Uwe Rathausky, ACATIS GANÉ Value Event Fonds: „Wir haben das Virus unterschätzt“

„Der Untergang wird aber wie schon bei allen vorhergehenden Krisen nicht eintreten“, sagt Rathausky. Dennoch geht er davon aus, dass manche Unternehmen verschwinden. „Andere werden stärker denn je aus der Krise hervorkommen“

14.05.2020 | 14:30 Uhr von «Jörn Kränicke»

Herr Rathausky, Ihr Fonds hat im Crashmonat März ebenfalls deutlich eingebüßt. Hatten Sie die Auswirkungen des Virus unterschätzt?

Eindeutig. Zumal uns selbst Virologen lange keine eindeutige Meinung lieferten. Im Grunde genommen waren wir mit 33 Prozent Investitionsquote in Liquidität und geldmarktnahen Anleihen per Ende Februar robust positioniert. Aber 67 Prozent Aktienquote war im Nachhinein betrachtet zu viel für den schnellsten und dramatischsten Absturz in der Börsengeschichte. Hinzu kam, dass unser Timing, die Liquidität einzusetzen, nicht optimal war und unsere „AAA“-Anleihen in norwegischen Kronen stark gegenüber dem Euro verloren, weil die Währung zwischenzeitlich um fast 30 Prozent abwertete. Deswegen konnten wir den Drawdown nicht so gut abfangen wie in den Jahren 2009, 2011, 2015 oder 2018. Wir waren zu sehr auf die greifbareren Risiken aus weltweiten Schulden, negativen Zinsen, technologischen Umbrüchen und fehlender Marktliquidität fokussiert. Dieses Weltbild ist übrigens unverändert intakt.

War das ein Grund, aktiv zu werden oder business as usual zu betreiben?

Aktivität zu zeigen in Phasen starker Marktverwerfungen ist für uns nichts Ungewöhnliches, weil wir gern Kapital zum Arbeiten bringen, wenn die Kanonen donnern. So haben wir es auch dieses Mal gemacht. Allerdings fiel der Charaktertest stärker als gewöhnlich aus, weil wir zu einem Zeitpunkt die Aktienquote antizyklisch erhöhten, als wir bereits selbst einen ungewöhnlich starken Drawdown zu verkraften hatten. Es war aber die richtige Entscheidung. Unsere These im März war: Die Welt wird Corona überstehen, mit noch mehr Schulden und niedrigsten Zinsen. Wer sein Kapital langfristig erhalten und vermehren möchte, der muss eine gewisse Volatilität tolerieren und gleichzeitig auf die künftigen Gewinnerunternehmen setzen. Und diese konnten wir im März sehr günstig erwerben.

Die Aktienquote ist auf über 80 Prozent gestiegen

Wie sieht die Allokation heute aus und wie haben Sie das Portfolio in den vergangenen Wochen verändert?

Wir haben die Aktienquote im März auf 84 Prozent erhöht und stehen heute bei 81%. Hochgewichtet sind digitale Plattformunternehmen wie Amazon, Microsoft, Alphabet, Apple, SAP und Wix.com, denen die Corona-Krise nicht viel ausmacht. Im Gegenteil, die Krise beschleunigt sogar den langfristigen Trend zur Digitalisierung. Daneben gab es zahlreiche Dividendenaristokraten wie Allianz, Bayer und Munich Re zum Ausverkaufspreis. Sie sind von der Krise nur überschaubar betroffen, hatten aber Ausschüttungsrenditen von fast 10% und waren im Kurs völlig übertrieben gefallen.

Wird die Welt nach der Krise wirklich eine andere sein oder ist hier von vielen übertrieben worden?

Natürlich ist hier von vielen Untergangspropheten übertrieben worden. Sie haben in jeder Krise Hochkonjunktur. Und sie tragen dazu bei, dass Anleger nervös werden und ihre Depots zum falschen Zeitpunkt liquidieren. Der Untergang ist aber wie schon bei allen vorhergehenden Krisen nicht eingetreten. Manche Unternehmen werden verschwinden, andere werden dafür stärker denn je aus der Krise hervorgehen. Nichts ist so beständig wie der Wandel. Für uns als aktiver Investor ist das prima.

Gibt es Dinge, die die Krise nachhaltig ändern wird?

Ja, selbst wenn wir Menschen in vielen Dingen wieder in unsere alten Muster zurückfallen werden, so dürften sich doch einige permanente Verhaltensänderungen einstellen.

An welche Verhaltensänderungen denken Sie?

Zum Beispiel an Remote Work als Megatrend, bargeldloses Bezahlen, redundante Lieferketten oder die Aufrüstung der weltweiten Gesundheitssysteme.

Rächen sich nun eigentlich bei vielen Unternehmen die Aktienrückkaufprogramme?

Das kommt ganz darauf an. Starke Unternehmen wie Alphabet, Apple, Microsoft oder Novo Nordisk ziehen ihre Programme auch in der Krise durch. Berkshire Hathaway sollte sogar jetzt erst richtig gierig werden, aber Warren Buffett zögert noch. Aber in der Tat, viele der weltweiten Aktienrückkaufprogramme, die nun eingestellt werden, waren wertvernichtend. Entweder sie dienten dazu, dem Management die Aktienoptionen abzusichern, oder sie verdrängten Investitionsalternativen mit besseren Kapitalverzinsungen.

„Die Notenbanken sind sehr erfolgreich“

Welche Auswirkungen erwarten sie für die Bondmärkte? Kommen nun Eurobonds und die gemeinsame europäische Einlagensicherung?

Das weiß ich nicht. Die Monetarisierung der Staatsfinanzen wird aber voranschreiten. Und was die Bond-Märkte angeht, im Non-Investmentgrade-Bereich werden die Ausfälle sicher ansteigen. Die Notenbanken sind aber sehr erfolgreich darin, im Investmentgrade-Bereich die Spreads zu schließen. Selbst Unternehmen, denen es nicht so gut geht, können am Primärmarkt riesige Anleihevolumina zu extrem günstigen Konditionen platzieren. Das hatten wir noch im März so nicht erwartet. Wir gingen von großen Verwerfungen und reihenweise Pleiten von Zombie-Firmen aus. Heute stellt sich dagegen die Frage, ob eine größere Bereinigung nicht im Keim systematisch erstickt wird.

Wird es insoweit überhaupt verstärkt zu Verstaatlichungen und Staatsbeteiligungen kommen?

Die eine oder andere prominente Staatsbeteiligung wird es vermutlich geben, überwiegend aber staatsgarantierte Kredite. Bei der Lufthansa halte ich eine temporäre Staatsbeteiligung für notwendig und auch für sinnvoll. Dem Konzern wurde unverschuldet und behördlich verordnet ein zwar wenig rentables, aber doch funktionierendes Geschäftsmodell eingestellt. Anders verhält es sich zum Beispiel mit Thyssen-Krupp. Hier würde nicht die Corona-Krise, sondern jahrelange Misswirtschaft den staatlichen Hilferuf auslösen. Und würde er erhört, spielten Erwägungen wie aktive Industriesteuerung und Klientelpolitik eine wesentliche Rolle.

Wir setzen auf keine Schönwettergeschäftsmodelle"

Muss man jetzt anders anlegen, also in anderen Regionen oder Branchen?

Regional sehe ich das nicht, branchenbezogen allerdings schon. Daher wenden wir uns verstärkt den Unternehmen zu, die operativ von der Krise gar nicht oder zumindest nicht so stark betroffen sind. Übel ist es, wenn Unternehmen die Erträge wegbrechen, aber die Kosten bleiben. Dann geht die Liquidität schnell verloren. Wir machen deswegen weiterhin einen Bogen um industrielle und mobilitätslastige Branchen wie Luftfahrt, Tourismus, Maschinenbau und Autohersteller. Ebenso Banken.

Wie reagieren Ihre Anleger?

Sehr besonnen. Ein großes Lob an jeden Einzelnen. Ich habe das Gefühl, dass wir als Investoren in unserem Fonds noch stärker zusammengerückt sind. Wir haben immer sehr transparent und ehrlich kommuniziert, die Nähe zu unseren Kunden gepflegt und bleiben mit unserer Investmentphilosophie auf Kurs. Dafür steht GANÉ. Das hat sich ausgezahlt.

Was erwarten Sie noch für das Börsenjahr 2020?

Schwer zu sagen, nach der Achterbahnfahrt im März und April sollte die Volatilität wieder nachlassen. Wichtig ist: Wir setzen auf keine Schönwettergeschäftsmodelle. Unsere Unternehmen sind sehr robust und sie werden in ein paar Jahren noch stärker und erfolgreicher sein als heute. Und das wird sich über die Jahre in den Kursen positiv abbilden.

Zur Person:

Uwe Rathausky arbeitete während seines Studiums der Wirtschaftswissenschaften unter anderem als Analyst bei der Dr. Jens Ehrhardt Kapital AG. Zwischen 2003 und 2007 war Rathausky bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG tätig. 2007 promovierte Rathausky und gründete gemeinsam mit Henrik Muhle die Gané Aktiengesellschaft.

Aktienlastige Mischfonds Perf. 2020 Perf. 3 Jahre Perf. 5 Jahre Perf. 10 Jahre ISIN
Adelca VI Multi Asset -7,9 17,1 28,2 174,9 LU0328114854
Capital Growth Fund -9,7 22,0 22,1 118,4 DE000DWS0UY5
DWS ESG Multi Asset Dynamic -8,4 3,9 17,0 98,9 LU0198959040
Acatis Gané Value Event Fonds -5,1 15,3 25,3 93,6 DE000A0X7541
MFS Gl. Total Return A1 € -7,6 3,9 14,1 83,2 LU0219418836
FIDES Europa -6,8 -7,7 -1,2 79,7 LU0147480593
SK Invest Flexibel A -3,2 7,6 17,9 75,0 LU0328547376
BGF Global Allocation A2 € -2,0 8,0 15,1 74,7 LU0171283459
Kepler Vorsorge Mixfonds T -11,3 -0,4 7,0 74,6 AT0000722640
BGF Global Allocation A2 $ -1,9 8,3 15,4 72,7 LU0072462426
GS&P Fonds GAP -5,7 8,2 10,1 70,0 LU0327378971
Allianz Strategie Balance -8,8 0,4 5,8 69,7 DE0009797258
JPM Asia Pacific Income A dist $ -10,2 -2,9 5,6 69,2 LU0117844026
Oddo BHF Polaris Flexible -2,7 3,7 5,8 68,9 LU0319572730
Threadn. Gl. Dyn. Real R. AU -0,9 8,1 12,7 68,6 LU0061474705
FvS Multi Asset Balanced R -3,6 6,8 17,1 67,6 LU0323578145
Oddo BHF Polaris Balanced EUR -7,6 3,2 11,0 67,3 LU0319574272
UBS (L) SF Balanced USD P-acc -7,5 2,4 13,9 67,1 LU0049785792
BFI Progress (CHF) R CHF -6,1 3,9 5,8 66,8 LU0127027950
Phaidros Balanced A -2,5 13,2 23,6 66,6 LU0295585748
MEAG EuroBalance -1,7 1,8 5,9 66,3 DE0009757450
Raiffeisen-Nachhaltigkeitsfonds-Mix T -5,8 8,4 15,9 64,7 AT0000805361
Raiffeisen-Nachhaltigk.-Mix VT -5,8 8,3 15,9 64,6 AT0000785381
Deka BR 55 -6,3 5,8 12,2 64,4 DE0005424550
Franklin Income A Mdis $ -9,6 -2,7 4,2 64,1 LU0098860793
Janus H. Balanced A €-hdg -7,4 12,5 16,8 63,6 IE0009514989
Mauselus -5,8 5,9 13,8 62,9 DE000A0DPZF6
Fidelity Growth & Income A -6,8 3,9 14,7 62,6 LU0138981039
JB MCO Strategy Balanced CHF B -4,0 2,0 0,0 62,2 LU0047988216
SWC (LU) PF Balanced A -3,8 3,8 4,6 62,0 LU0112803316
Substanz-Fonds -7,3 4,3 11,3 61,6 DE000A0NEBQ7
MB Fund - Max Global -11,8 -5,7 -4,8 60,2 LU0230368945
Swissca Green Inv. Bal. -2,5 8,3 10,4 60,2 LU0136171393
DWS Vorsorge AS (Flex) -10,0 -1,7 7,7 59,1 DE0009769893
UBS (L) SF Balanced CHF P-acc -7,5 -1,7 -2,3 59,1 LU0049785289
JSS GlobalSar Balanced P € dis -4,2 6,3 11,3 58,7 LU0058893917
FIDUKA Dynamic UI -10,8 -6,0 0,7 58,4 DE000A0M8WW1
StarCapital Strategy 1 -7,8 -4,9 3,8 57,8 LU0350239504
UBS (Lux) All-Rounder P -5,7 6,0 15,1 57,4 LU0397594465
CS (L) PF Balanced USD B $ -4,1 6,8 13,8 55,2 LU0078041133






Stand: 12.5.20




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