UBS: China mit voller Kraft voraus

Der Parteitag der KP Chinas hat erhebliche Folgen für Investoren. Xi Jinping verfügt nach dem Parteitag über eine gestärkte Machtbasis und kann so mit voller Kraft für eine Agenda kämpfen, die Chinas zyklischen Mini-Abschwung verlängern, aber auch attraktive Gelegenheiten für Investoren schaffen wird.

08.11.2017 | 10:37 Uhr

Xi Jinping geht aus dem jüngsten Parteitag als Chinas stärkste Führungsperson seit Deng Xiaoping hervor. Sein politisches Gedanken- gut wurde in das Parteistatut aufgenommen, und seine Unterstützer besetzen leitende Positionen auf allen Regierungsebenen. Dies markiert einen Wandel gegenüber Xis Machtübernahme im Jahr 2012. Zu dieser Zeit hatten Schützlinge früherer Parteiführer die Mehrzahl der Leitungsfunktionen der Partei inne. Heute dominieren Xi und seine Anhänger die Partei und, mit vier von sieben Mitgliedern im ständigen Ausschuss des Politbüros, auch ihr wichtigstes Entscheidungsgremium. Seine gestärkte Unterstützerbasis und hervorgehobene Position bedeuten, dass Xi nun mit freier Hand und größerer Entschlossenheit die in seiner Eröffnungsrede am 18. Oktober aufgestellte Agenda verfolgen kann, die unter anderem die Durchsetzung von Reformen, die Kontrolle finanzieller Risiken, die Regulierung des Immobilienmarkts und den Schutz der Umwelt umfasst.

Absage an den 'Präsidenten-Put'

Bezeichnenderweise verzichtete Xi in seiner Rede darauf, ein konkretes volkswirtschaftliches Wachstumsziel zu benennen. Dies sig- nalisiert ein verändertes Herangehen an das Management der Volkswirtschaft. Chinesische Parteiführer waren in der Vergangenheit regelmäßig bemüht, definierte Wachstumsziele zu erreichen. China-Beobachter gewöhnten sich an den chinesischen „Präsidenten- Put“ – eine inoffizielle Garantie, dass die Regierung mit Kredithilfen das Erreichen der Wachstumszahlen sichern wird, oft zulasten einer längerfristig gesunden Volkswirtschaft.

„Wie von uns bereits prognostiziert wurde, zeigt Xis Rede, dass der „Präsidenten-Put“ Vergangenheit ist. Xi besitzt nun ausreichend Macht und politisches Kapital, um auch schwächeres Wachstum durchzustehen und die Regierungspolitik stärker an Reformen aus- zurichten, die das langfristige wirtschaftliche Wachstumspotenzial verbessern“, kommentiert Hayden Briscoe die Ergebnisse des Parteitages.

Regierungspolitik setzt neue Schwerpunkte

Aus diesem Grund rücken Umweltfragen in den Vordergrund. Umweltverschmutzung ist ein zunehmend heikles Thema für die Öffentlichkeit und wird auch staatlicherseits inzwischen ernst genommen. Von der Zentralregierung finanzierte Inspektionsteams reisen durch das Land, überprüfen Lokalbeamte und Unternehmen vor Ort und zwingen sie, überalterte umweltschädliche Fabriken  zu schließen und neue Umweltstandards zu erfüllen. Auch die Immobilienpolitik, von den Behörden gern zur Ankurbelung der Kon- junktur in schlechten Zeiten genutzt, macht einen Wandel durch. In seiner Rede betonte Xi: „Ein Haus ist zum Wohnen gemacht,  nicht zum Spekulieren.“

„Politische Erklärungen zeigen, dass sich die Regierung zunehmend damit befasst, neue Verordnungen zu erlassen, darunter Regeln zur Abwehr von Spekulationen, sowie Reformen der Mietmärkte voranzubringen und die landesweite Verbreitung von staatlich un- terstützten Immobilienkäufen zurückzufahren. Dies deutet darauf hin, dass 2018 auch bei schwächerem Wachstum eine ausufernde Politik zur Unterstützung der Märkte nicht zu erwarten ist“, resümiert Briscoe im Nachgang des jüngsten Parteitages.

Schuldenabbau und Chinas zyklischer Mini-Abschwung

Neben den genannten Faktoren bedeutet Xis Fokus auf Durchführung von Reformen und Eindämmung finanzieller Risiken, dass der Prozess des Schuldenabbaus, der zu geringerer Liquidität, höheren Geldmarktzinsen, steigenden Anleiherenditen und seit Ende 2016 zu einem rückläufigen Kreditwachstum geführt hat, sich fortsetzen wird. Vertreter der Chinesischen Bankenaufsichtsbehörde (CBRC) haben dies in den Tagen nach Xis Parteitagsrede bestätigt. Auch der Wechsel des politischen Personals unter Xi stützt diese Strate- gie. Guo Shuqing – der reformorientierte Leiter der Bankenaufsicht, der für die Durchführung der jüngsten Kampagne zum Schul- denabbau verantwortlich war – ist Berichten zufolge der aussichtsreichste Kandidat für die Nachfolge von Zhou Xiaochuan, dem scheidenden Gouverneur der People’s Bank of China. “Unter der Leitung von Guo Shuqing erwarten wir einen harten Kurs gegenüber dem Finanzsektor und eine Fortsetzung des Schuldenabbaus. Diese Faktoren festigen unsere Erwartung eines verlängerten zykli- schen Mini-Abschwungs bis Ende 2017 und ins Jahr 2018 hinein. Jüngste Daten zeigen tatsächlich ein langsameres Wachstum bei Immobilienverkäufen und privaten Investitionen. Dies signalisiert unserer Ansicht nach, dass die Verlangsamung begonnen hat“, so der Fixed Income Asia Pacific Experte von UBS Asset Management.

Folgen für die Schwellenländer Ende 2017 und 2018 spürbar

Das bedeutet eine Kehrtwende gegenüber der Situation Ende 2016, als die wirtschaftliche Erholung Chinas den Wachstumserwartungen einen Schub verlieh – vor allem in Märkten, die über den Rohstoffhandel eng mit China verbunden sind. Die Erholung trieb die Erzeugerpreisindizes (PPI) nach oben, ließ die Exporte wachsen, stärkte die Finanzierungssalden und unterstützte steigende Gewinn- erwartungen für Energie- und Bergbauunternehmen. Mit dem schwächeren Wachstum in China stellt sich nun die Frage, ob die höhe- ren Wachstumserwartungen unterstützt bleiben, besonders in Schwellenländern, die über bedeutende Handelsbeziehungen mit  China verfügen. „Angesichts unserer Erwartung, dass die Schwellenländer die Folgen von Chinas Verlangsamung Ende 2017 und 2018 spüren werden, glauben wir, dass das richtige Timing der zentrale Faktor jeder Anlagestrategie sein wird“, so Briscoe.

Steigende Anleiherenditen – eine überzeugende Gelegenheit für Investoren

„Chinas wirtschaftliche Verlangsamung und die gewandelte Einstellung seiner Regierung verändern den Ausblick für die Schwellenländer, schaffen aber zugleich überzeugende Gelegenheiten für Investoren. Der stetige Anstieg der inländischen Anleiherenditen im vergangenen Jahr bietet Investoren die Gelegenheit, ihr Portfolio um längere Laufzeiten zu ergänzen, vor allem, da die aktuellen Renditen im Bereich von 3,75 Prozent im Vergleich zu Festzinsgelegenheiten weltweit attraktives Wertpotenzial bieten und sowohl hohe nominale und reale Erträge als auch das Potenzial für Kapitalzuwachs aufweisen“, fasst Briscoe die aktuelle Situation für Investoren zusammen.

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