von Lidia Treiber, Director of Research, Leiterin Fixed Income Research
07.05.2019 | 11:15 Uhr
Die Renditen deutscher Bundesanleihen lagen mit knapp über 3 Prozent ganz vorn mit den 10-jährigen Renditen nahe 3,9 Prozent, wie das am 1. Januar 2007 der Fall war. Das scheint heute fast wie eine vage Erinnerung. Europäische Investoren mussten Portfolios auf der Grundlage eines Einlagenzinssatzes managen, den die Europäische Zentralbank bei 0 Prozent oder seit 2012 negativ bei 0,40 Prozent hält. Schwache Renditen bei Staatsanleihen haben Investoren dazu gedrängt, sich nach volatilere Anlagen umzusehen und die Risikominderung hinauszuzögern. Was die Dinge noch komplizierter macht: Investoren sind selbst am langfristigen Ende der Renditekurve mit niedrigen Renditen konfrontiert. Das ist zum Teil ein Ergebnis der quantitativen Lockerungsprogramme der Zentralbanken. Sie haben die langfristigen Renditen im Vergleich zum historischen Durchschnitt niedrig gehalten, nachdem die US-amerikanische Federal Reserve und die Europäische Zentralbank ihre quantitativen Lockerungsprogramme beendet haben. Insbesondere Ende März 2019 invertierte die US-amerikanische Renditekurve zwischen 3 Monaten und 10 Jahren für knapp fünf Arbeitstage. Einige Investoren nahmen dies zum Anlass, über die Positionierung von Portfolios für eine bevorstehende Rezession in den USA nachzudenken, für die eine invertierte Renditekurve traditionell ein guter Indikator ist. Die Renditekurve heute wird allerdings von Faktoren beeinflusst, die sich von denen der letzten fünfzig Jahre unterscheiden. Die quantitative Lockerung in den USA hat sich auf die Steilheit der amerikanischen Renditekurve ausgewirkt. Dadurch verkleinerte sich im Vergleich zu früheren Zeiten die Hürde deutlich, ab der heute eine invertierte Renditekurve entstehen kann.
Aus makroökonomischer Sicht werden die Wachstumszahlen in ganz Europa nach unten korrigiert, was mit einer Kerninflation von unter 1 Prozent im April 2019 zu tun hat. Aufgrund dieser Zahlen gehen wir nicht davon aus, dass es die Europäische Zentralbank eilig hat, die Zinsen anzuheben, um Inflationssorgen entgegenzuwirken. Nimmt man die jüngste Sitzung der EZB zur Geldpolitik als Indikator, so hat die EZB angedeutet, dass sie bis Ende 2019 keine Zinsanhebung beabsichtigt. Man sehe vielmehr das Risiko, dass sich der Euroraum in Richtung Abschwung neigen könnte, insbesondere was die verarbeitende Industrie angeht. Hier hat die externe Nachfrage nachgegeben. Das Tempo der Zinserhöhungen in den USA war 2017 und 2018 hoch. Die „Dot plot“- Prognose der Federal Reserve vom März hat nun das wahrscheinliche Szenario signalisiert, dass die Fed auch 2019 nichts ändern wird – es sei denn, die US-Inflation übersteigt den Bereich von 2 Prozent deutlich.
In Anbetracht der aktuellen Marktsituation mit dem unwahrscheinlichen Szenario einer Zinserhöhung in den USA oder Europa und einer allmählichen Abkühlung am Horizont gehen wir davon aus, dass Investoren damit beginnen, die Anteile erstklassiger festverzinslicher Anlagen auszubauen und taktisch in Anleihen mit niedrigerem Rating zu investieren, sodass sich mit den festverzinslichen Portfolios höhere Renditen erzielen lassen. Die meisten Investoren jagen weiter nach Rendite, ob das nun bei der Investition in Asset-Klassen mit hoher Kupon-Verteilung und/oder das Potenzial für eine höhere Rendite ist.
Die historische Performance ist kein Indikator für die künftige Wertentwicklung, jede Anlage kann an Wert verlieren.
Bei europäischen Portfolios, die europäische Staats- oder aggregierte Indizes als Benchmark verwenden, können in Anbetracht des Negativzinsumfeldes für Renditen auf dem Markt der europäischen Staatsanleihen Lösungen nützlich sein, die Einkommen und Renditepotenzial mithilfe von Anleihen im Index verbessern, aber das Exposure auf unterschiedliche Branchen, Zins- und Kreditrisiken verteilen. Auf der taktischen Seite können Vehikel, die einen Zugang zu einem diversifizierten Universum das Exposure einzelner Emittenten limitierender AT1-CoCo-Anleihen bieten, solche aus Schwellenländern ausschließen und nur von Ratingagenturen bewertete Anleihen berücksichtigen - wie das bei einem ETF der Fall ist, der dem iBoxx Contingent Convertible Liquid Developed Europe AT1 Index folgt. Eine derartige Lösung kann selbst für solche Investoren interessant sein, die Allokationen in europäische AT1-CoCo-Anleihen über europäische Bankenaktien in Betracht ziehen.
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