Robeco: China – Vier Gründe, warum das Schlimmste überstanden ist

Analyse

China gehörte in Sachen Wirtschaftserholung in diesem Jahr zu den Nachzüglern, doch es gibt gute Gründe dafür anzunehmen, dass das Schlimmste überstanden ist.

13.09.2022 | 09:33 Uhr

Obwohl das chinesische Wachstum wieder auf Kurs ist, gehen wir davon aus, dass die erhebliche Volatilität an den Aktienmärkten des Landes noch eine Weile anhalten wird, bevor sich eine nachhaltige Erholung einstellt.

In aller Kürze:

  • Die chinesische Zentralregierung dürfte eingreifen, um die Probleme am Immobilienmarkt abzufedern
  • Es wird erwartet, dass die Coronamaßnahmen mit der Zeit gelockert werden
  • Konjunkturprogramme und nachlassender Regulierungsdruck sorgen für Stützung


Grund #1: Aktuell sorgen der Einbruch des chinesischen Immobilienmarktes und die finanziellen Probleme der Bauträger des Landes für Negativschlagzeilen. Wir glauben jedoch, dass das chinesische Bankensystem solide Puffer hat, um den Schock abzufedern, weshalb kein systematisches Risiko droht. Aktuell unterstützt die Zentralregierung die Kommunalverwaltungen dabei, Lösungen zu finden, damit nicht abgeschlossene Bauvorhaben, die für viel Frustration bei den Käufern sorgen, fertiggestellt werden können.

Dennoch befürchten wir, dass die Anstrengungen nicht ausreichen, um den Trend der rückläufigen Hausverkäufe und Immobilieninvestitionen umzukehren. Aufgrund der Tatsache, dass die Korrektur der Immobilienpreise sowie die aktuellen Finanzierungsprobleme der Bauträger durch die Entscheidung der Zentralregierung ausgelöst wurden, der hohen Verschuldung des Sektors Einhalt zu gebieten, glauben wir, dass Peking letztlich eingreifen wird, um den Sektor gezielt zu stützen.

Grund #2: Die pandemische Lage hat sich mit der Politik der „dynamischen Null-Covid-Strategie“ bis Ende 2021 stabilisiert und es ist zu erwarten, dass die strengen Coronamaßnahmen im Laufe der Zeit gelockert werden – insbesondere, wenn die Politik auf dem nächsten Parteitag im Oktober 2022 neu festgelegt wird. Unterstützt wird dies durch ein aggressiveres Impfprogramm, mit dem bis Jahresende 80 % der über 60-Jährigen geimpft werden sollen, sowie durch eine bessere Verfügbarkeit von Behandlungsmöglichkeiten, die den Gesundheitssektor stützen. Zudem führt Peking gerade Datenanalysen durch, um die zu erwartende Virulenz der verschiedenen Covid-Varianten im kommenden Winter zu ermitteln und ihre Politik entsprechend auszurichten.

Konjunkturpaket wird den Bausektor unterstützen

Grund #3: Die Zentralregierung sorgt für gezielte wirtschaftliche Stützung. Anders als in der Zeit nach 2008 ist das Volumen des aktuellen Programms zwar begrenzt. Dennoch dürfte es das Wirtschaftswachstum wesentlich unterstützen, und die Regierung kündigte am 25. August 2022 ein weiteres, 146 Milliarden US-Dollar schweres Paket an1, um sowohl die Investitionen als auch den Konsum zu fördern.

Insbesondere dürfte die Bautätigkeit, die seit Ausbruch der Coronapandemie eingebrochen war, durch eine Erholung bei den Infrastrukturausgaben, durch neue Bestimmungen für Kommunalfinanzierungen und durch neue Projektgenehmigungen wieder Aufwind erhalten. Zusätzlich gestützt wird das Wirtschaftswachstum von der chinesischen Zentralbank, die ihre Geldpolitik moderat lockert, während die Währungshüter in Europa und in den USA auf eine Zinsstraffung übergegangen sind.

Regulierungsmaßnahmen laufen aus

Grund #4: Die regulatorischen Maßnahmen gegen die chinesische „Plattformwirtschaft“, die die Bewertungen im Technologiesektor unter Druck gesetzt haben, sind ausgelaufen. Auf einer Sitzung des Politbüros Ende Juli signalisierte die chinesische Führung, dass sie grünes Licht für verschiedene Technologiegeschäfte geben will und sie dem Technologiesektor eine wichtige Rolle bei der Ankurbelung der chinesischen Wirtschaft beimisst.2 Dieser deutliche rhetorische Kurswechsel hat die Stimmung im Tech-Sektor erheblich aufgehellt.

Der langfristige regulatorische Streit mit den USA über die Rechnungsprüfung chinesischer Unternehmen, die in Form von ADRs in den USA gelistet sind, ist trotz des am 26. August 2022 angekündigten vorläufigen Abkommens3 zwar ungelöst, doch ist die Einigung ein positives Zeichen dafür, dass beide Seiten einen Kompromiss anstreben. Unserer Ansicht nach dürfte sich der Trend hin zu einem Zweitlisting von ADRs in Hongkong und/oder am chinesischen onshore-Markt fortsetzen – eine positive Entwicklung für den chinesischen Markt.

Fazit

Wir sehen eine Reihe an Gründen dafür, dass die Aussichten für China wieder besser und kalkulierbarer sind, als es seit Ausbruch der Coronapandemie Anfang 2020 der Fall war. Vor dem Hintergrund, dass chinesische A-Aktien typischerweise eine niedrige Korrelation zu den globalen Aktienmärkten aufweisen und sich China in Sachen Geldpolitik von Europa und den USA entkoppelt hat, bietet ein Engagement in China erhebliche Diversifizierungsvorteile.

1 China’s 19 Measures to Boost Economy After Energy, Property, Covid Crises - Bloomberg
2 China’s pledge to give green lights to more technology deals points to an easing of restrictions on Big Tech, analysts say | South China Morning Post (scmp.com)
3 Delistings Could Be Averted After China, US Reach Preliminary Audit Review Deal - Bloomberg


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