

Während das Instrument des Typs Eurobonds während der europäischen Schuldenkrise vor fast einem Jahrzehnt abgelehnt wurde, heißt es jetzt in dem Schreiben an die EU-Kommission weiter, dass ein solches Instrument während dieser Krise nun unterstützt wird: "Wir alle sind mit einem symmetrischen externen Schock konfrontiert, für den kein Land die Verantwortung trägt, dessen negative Folgen aber von allen getragen werden..und wir sind gemeinsam für eine wirksame und einheitliche europäische Reaktion verantwortlich.. Dieses gemeinsame Schuldinstrument sollte einen ausreichenden Umfang und eine lange Laufzeit haben, um voll effizient zu sein und Roll-over-Risiken jetzt und in Zukunft zu vermeiden. Wie schon während der letzten Krise erweisen sich Deutschland und die Niederlande als starke Gegner eines solchen Instruments. Beide Länder befürchten, dass Eurobonds hoch verschuldeter EU-Staaten den Zugang zu billigeren Krediten ermöglichen und die Rechenschaftspflicht der einzelnen Staaten verringern würden, da die Strafe für hohe Schuldenkosten gemildert würde.

Wenn wir uns an den Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise[1] zurückerinnern, so erbrachte die zehnjährige italienische Staatsverschuldung (BTP) eine Rendite von 7,24 Prozent und bot damit eine Spanne von 4,91 Prozent gegenüber der deutschen Staatsverschuldung (Bund) mit ähnlicher Laufzeit.  Im Vergleich dazu beträgt der Renditeaufschlag der 10-jährigen italienischen BTPs gegenüber deutschen Bundesanleihen derzeit rund 2,27 Prozent[2]. Es besteht noch Spielraum, bis die Alarmglocken für Veränderungen läuten werden. Wenn Eurobonds während der aktuellen Krise nicht zum Tragen kommen, könnte es zu steigenden Spannungen zwischen den EU-Staaten kommen, da Länder wie Italien, Griechenland und Spanien weiterhin von Anleiheinvestoren bestraft werden. Im Laufe des Jahres 2012 deutete das „Whatever it takes“ der ETB an, dass sie alles tun würde, was nötig ist, sodass der Ruf nach Eurobonds letztendlich an Boden verlor. Obwohl sich bereits herausgestellt hat, dass die die aktuelle Krise aufgrund der weltweit verhängten weitreichenden Wirtschaftssperren weit schwerer wiegt als die vergangene, bleiben die Gegner der Eurobonds stark.


Sofern nicht anders angegeben, war die Datenquelle Bloomberg

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[1] 29. November 2011

[2] Am 27. April 2020

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