Schroders: Diese Aktienmärkte sehen "günstig" aus

Aktien

Die Turbulenzen an den Aktienmärkten haben viele Anleger aufgeschreckt. Ein guter Zeitpunkt für Duncan Lamont, einen Blick auf die Marktbewertungen im noch jungen Jahr zu werfen.

08.02.2019 | 12:07 Uhr

2018 war ein stürmisches Jahr für die Aktienmärkte, wobei die Entwicklung insbesondere gegen Ende des Jahres verheerend ausfiel. Die Anleger hatten sich in den vergangenen Jahren an die unnatürliche Ruhe gewöhnt – und plötzlich meldete sich die Volatilität eindrucksvoll zurück.

Doch je weiter wir 2018 hinter uns lassen, desto mehr Licht sehen wir am Ende des Tunnels. Selbst vor dem Abschwung im vierten Quartal waren die Marktbewertungen bereits günstiger geworden.

Ursächlich war eine Verbesserung der Fundamentaldaten. Für den US-amerikanischen Markt liegt das Gewinnwachstum bei sage und schreibe 24 %, wenngleich dies teilweise auf die Steuersenkungen der Trump-Regierung zurückzuführen ist.

Auch für Großbritannien und die Schwellenländer wird ein jeweils zweistelliges Gewinnwachstum erwartet, während Europa im mittleren einstelligen Bereich liegt.

Das Schlusslicht bildet Japan mit einem Gewinnwachstum von 3 %. Allerdings hatte das Land 2018 mit erheblichen witterungsbedingten Schwierigkeiten zu kämpfen.

Selbst wenn die Aktienkurse zum Jahresende dasselbe Niveau wie Anfang 2018 gehabt hätten, wäre die Position der Anleger aus fundamentaler Sicht heute stärker. Einfach ausgedrückt: Für jeden investierten US-Dollar würden Sie heute von höheren Gewinnen profitieren.

Aufgrund der jüngsten Ereignisse blieben die Aktienkurse 2018 jedoch nicht unverändert, sondern gaben deutlich nach. Dabei sind heute die Gewinne höher. Diese Kombination führte dazu, dass häufig verwendete, gewinnbasierte Bewertungskennzahlen für Aktien beinahe ihre niedrigsten Niveaus seit vielen Jahren erreicht haben.

Gemessen an den Gewinnprognosen für die kommenden zwölf Monate, sind Aktien aus den USA, Großbritannien, Europa und den Schwellenländern so niedrig bewertet wie zuletzt vor vier bis sechs Jahren. Ähnlich sieht es aus, wenn man die Kurse mit den Gewinnen der vergangenen zwölf Monate vergleicht. Japanische Aktien sind nach beiden Berechnungsmethoden so günstig wie seit der Finanzkrise nicht mehr.

Auch andere Bewertungskennzahlen sind gesunken – zyklisch angepasste Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnisse (KGV bzw. KBV) gaben nach, während Dividendenrenditen gestiegen sind. In Großbritannien beträgt die Dividendenrendite heute sogar mehr als 5 %. Mit Ausnahme der Finanzkrise ist dies der höchste Stand seit über 25 Jahren.

Aufgrund dieser Entwicklungen sind die Aktienmärkte heute in bewertungstechnischer Hinsicht wesentlich attraktiver als zuvor. Zum Jahresbeginn 2018 standen die Signale bei den Bewertungen weitgehend auf Rot (= teuer), während heute Grün (= günstig) die vorherrschende Farbe ist. Mit Ausnahme der USA sind alle Märkte derzeit im Hinblick auf die meisten Bewertungskennzahlen regelrecht günstig. Und selbst die USA sind weniger teuer als zuvor. (Alle Bewertungskennzahlen werden unten kurz erläutert).

Zwar haben die Märkte zweifellos mit kurzfristigen Herausforderungen – etwa geopolitischen Schwierigkeiten, einer strafferen Geldpolitik und nachlassendem Weltwirtschaftswachstum – zu kämpfen, doch wer bei günstigen Bewertungen Investments tätigt, verfolgt eine solide langfristige Strategie. Bewertungen sind der wichtigste Bestimmungsfaktor im Hinblick auf langfristige Renditen. Anleger sollten jedoch immer im Hinterkopf behalten, dass sie bei kurzfristigen Marktbewegungen relativ wertlos sind.

Fünf Bewertungskennzahlen für die globalen Aktienmärkte
Fünf Bewertungskennzahlen für die globalen Aktienmärkte

Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein Hinweis für die Wertentwicklung in der Zukunft und lässt sich möglicherweise nicht wiederholen. 

Aktienmärkte: Das Für und Wider spezifischer Bewertungskennzahlen

Bei der Beurteilung von Aktienbewertungen können Anleger sich vieler verschiedener Kennzahlen bedienen. Jede davon erzählt eine andere Geschichte. Da sie alle ihre Vor- und Nachteile haben, ist ein umfassender Ansatz, der die oftmals widersprüchlichen Botschaften berücksichtigt, besonders erfolgversprechend.

Geschätztes KGV

Eine häufig verwendete Kennzahl ist das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis bzw. KGV. Hierbei dividieren wir den Wert oder Kurs des Aktienmarktes durch den Gewinn je Aktie von allen Unternehmen für die nächsten zwölf Monate. Ein niedriges KGV steht für ein höheres Wertpotenzial.

Ein offensichtlicher Nachteil dieses Indikators ist, dass er auf Prognosen beruht – niemand weiß, welchen Gewinn Unternehmen künftig erzielen werden. Analysten nehmen Gewinnschätzungen vor, irren sich allerdings häufig. Wenn sie die Gewinne deutlich überschätzen, sehen die Aktien günstiger aus, als sie tatsächlich sind.

Historisches KGV

Hierbei handelt es sich um eine Kennzahl, die möglicherweise noch häufiger verwendet wird. Sie funktioniert ähnlich wie das geschätzte KGV, bezieht sich jedoch auf die Gewinne der vergangenen zwölf Monate. Im Gegensatz zum geschätzten KGV werden also keine Prognosen vorgenommen. Dennoch kann auch die Entwicklung der vergangenen zwölf Monate irreführend sein.

Shiller-KGV

Das zyklisch angepasste KGV ist ein weiterer Schlüsselindikator, den die Marktbeobachter aufmerksam verfolgen – insbesondere in den vergangenen Jahren. Er ist gemeinhin als CAPE oder eben Shiller-KGV bekannt – benannt nach Professor Robert Shiller, der diese Kennzahl entwickelte.

Sie versucht, die Abhängigkeit des historischen KGV von den vergangenen zwölf Monaten aufzuheben, indem sie den Kurs stattdessen mit den durchschnittlichen und zugleich inflationsbereinigten Gewinnen der vergangenen zehn Jahre vergleicht. Dadurch werden kurzfristige Schwankungen bei den Gewinnen ausgeglichen.

Ist das Shiller-KGV hoch, fallen die nachfolgenden langfristigen Renditen in der Regel schwach aus. Einer der Nachteile ist, dass es Wendepunkte nicht korrekt wiedergeben kann. Das Shiller-KGV der USA fiel über viele Jahre hoch aus, was einem Bewertungsanstieg jedoch keinen Abbruch getan hat. 

Kurs-Buchwert-Verhältnis

Das KBV vergleicht den Kurs mit dem Buch- oder Substanzwert des Unternehmens. Ein hoher Wert bedeutet, dass eine Unternehmensbewertung im Verhältnis zum Buchwert der Aktiva des Unternehmens überteuert ist. Eine Ursache hierfür könnte sein, dass künftig ein höheres Wachstum erwartet wird.

Ein niedriger Wert bedeutet, dass der Markt die Anlage nur leicht über dem Buchwert (oder gar darunter, wenn die Zahl unter 1 liegt) bewertet. Diese Verbindung zum Substanzwert ist einer der Gründe, weshalb dieser Ansatz bei Anlegern so beliebt ist, die sich vor allem auf die Bewertung konzentrieren (auch bekannt als Substanzanleger bzw. Value-Investoren).

Für Technologieunternehmen oder auch Unternehmen im Dienstleistungssektor, die kaum über materielle Vermögenswerte verfügen, ist es jedoch größtenteils irrelevant. Außerdem können unterschiedliche Rechnungslegungsstandards weltweit erhebliche Unterschiede zur Folge haben. 

Dividendenrendite

Die Dividendenrendite, also der in Prozent vom Kurs ausgedrückte Betrag, der an die Anleger ausgeschüttet wird, hat sich als nützliches Werkzeug erwiesen, um künftige Renditen zu schätzen. Eine niedrige Dividendenrendite wird mit schwächeren zukünftigen Erträgen in Verbindung gebracht.

Während die Kennzahl nach wie vor relativ nützlich ist, war sie in den vergangenen Jahrzehnten irreführend.

Ein Grund ist der, dass Aktienrückkäufe ein immer beliebteres Mittel geworden sind, um Mittel an die Aktionäre zurückfließen zu lassen, statt Dividenden auszuschütten (Aktienrückkäufe treiben den Aktienkurs in die Höhe).

Dieser Trend wird vor allem in den USA, aber auch andernorts praktiziert. Darüber hinaus wird dabei die hohe Anzahl an Unternehmen mit hohem Wachstum berücksichtigt, die entweder keine oder nur eine niedrige Dividende auszahlen, statt überschüssige Liquidität in das künftige Wachstum des Unternehmens zu reinvestieren.

Einige allgemeine Regeln

Anleger sollten nicht einfach die Bewertungskennzahl einer Region mit der einer anderen Region vergleichen. Aufgrund unterschiedlicher Rechnungslegungsstandards und Gegebenheiten der Aktienmärkte werden Wertpapiere an einigen Märkten zu höheren Bewertungen gehandelt als an anderen.

Zum Beispiel sind Technologieaktien teurer als manch andere Sektoren, da sie mit relativ hohen Wachstumsaussichten verbunden sind. Ein Markt mit hoher Technologiesektorprägung wie die USA wird daher zu höheren Bewertungen gehandelt als etwa Europa. Bei der marktübergreifenden Beurteilung von Wertpotenzial zur Überwindung dieser Hürde muss Wettbewerbsgleichheit sichergestellt werden.

Hierfür sollte beispielsweise geprüft werden, ob der Markt teurer oder günstiger ist als in der Vergangenheit.

Für die oben genannten Bewertungskennzahlen finden Sie unsere Ergebnisse in der Tabelle oben. Diese Informationen sollten jedoch nicht als verlässlich erachtet oder als Empfehlung zum Kauf und/oder Verkauf verstanden werden. Anleger, die bei ihren Anlagen unsicher sind, sollten einen Finanzberater aufsuchen.

Schlussendlich sollten Anleger nie außer Acht lassen, dass weder die Wertentwicklung in der Vergangenheit noch historische Markttendenzen verlässliche Indikatoren für die Zukunft sind. Wie bei jeder Anlage besteht für ihr Kapital ein Risiko.

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Der Beitrag wurde am 05.02.19 auch auf schroders.com veröffentlicht.

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