Geheimtipp Griechenland
Pleitestaat Griechenland? Das war einmal. Heute überzeugt das Land mit solider Finanzpolitik, den höchsten Wachstumsraten in Europa und starken Unternehmen.27.08.2025 | 07:15 Uhr von «Matthias von Arnim»
Als Urlaubsdomizil ist Griechenland leider kein Geheimtipp mehr. Immer mehr Sonnensuchende aus Europas Norden haben die ägäischen Inseln für sich entdeckt. Wer einmal da war, kommt wieder. Und das gilt nicht nur für Europäer. Es gibt seit ein paar Jahren sogar Direktflüge von New York nach Mykonos, Santorin und Korfu. Griechenland boomt. Mit dem Nebeneffekt, dass auch die Preise steigen. Wer Hellas immer noch für ein preiswertes Reiseland hält, wird vor Ort mittlerweile schnell eines Besseren belehrt. Während diejenigen allmählich verzweifeln, die blauen Himmel und schimmerndes Meer zum Schnäppchenpreis buchen wollen, freuen sich Investoren über die positiven wirtschaftlichen Entwicklungen unter der griechischen Sonne.
Vielen Anlegern ist Griechenland noch als der als nicht reformierbar geltende Pleite-Staat in Erinnerung, der den Euro fast in den Abgrund gerissen hätte. Doch diese Zeiten sind vorbei. Die Rosskur der Troika und der radikale Schuldenschnitt haben gewirkt. In den vergangenen Jahren hat sich die griechische Wirtschaft merklich stabilisiert. Heute hat das Land die stärksten Wachstumszahlen in der Europäischen Union. Das BIP pro Kopf ist zwischen 2019 und 2024 um über elf Prozent gestiegen. Das Wachstum stützt sich vor allem auf den Dienstleistungssektor, insbesondere Tourismus sowie Handel und Verkehr, die über die Hälfte des gesamten 2,3-prozentigen BIP-Wachstums ausmachen. Der Bausektor erlebt eine kraftvolle Erholung. Ein Beleg dafür ist die mehr als 84 Prozent gesteigerte Produktionsleistung im Vergleich zu 2017. Die maritime Industrie bleibt ein zentraler Pfeiler der Wirtschaft: Griechenland kontrolliert die weltweit größte Handelsschiffsflotte, und Werften wie Skaramangas erleben ein fulminantes Comeback. Das Land setzt zudem auf Erneuerbare Energien, insbesondere Solarenergie, die sich in den letzten Jahren verdoppelt hat, und auf einen innovativen Technologiesektor, der durch Start-up-Investitionen und digitale Infrastruktur gestärkt wird. Hinzu kommen kräftige private Investitionen und ausländische Zuflüsse, die durch EU-Förderprogramme unterstützt werden. Insgesamt zeigt sich Griechenland auf einem stabilen Wachstumspfad – getragen von einem diversifizierten Wirtschaftsgefüge, das nunmehr deutlich widerstandsfähiger und zukunftsorientierter ausgerichtet ist.
Vom Pleitestaat zum soliden SchuldnerEin gewichtiger Faktor für mehr Vertrauen in Griechenland und damit auch ein Plus bei der Akquisition von ausländischen Investoren ist die verbesserte Lage bei den Staatsschulden: Griechenland tilgt bisherige Notkredite aus dem Bailout-Programm früher als geplant. Die Schuldenquote, einst jenseits der 200 Prozent des BIP, sinkt deutlich und wird laut EU-Schätzungen im laufenden Jahr wohl auf rund 147 Prozent fallen. Das ist immer noch ein bemerkenswert hoher Satz. Der Trend zeigt aber in die richtige Richtung – ganz anders als in Frankreich oder Italien. Und so werden griechische Staatsanleihen mittlerweile höher bewertet als französiche oder italienische.
Steuerreform und weniger SchattenwirtschaftWas auch erwähnt werden muss: Die offiziellen Zahlen zeigen nur die sichtbaren Entwicklungen. Immer noch zu viel bleibt im Verborgenen. Geschätzt rund 22 Prozent der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit ist dem Bereich der Schattenwirtschaft zuzuordnen. Korrekt Steuern zu zahlen, gilt vielen griechischen Unternehmern, Selbständigen, Gast- und Hotelwirten immer noch als unverbindliche Empfehlung und nicht als Gebot. Doch auch hier gibt es einen erfreulichen Trend. Im sogenannten informellen Wirtschaftssektor zeichnet sich ein positiver Strukturwandel ab: Die Schattenwirtschaft schrumpft, unter anderem durch ein verbessertes Steuermanagement und klarere rechtliche Rahmenbedingungen. Das verringert fiskalische Risiken und erhöht das Vertrauen in die Stabilität des Wirtschaftssystems. Dazu wird voraussichtlich auch die geplante Steuersenkung beitragen, die der griechische Premierminister Mitsotakis im September verkünden will. Zwar sind Details bislang noch unbestätigt, doch Analysten rechnen mit einer Mischung aus Senkung der Unternehmenssteuer und steuerlichen Entlastungen für private Konsumenten. Diese Maßnahme dürfte den Konsum ankurbeln, die Unternehmensgewinne stärken und so die Aktienmärkte Griechenlands zusätzlich beflügeln.
Börsenboom am Fuße der AkropolisDie Kombination aus makroökonomischer Erholung und politischen Reformen haben in den vergangenen drei Jahren am Kapitalmarkt bereits für gute Stimmung gesorgt.
Insbesondere in den vergangenen zwölf Monaten haben sich die drei Griechenland-Aktienfonds, die in Deutschland handelbar sind, bemerkenswert gut entwickelt. An erster Stelle zu nennen ist hier der Amundi MSCI Greece UCITS ETF (ISIN FR0010405431). Der Indexfonds folgt synthetisch dem MSCI Greece Index und bietet eine breite Streuung über Large-, Mid- und Small-Cap-Unternehmen Griechenlands. Der ETF hat ein Fondsvolumen von rund 222 Millionen Euro, weist eine TER von 0,45 % jährlich auf und schüttet Erträge einmal jährlich aus. Amundi bietet mit dem ETF eine effiziente Möglichkeit, die gesamte Aktienlandschaft Griechenlands abzubilden. Der Expat Greece ASE UCITS ETF (ISIN BGGRASE06174) hat ähnliche Grundlagen, fokussiert sich aber stärker auf den Athens Stock Exchange Index (ASE), also primär auf größere griechische Unternehmen. Der HELLAS Opportunities Fund P (ISIN LU0920841326) als einziger aktiv gemanagter Fonds bietet flexible Strategien und Stock-Picking nach gelebtem Bottom-Up-Ansatz. Hier kann zwar eine höhere Managementgebühr anfallen, aber im aktuellen Marktumfeld, in dem einzelne Unternehmen von Reformen und Schuldenabbau besonders profitieren, bietet der aktive Ansatz die Chance, Überrenditen zu erzielen, insbesondere bei unterbewerteten Wachstumswerten.
| ISIN | Name | Perf. lfd. Jahr | Perf. 1 Jahr | Perf. 3 Jahre p.a. | TER |
|---|---|---|---|---|---|
| FR0010405431 | Amundi MSCI Greece UCITS ETF Dist | 53,25% | 56,18% | 37,10% | 0,45% |
| BGGRASE06174 | Expat Greece ASE UCITS ETF | 43,80% | 47,46% | 29,20% | 1,38% |
| LU0920841326 | HELLAS Opportunities Fund P | 35,61% | 37,41% | 30,90% | 2,47% |
| EU0009658145 | EURO STOXX 50 | 10,11% | 9,84% | 13,30% |
Positiv aus Anlegersicht: Alle drei Fonds haben sich in den vergangenen drei Jahren deutlich positiver entwickelt als zum Beispiel der EURO STOXX 50 Index. Doch von einer Börsenblase oder einer Überbewertung griechischer Unternehmen kann noch lange keine Rede sein. Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der griechischen Aktien im MSCI Greece liegt aktuell bei etwa 9,16 (berechnet auf Basis der letzten 12 Monate), während das vorausschauende KGV (Forward P/E) bei etwa 8,59 liegt. Damit zeigen griechische Aktien im Vergleich zu vielen anderen Märkten zurzeit vergleichsweise niedrige Bewertungskennzahlen. Für ein Hellas-Investment ist es also noch nicht zu spät. Anders als die wunderschönen Inseln sind Griechenlands Aktien also immer noch ein Geheimtipp.