StarCapital: „Nerven bewahren.“

Der Frankfurter Fondsgipfel blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Auch 2018 können Investoren an den Kapitalmärkten Geld verdienen.“
Aktienmarkt

Die Unsicherheit an den Kapitalmärkten steigt. Droht ein Ende des jahrelangen Aufwärtstrends? Warum der Frankfurter Fondsgipfel diese Angst für übertrieben hält.

30.05.2018 | 13:38 Uhr

„Die Verunsicherung ist eindeutig zu spüren“, konstatiert Thomas Meyer zu Drewer, Geschäftsführer beim ETF-Haus Comstage. In den fünf Jahren bis Ende 2017 hatten die großen Aktienindizes schließlich Gewinne zwischen 60 und 200 Prozent gebracht. Kommentatoren schrieben begeistert vom Goldlöckchen-Szenario – Wirtschaftswachstum, geringe Inflation, extrem niedrige Zinsen und Notenbanken, die Märkte mit Liquidität fluten. Es war der Stoff, aus dem ein Börsenmärchen gemacht wird. Könnte es sein, dass dieses angesichts der massiven Kursverluste von Februar und März nun vorbei ist?

Es ist der perfekte Zeitpunkt, um mit elf Fondsexperten über Kapitalanlage zu diskutieren. „Wir sprechen mittlerweile tatsächlich von einem fragilen Goldlöckchen-Szenario – fragil, weil es diverse Risikothemen gibt, die diese wunderbare Anlagewelt in Zukunft etwas aus dem Gleichgewicht bringen könnten“, macht Manuela Thies klar, die bei Allianz Global Investors den Bereich Multi Asset Active Allocation Retail verantwortet. „Es geht vor allem um die Furcht, ob die Inflation nun zurückkommt, und wie die Notenbanken dann reagieren, die mit ihren Anleihekäufen die Kurse natürlich bewegt haben. Gelingt es, die Liquidität ,marktschonend‘ zurückzufahren?“, überlegt Thilo Wolf, Country Head Germany, BNY Mellon IM.

Die Antwort liegt in der Entwicklung der Weltkonjunktur verborgen. Zeit für die Experten, ein paar Pflöcke einzuschlagen.


// Wie stark ist die Weltwirtschaft wirklich?

Über die konjunkturelle Perspektive macht sich der Fondsgipfel die geringsten Sorgen. „In den USA läuft die Wirtschaft auf vollen Touren und die Steuerreform sorgt dort für zusätzlichen Schub“, erläutert Hussam Masri, Leiter Produktmanagement bei der DekaBank. „Die Schwellenländer haben ihre Schwächephase überwunden und sind auf dem Wachstumspfad zurück“, ergänzt Peter Stowasser, Leiter Retail-Vertrieb Deutschland bei Franklin Templeton. „Und in Europa haben wir erst seit einem Jahr einen selbsttragenden Aufschwung. Der wird mindestens noch ein bis zwei Jahre weitergehen“, ist Tim Albrecht, Manager der größten Fonds für deutsche Aktien bei der DWS, zuversichtlich.

Die Prognosen der Konjunkturforscher stützen diese optimistische Einschätzung. Der deutsche Sachverständigenrat sieht die Welt in einer „konjunkturellen Expansionsphase.“ Und das Münchner ifo-Institut taxiert das reale Wachstum in Deutschland 2018 auf 2,6 Prozent. 2019 sollen es dann 2,1 Prozent werden. „Die Dynamik nimmt zwar etwas ab, dies ist dann aber immer noch ein Umfeld, in dem die Unternehmen ihre Erträge weiter steigern können – und damit gut für Aktien“, folgert Joachim Nareike, Leiter Publikumsfonds bei Schroders.


// Ändert die Einführung von Strafzöllen durch Donald Trump das positive Konjunkturbild?

„Bei Handelskriegen gibt es nur Verlierer. Die ökonomischen Auswirkungen des völlig geistlosen Spiels mit Strafzöllen sind aber zunächst einmal nur gering“, so Eduardo Mollo Cunha, Gesellschafter bei Eyb & Wallwitz. Er rät Anlegern zur Besonnenheit. „Massivere Beschränkungen des Freihandels dürften auch in Donald Trumps Republikanischer Partei äußerst missmutig aufgenommen werden“, ergänzt Reinhard Pfingsten, Chefstratege beim Bankhaus Bethmann, „sollte der US-Präsident es übertreiben, könnte der Kongress jederzeit von seiner Kompetenz in der Gestaltung von Außenhandelsbeziehungen Gebrauch machen und den Präsidenten überstimmen. Das stimmt mich zuversichtlich, dass ein echter Handelskrieg verhindert werden kann.“

Obwohl die Europäische Union vorerst von Strafzöllen verschont ist, bleibt allerdings ein großes Unbehagen. Der Gipfel sieht die massiven Drohungen der USA gegen China als einen symbolträchtigen Schritt, der weltweit die Tür zu Maßnahmen und Gegenmaßnahmen öffnen könnte.

Fazit: Das Grundmuster eines stabilen globalen Wachstums in 2018 hat zunächst weiter Gültigkeit. Die Unsicherheit nimmt aber zu.


// Seit geraumer Zeit steigen die Preise wieder – vor allem in den USA, aber langsam auch in Europa. Kommt die Inflation nun zurück?

Darüber, dass die Inflationsraten steigen werden, besteht Einigkeit beim Fondsgipfel. „Da hat gerade ein langfristiger Prozess begonnen. Dieser Trend wird nicht mehr aufzuhalten sein“, ist Manfred Schlumberger, Vorstand der StarCapital-Gruppe überzeugt (siehe dazu auch Seite 07). 

Nur das Ausmaß sehen die Experten unterschiedlich. „In den USA ist die Wirtschaft überhitzt, der Arbeitsmarkt leer gefegt – und in dieser Situation gibt Trump mit seiner Steuerreform noch zusätzlich Gas. Das dürfte zu höheren Löhnen und Inflationsraten über der Wohlfühlgrenze von zwei Prozent führen“, vermutet Heike Fürpaß-Peter, Leiterin öffentlicher Vertrieb beim ETF-Anbieter Lyxor. „In Deutschland sieht es ähnlich aus“, überlegt Nareike, „wenn die Gewerkschaften mit ihren aktuellen Lohnforderungen durchkommen, werden wir auch hier bald klar über zwei Prozent liegen.“

„Das Thema Inflation wird momentan ein bisschen übertrieben“, widerspricht Thomas Meyer zu Drewer, „wir erleben gerade erst eine Art Vorstufe, den begrifflichen Paradigmenwechsel. Ich zähle immer nach, wie oft in den Medien Schlüsselworte fallen. Früher war das R-Wort dominant. Alle fürchteten sich vor Rezession. Jetzt ist das I-Wort dran. Tatsächlich liegt die Inflationsrate in den USA aber gerade einmal bei 2,2 Prozent, in der Eurozone sind es 1,4 Prozent. Das ist noch nicht gefährlich.“ „Ich habe auch keine Angst vor Inflation“, ergänzt Mollo Cunha, „die Löhne mögen zwar ein bisschen steigen. Aber die dämpfenden Effekte der Digitalisierung wirken weiter. Raten über drei Prozent kann ich mir nicht vorstellen.“ „Und vergessen wir nicht, dass wir uns lange vor der Deflation gefürchtet haben. Wenn wir uns jetzt wieder in Richtung eines normalen Inflationsumfeldes bewegen, ist das eher positiv“, schließt Hussam Masri.

Fazit: Die Inflationsraten werden leicht steigen, dramatische Sprünge sind aber nicht zu erwarten. „Vorausgesetzt natürlich, es kommt zu keinem Handelskrieg. Protektionismus wirkt langfristig inflationssteigernd. In diesem Fall würden die Karten neu gemischt“, schränkt Manuela Thies ein.


// Wie werden die Notenbanken reagieren?

„Die Zeit der super-expansiven Geldpolitik ist definitiv vorbei. In den USA hat die FED ihre Leitzinsen ja schon auf nunmehr 1,5 bis 1,75 Prozent erhöht. Und sie baut gleichzeitig den Bestand der Anleihen in ihrer Bilanz ab, die sie Rahmen ihres Kaufprogramms erworben hat. In den nächsten zwölf bis 15 Monaten wird sie den Leitzins noch mindestens zwei Mal, vielleicht sogar drei Mal erhöhen“, prognostiziert Peter Stowasser.

„Soweit ist die Europäische Zentralbank zwar noch nicht“, überlegt Reinhard Pfingsten, „aber sie wird im Herbst zumindest ihr Anleihen-Kaufprogramm beenden und irgendwann im Jahr 2019 auch die Zinsen leicht erhöhen.“ Ein Schritt, der aus konjunktureller Sicht eigentlich schon in diesem Jahr fällig wäre. „Doch weil dann ein paar Finanzminister in der Eurozone angesichts ihrer hohen Staatsverschuldung einen Nervenzusammenbruch bekämen, wird die EZB die Zinsen auch in Zukunft niedriger halten, als es angesichts der Wirtschaftsdaten angezeigt wäre“, meint Stowasser.


// Was bedeutet diese Großwetterlage für die Anleger an den Zinsmärkten?

„Wir haben die Zinswende eindeutig hinter uns“, macht Joachim Nareike klar. „Unabhängig von der Inflationsentwicklung wird sich vor allem das Verhältnis von Angebot und Nachfrage künftig dramatisch verändern“, erklärt Manfred Schlumberger. In den USA macht Donald Trump mehr Schulden, um seine Steuerreform zu finanzieren. Und auch die Finanzminister in der Eurozone verkünden das Ende der Enthaltsamkeit. Das Angebot an Anleihen, ist der Gipfel sicher, werde darum steigen. „Wenn dann gleichzeitig die Notenbanken weniger kaufen – ab Herbst 2018 dürften sie weltweit betrachtet sogar Netto-Verkäufer von Zinspapieren sein – dann kann dies nicht spurlos am Rentenmarkt vorbeigehen“, folgert Schlumberger.

„Dieses Thema hat tatsächlich das Zeug zu einem echten ,Game-changer‘, denn es betrifft nicht nur den Bereich von Staatsanleihen. Viele Bereiche des Anleihemarktes sind überteuert, hier werden die Renditen tendenziell steigen und die Kurse sinken. Wir müssen künftig noch viel genauer schauen, in welchem Segment des Rentenmarktes Chance und Risiko noch in einem attraktiven Verhältnis stehen“, folgert Manuela Thies.


Den vollständigen Bericht zu den Aussichten an den Aktienmärkten finden Sie hier zum Download.

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