Aktienanlage

Hansainvest: H1 Flexible Top Select: Mit „Burggräben“ die bessere Rendite erzielen?

Viele Fondsmanager investieren in Unternehmen, die ein sicheres Geschäftsmodell mit vielen Eintrittsbarrieren für die Konkurrenz aufweisen. Es wird gerne vom Burggraben, als Schutz, gesprochen. Doch wie nachhaltig ist so ein Burggraben überhaupt?

02.06.2020 | 10:25 Uhr

Dieser Begriff spielt in unserem Kopf ein unüberwindbares Szenario vor. Doch Vorsicht! Wie bereits im Mittelalter so auch jetzt kann ein Burggraben schnell überwunden werden, gar eine Burg komplett fallen!

Nüchtern steht es gar nicht so gut für den Burggraben, denn von den knapp 20.000 Burgen, die es im Mittelalter gab, stehen heute ca. 6.500, meist nur noch als Burgruinen. Somit kein wirklicher Vorteil des Grabens. Das Katapult war die Lösung, um eine Burg zu besiegen, egal wie groß der Burggraben war. Aktuell ist nicht das Katapult die Waffe, sondern vielmehr die gierige Konkurrenz, die nur selten schläft.

Und weit gefährlicher für vermeintlich „unbesiegbare Unternehmen“ ist der technologische Fortschritt, der rasant zugenommen hat, oder unvorhersehbare Ereignisse. Beide führen dazu, dass sogenannte Trendbrüchen die Welt und zugleich die Unternehmen verändern.

Trendbrüche hebeln Burggräben aus

So war beispielsweise die Digicam bei der Fotografie so ein Trendbruch und zugleich das aus für den klassischen Foto Film. Viele erinnern sich vielleicht noch an das runde Ding von Agfa. Ein weiteres gutes Beispiel für einen harten Trendbruch traf Nokia. Bis zum 29. Juni 2007 waren Nokia der beste Hersteller für Mobiltelefone. Die Qualität war so gut, dass man es mehrmals in der Waschmaschine waschen konnte, oder im Schnee verlieren und nach drei Tagen wiederfinden (wie es meinen Sohn tatsächlich passiert ist) und es lief. Doch auch vor Nokia machte die Technologie kein halt. Das iPhone kam auf den Markt und es fegte die klassischen Handyhersteller wie Nokia innerhalb von kürzester Zeit vom Markt.

Wie ein unüberwindbarer „Burggraben“ oder sicheres Geschäft auch schnell fallen kann haben wir in den letzten Monaten bei Airbus und Boeing gesehen. Die beiden Monopolisten haben den Flugzeugmarkt unter sich aufgeteilt. Neuen Marktteilnehmern ist es fast unmöglich in diesen Markt einzudringen, denn die Entwicklungskosten für ein neues Flugzeugmodell bewegen sich bei ca. 10 Mrd. USD. Die Auftragsbücher waren für Jahrzehnte voll. Dadurch waren Airbus und Boeing bei vielen Fondsmanagern die Lieblinge.

Den Trendbruch in diesen Fall löste die Coronakrise aus. Sie zeigte sehr gut auf, dass ein relativ sicher aufgestelltes Unternehmen mit vollen Auftragsbüchern für Jahrzehnte, durch ein Ereignis komplett unter die Räder kommt. Auf einmal sind die Aufträge nichts mehr wert, denn die Airlines reduzieren aktuell durch Corona ihre Flotte und denken nicht an neue Flugzeuge.

Hinzu kommt, dass der Burggraben von chinesischen Flugzeugbauern immer mehr überwunden wird. Das erste zweistrahlige Passagierflugzeug Comac C919, das vollständig in China entwickelt wurde und dort seit 2015 durch das Konsortium Commercial Aircraft Corporation of China (Comac) gebaut wird ist da. Solche neuen Mitspieler, belasten die zukünftigen Ergebnisse der Monopolisten Airbus und Boeing zusätzlich, denn der chinesische Markt ist aktuell der größte Abnehmer für Flugzeuge 

Es gibt unendlich viele weitere Beispiel: Bei den Autos waren es die Umweltauflagen und Umstellung auf Elektromobilität. Beim Handel kam der Onlinehandel….

Warum kommt dieser Mythos bei uns gut an?

Der Begriff Burggraben ist psychologisch eine sehr gute Erklärung. Das Gehirn hat sofort ein Bild vor den Augen. Das Wort suggeriert Sicherheit und das ist positiv im unseren Zellen verankert, denn der Mensch ist von sich aus risikoscheut. So wie auch ein bekannter Versicherer eine Zeit lang Werbung mit dem Slogan: „… im Zeichen der Burg“ gemacht hat. Dadurch suchen wir ständig nach Strategien, die Emotionen beruhigen und uns besser schlafen lassen.

Der Begriff ist zusätzlich einfach, von jeden zu verstehen, ohne nachzudenken, oder zu hinterfragen.

Was soll man stets beachten?

Solche Burggräben Unternehmen suchen wir alle. Das ist das Trauminvestment. Doch so einfach ist es nicht, denn Burggräben werden früher oder später überwunden. Die Auslöser sind meist Trendbrüche, die kaum vorhersehbar sind.

Durch die falsch entstandene Sicherheit entstehen nicht nur beim Anleger aber auch beim Unternehmensmanagement Gefahren. Ein gutes Beispiel dafür ist die Autoindustrie. Diese fühlten sich bis zum Abgasskandal als uneinnehmbar.

Einige kritische Denkansätze bei solchen Angaben gibt im Gespräch auch Roger Peeters, der mit Christoph Frank den langjährig erfolgreichen Aktienfonds DWS Concept Platow lenkt: „Augenblicklich glauben alle, dass eine Amazon oder Alphabet uneinnehmbar ist. Doch was passiert, wenn der Staat interveniert und die Zerschlagung von Alphabet anordnet? Dies ist bereits früher in den USA mit überragenden Öl- oder Telekomunternehmen passiert. Bei Amazon wiederum könnte zumindest theoretisch ein weltweiter Konsumentenaufstand stattfinden unter dem Motto „Die haben unsere Innenstätte plattgemacht, da kaufen wir nicht mehr“. Auch hier erlebten wir schon Vergleichbares vor etwa 25 Jahren. Als Shell die Plattform Brent Spar in der Nordsee einfach versenken wollten, haben die Menschen auf der ganzen Welt darauf reagiert und nicht mehr bei Shell getankt. Da war auf einmal der große uneinnehmbare Konzern recht klein und hat dann schnell eingelenkt. Auch wenn der Konsument es damals einfach hatte und einfach 100 Meter weiter zur nächsten Tankstelle fuhr: Die Summe der Konsumenten war mächtiger als der Ölkonzern, und dies wohlgemerkt in einer Phase, als die Ölfirmen als ähnlich allmächtig galten wie aktuell die großen Techfirmen. “

Grundsätzlich ist es nicht falsch in Gute Unternehmen zu investieren, die aktuell einen „Burggraben“ haben. Doch es kann keiner vorhersehen wie lange ein Graben hält und welche Unternehmen in 10 Jahren an der Spitze sein werden. Das ist schlichtweg unmöglich. Vielmehr muss man darauf achten, dass sich die Fondsmanager nicht in die Werte verlieben. Vielmehr sollte man auf Manager setzten, die wirklich so abgebrüht sind und sich schnell von der Liebe trennen!

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