BNP Paribas: Der Ausblick für risikobehaftete Anleihen

Anleihen

Anders als die meisten Anleiheinvestoren sieht BNP-CIO Dominick DeAlto keine kurzfristigen Rezessionsrisiken. Dennoch ist ihm bewusst, dass das Umfeld heute völlig anders aussieht als vor einem Jahr.

19.02.2019 | 10:00 Uhr

Die Finanzbedingungen sind straffer geworden, die Auswirkungen der expansiven US-Fiskalpolitik dürften nachlassen, und sowohl in den USA als auch in Europa ist mit anhaltenden politischen Risiken zu rechnen.

China stützt seine Wirtschaft mit einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik. Wir glauben aber, dass dies die Investoren nicht sonderlich beeindrucken wird. Wenn sich der Ausblick nicht grundlegend verschlechtert, beispielsweise durch einen eskalierenden Handelskonflikt mit den USA, ist keineswegs mit neuen großen Maßnahmen zu rechnen.

All dies könnte das Verbrauchervertrauen und das Geschäftsklima lasten, was nicht ohne Risiken für die gesamtwirtschaftliche Nachfrage wäre.

Hinzu kommt, dass die Unternehmensgewinne in wichtigen Volkswirtschaften nicht mehr so stark wachsen (vgl. Abbildung 1 unten). Besonders relevant ist dies im Falle der USA, wo die Unternehmensgewinne aufgrund abnehmender Margen nicht mehr so stark steigen. Das überrascht nicht, die expansive Fiskalpolitik hat das Wirtschaftswachstum deutlich über das Potenzialwachstum steigen lassen – mit der Folge höherer Arbeits- und Faktorkosten in vielen Sektoren.

Wenn die Gewinnmargen noch weiter zurückgehen, würden die Unternehmen weniger Arbeitsplätze schaffen können und weniger investieren. Dann würde das Wachstum unter das Trendwachstum fallen, das wir auf 1,75% bis 2% schätzen. Doch selbst wenn es nicht so weit kommt, könnten abnehmende Gewinnmargen nicht nur für amerikanische Aktien, sondern auch für Investmentgrade- und High-Yield-Anleihen zur Herausforderung werden.

Nachlassendes Wachstum der Unternehmensgewinne

Attraktive Alternativen bei Anleihen

Aus Bewertungssicht scheinen uns Marktsegmente, die aufgrund der Finanzrepression einst wenig attraktiv schienen, allmählich wieder interessanter zu werden.

Da die Zinsstrukturkurven der Industrieländer deutlich flacher geworden sind, bieten traditionelle sichere Häfen wie Certificates of Deposit (CDs) heute Renditen von 2,25% bei einem Risiko nahe null, und die Rendite von Commercial Paper (CP) beträgt jetzt durchschnittlich 2,7%. Wer etwas längere Laufzeiten akzeptiert, kann auch zweijährige Investmentgrade-Anleihen mit einer durchschnittlichen Risikoprämie von 100 Basispunkten und einer Gesamtrendite von 3,5% interessant finden.

Diese Alternativen haben deutliche Auswirkungen auf die Risikobereitschaft in einer Welt, in der das Wachstum nachlassen dürfte und vorübergehende Volatilitätsspitzen nicht ungewöhnlich sind. Wir meinen, dass sich eine lange Spread-Duration deshalb nicht auszahlt und man eher auf Anlagen mit geringeren Risiken setzen sollte.

Unternehmensanleihen

Taktisch setzen wir zu Jahresbeginn auf eine kurzfristige Rallye und deshalb in hohem Maße auf amerikanische High-Yield-Anleihen. Wir glauben, dass die Unternehmensgewinne im 4. Quartal leicht gestiegen sind (wenn auch nicht so stark wie im 2. und 3. Quartal) und ein recht geringes Angebot für eine günstige Markttechnik sorgen wird.

Die amerikanischen High-Yield-Spreads haben sich von 300 Basispunkten Anfang Oktober auf 525 Basispunkte zu Jahresbeginn ausgeweitet. Das bedeutet, dass man am Markt eine Rezession in diesem Jahr nicht ausschließt. Wir halten dies allerdings für übertrieben.

Längerfristig neigen wir eher zu einer weltweiten Untergewichtung von Credits und glauben, dass die Einzelwertauswahl dieses Jahr größere Auswirkungen auf die Performance haben wird.

Die Verschuldungsgrade sind stark gestiegen, und viele hoch verschuldete Unternehmen dürften Schwierigkeiten bekommen. Es gibt schon erste Hinweise auf eine abnehmende Marktliquidität im CCC-Bereich. Hier bemühen sich jetzt Emittenten, die die liquiden Leveraged-Loan-Märkte genutzt haben, ihre wachsende Verschuldung zu senken.

Entscheidend wird dafür die Lage am CLO-Markt sein. Wenn die Liquidität hier deutlich zurückgeht, könnten sich die High-Yield-Spreads unserer Ansicht nach um mindestens 100 Basispunkte ausweiten. Besonders auffällig ist die Volatilität im Öl- und Rohstoffsektor – der den High-Yield-Markt wesentlich bestimmt – infolge des deutlichen Ölpreisverfalls im 4. Quartal.

Optimistisch sind wir noch immer für ausgewählte Energieunternehmen mit niedrigen Förderkosten und moderater Verschuldung. Viele Energieunternehmen stehen fundamental heute besser da als in den Jahren 2014/2015, als die Ölpreise ebenfalls fielen. Die kurzfristige Performance dürfte aber vom Ölangebot und der Ölnachfrage abhängen, also von der OPEC+-Vereinbarung und dem weltweiten Nachfrageausblick.

Emerging-Market-Anleihen

Auch wenn 2018 für nahezu alle Segmente des Emerging-Market-Anleihemarktes gut ausging, sind wir Anfang 2019 vorsichtig und erwarten wegen des unsicheren Weltwirtschaftsausblicks ein weiteres schwieriges Jahr.

Das schwierige Umfeld dürfte vor allem bei Fremdwährungsanleihen zu spüren sein, da sich die Credit Spreads bei zunehmender Volatilität in der Regel ausweiten. Auch wenn die Markttechnik die Spreads kurzfristig stabilisieren könnte, dürften sie hoch bleiben. Dabei rechnen wir mit Minder­erträgen von Staatsanleihen gegenüber Unternehmensanleihen und mehr Zahlungsausfällen, die gelegentlich zu Dominoeffekten führen könnten.

Günstig bewertet erscheinen uns hingegen ausgewählte High-Yield-Anleihen mit hoher Kreditqualität, zumal sie im Vergleich zu Industrieländertiteln bessere Liquiditätskennzahlen haben, ihre Emittenten nicht so hoch verschuldet sind und sie bei der Aufnahme neuen Fremdkapitals verantwortungs­bewusster sind. Bereinigt um Unterschiede in der Kreditqualität bleiben Emerging-Market-Credits im Vergleich zu US-High-Yield günstig bewertet.

Optimistisch bleiben wir für Lokalwährungstitel; hier bleiben wir in unserer Modellallokation übergewichtet. Wir glauben, dass die Wachstumszweifel übertrieben sind und das Wachstum der Emerging Markets nicht so stark zurückgeht wie vom Marktkonsens erwartet. Dies gilt vor allem für China.

Außerdem glauben wir, dass die US-Dollarstärke des Jahres 2018 nachlassen könnte, da die Fed eine Zinspause einlegt und bei ihren Entscheidungen in Zukunft stärker auf die Konjunkturdaten achten dürfte. Unklar bleibt allerdings, welche Folgen dies im laufenden Jahr für die einzelnen Länder haben wird.

Denn auch länderspezifische Entwicklungen werden wichtig sein, und sie könnten das Wachstum insgesamt bremsen. Beispielsweise glauben wir, dass die Türkei 2019 in die Rezession fallen wird. Die Frage ist nicht, ob es dazu kommt, sondern wie schwer die Rezession sein wird. Für Südafrika wiederum, das sich von der Rezession in der ersten Jahreshälfte 2018 erholt, stellt sich die Frage, wie stark die Erholung ausfällt.

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