BNP Paribas: Robert-Alexandre Poujade - Biodiversität hat oberste Priorität

BNP Paribas: Robert-Alexandre Poujade - Biodiversität hat oberste Priorität
ESG

Das Bewusstsein für den Schutz der Biodiversität wirft immer mehr Fragen auf. Dies sei ein Warnsignal, um das Kapital der Natur zu erhalten, sagt Robert-Alexandre Poujade von BNP Paribas Asset Management.

03.01.2022 | 08:23 Uhr

Von Robert-Alexandre Poujade, ESG-Analyst bei BNP Paribas Asset Management

Was zählt Biodiversität in den Augen der Investoren? Sollte man sich über die Zerstörung des Habitats von Bienen oder Mangroven Sorgen machen? Hat die Bleichung von Korallenriffen Auswirkungen auf unsere Investitionen? Die Antwort ist «ja», wenn wir in landwirtschaftliche Lieferketten oder in den Tourismus investieren. Der Verlust der Leistungen solcher natürlicher Ökosysteme ist nicht nur erschreckend, sondern hat auch messbare Konsequenzen für Unternehmen und Investoren.

In der Tat sind Investoren mit einer Reihe von Risiken konfrontiert, die mit dem Kapital der Natur in Verbindung stehen. Das erste Risiko ist finanzieller Natur: Der Verlust der Leistungen der Ökosysteme, denen ein Wert zuzuschreiben ist, zieht Kosten nach sich, etwa für Investitionen in künstliche Bestäubung oder in die Bekämpfung der Bodendegradation oder Eutrophierung, der Erhöhung des Nährstoffgehalts in Böden zu Gewässern.

Verlust der Artenvielfalt

Wir sind mehr denn je auf natürliche Ressourcen und Leistungen der Ökosysteme angewiesen, um unseren Bedarf an Nahrung, Gesundheit und Energie zu decken. Bestäuber, wie zum Beispiel Bienen, stellen zwischen fünf und acht Prozent der weltweiten Nahrungsmittelproduktion sicher. Dennoch erleben wir den Verlust der Artenvielfalt und das Verschwinden vieler Arten.

Dieser Rückgang hat sich trotz wiederholtem politischem Engagement beschleunigt. Deshalb fordern heutzutage viele Stimmen ein ehrgeizigeres Abkommen in Bezug auf die Biodiversität, wie es das Pariser Abkommen für das Klima vorsieht. Denn der Zusammenhang zwischen Klima und Biodiversität ist untrennbar.

Das Jahr 2021 wird das Jahr der Biodiversität: Die Vertragsstaaten-Konferenz zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt (COP 15) wird in Kunming, China, stattfinden und könnte ehrgeizige Ziele zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Biodiversität beschliessen. In der Tat hat sich am 11. Januar 2021 auf dem One Planet Summit die Coalition of High Ambition for Nature and People unter dem gemeinsamen Vorsitz von Frankreich und Costa Rica, die 50 Staaten umfasst, dazu verpflichtet, 30 Prozent des Planeten (Land und Meer) bis 2030 unter Schutz zu stellen.

Rasche Zusagen

Diese Koalition hofft auf rasche Zusagen der G20-Länder (Kanada, Japan oder Großbritannien), aber auch der Megadiversity-Länder (Kolumbien, Ecuador oder Peru), um sicherzustellen, dass diese Zusagen die Grundlage für das Abkommen der Vereinten Nationen in Kunming, China, bilden.

Biodiversität und wirtschaftliche Aktivität sind eng miteinander verbunden. Der Wert aller von der Natur erbrachten Leistungen beträgt schätzungsweise 125 Milliarden Dollar pro Jahr, was fast dem doppelten Bruttoinlandprodukt der Weltwirtschaft entspricht. Es besteht also dringender Handlungsbedarf, um die Situation umzukehren, auch auf die Gefahr hin, dass wir nicht mehr in der Lage sein werden, weder unser derzeitiges Wirtschaftswachstum aufrecht zu erhalten noch die Bewohnbarkeit unseres Planeten sicherzustellen.

Ein Warnsignal

Das Bewusstsein für die Bedeutung des Schutzes der Biodiversität wirft immer mehr Fragen zu Themen wie Abholzung, Herkunft unserer Lebensmittel und Bodenqualität auf. Dies ist ein Warnsignal, das immer lauter wird, um das Kapital unserer Natur zu erhalten.

Langfristig orientierte Investoren müssen daher eine Rolle dabei spielen, Firmen zu ermutigen, ihre Auswirkungen auf die Biodiversität zu reduzieren. Sie fordern zunehmend Transparenz in Bezug auf die Auswirkungen ihrer Anlagen, wie zum Beispiel im Kampf gegen die Plastikverschmutzung oder die Abholzung von Wäldern.

Komplexes Thema

Biodiversität ist ein komplexes Thema – sie wird durch unterschiedliche Belastungen (Klimawandel, Wasser, Bodenveränderung, Verschmutzung) und auf unterschiedliche Art und Weise (Anzahl und Abundanz von Arten, Genen, Funktionen...) beeinflusst – oft im Vorfeld der Wertschöpfungskette.

Der Mangel an wesentlichen greifbaren Daten über die Auswirkungen von Unternehmen auf die Biodiversität und die Ökosysteme ist ein großes Hindernis bei der Entwicklung von Investitionsstrategien, die Biodiversitäts-Thematiken integrieren. Trotz der Komplexität dieser Aufgabe ergreifen Vermögensverwalter Initiativen, um auf die Fragen und Anforderungen ihrer Kunden einzugehen und Bewegung in die Sache zu bringen.

Entscheidendes Projekt

Bei BNP Paribas Asset Management haben wir eine Unternehmensstrategie, die auf nachhaltigem Investment beruht und insbesondere Kriterien zum Erhalt unserer Umwelt berücksichtigt. Wir engagieren uns konkret in diesem Bereich, indem wir den ökologischen Fußabdruck zu Wasser und Wald unserer Investitionen messen und veröffentlichen.

Der Zugang zu Daten bleibt der Knackpunkt, und wir arbeiten nunmehr mit einem Datenanbieter zusammen, der ein Tool entwickelt, mit dem sich die Auswirkungen von Investitionen auf die Biodiversität werden messen lassen. Dies ist ein ehrgeiziges und entscheidendes Projekt, um unsere Stakeholder über die Auswirkungen unserer Portfolios auf die Biodiversität zu informieren, aber auch um Investitionslösungen für den Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität vorzuschlagen.

Robert-Alexandre Poujade ist seit 2015 ESG-Analyst bei BNP Paribas Asset Management. Er ist für die Sektoren Finanzwerte, Basiskonsumgüter, Einzelhandel, Forstwirtschaft, Verpackung, Chemie und Agrochemie zuständig. Er hat einen Master in Management mit Schwerpunkt Finanzen von der ESCP Europe Business School.

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