US-Shutdown 2025: Warum die Aktienmärkte gelassen reagieren
Der US-Shutdown sorgt an den Finanzmärkten nur für moderate Bewegungen. Doch Experten wie Kevin Thozet (Carmignac) und Eric Winograd (AllianceBernstein) warnen: Fehlende Arbeitsmarktdaten, sinkendes Verbrauchervertrauen und politische Unsicherheit könnten die Fed in eine schwierige Lage bringen.01.10.2025 | 13:50 Uhr
Gelassene Märkte trotz politischer Blockade
Der erste US-Shutdown seit 2018 hat die internationalen Aktienmärkte bislang kaum verunsichert. „Der Euro und der Yen legten zu, während der US-Dollar schwächer wurde“, sagte Kevin Thozet, Mitglied des Investment-Komitees bei Carmignac. In den USA gaben die Börsen leicht nach, während Europa und Asien teilweise sogar Kursgewinne verzeichneten. Auch der Volatilitätsindex VIX sei gestiegen – allerdings von einem niedrigen Niveau.
Déjà-vu: Shutdowns als politischer Dauerbrenner
Dass die Märkte bislang gelassen reagieren, liegt laut Thozet auch daran, dass es sich nicht um ein neues Phänomen handelt. Seit 1976 ist es bereits das 22. Mal, dass es in den USA zu einer Stilllegung der Verwaltung kommt. „Viele Investoren werten Shutdowns als politischen Zirkus und gehen von kurzer Dauer aus“, so der Carmignac-Experte. Doch gerade deshalb werde oft übersehen, dass die zugrunde liegenden ökonomischen Dynamiken erhebliche Risiken bergen.
Fed ohne Daten
Arbeitsmarkt und Inflation im Nebel Sowohl Thozet als auch Eric Winograd, Chief US Economist bei AllianceBernstein, sehen eine besondere Gefahr in den fehlenden Konjunkturdaten. Sollte der Stillstand länger andauern, könnten die für Anfang Oktober geplanten Arbeitsmarktdaten (Non-Farm Payrolls) nicht veröffentlicht werden. „Eine längere Pause könnte die geldpolitischen Entscheidungen der Fed behindern – gerade an einem potenziellen wirtschaftlichen Wendepunkt“, betonte Winograd. Auch die Inflationsdaten (CPI), die Mitte Oktober erscheinen sollten, könnten sich verzögern. Für die Federal Reserve wäre das ein erhebliches Problem: Schon jetzt ringt die Notenbank mit der Frage, wie sie einen schwächelnden Arbeitsmarkt mit Inflationsrisiken in Einklang bringen soll. Fehlende Daten erschweren diesen Balanceakt erheblich.
Belastungsprobe für Verbraucher und Beschäftigte
Neben den statistischen Lücken warnt Winograd vor realwirtschaftlichen Folgen. Millionen von Bundesangestellten und Soldaten erhalten während des Shutdowns kein Gehalt. „Das könnte das Verbraucherklima zusätzlich belasten, das ohnehin unter Druck steht“, erklärte er. Zwar sei der Anteil der Staatsangestellten an der Gesamtbeschäftigung mit rund 1,8 Prozent überschaubar, doch könnten längere Ausfälle beim Konsum deutliche Spuren hinterlassen.
Rückblick: Historische Erfahrungen mit Shutdowns
Während der letzten großen Stilllegung Ende 2018 beliefen sich die Kosten laut dem Congressional Budget Office auf rund elf Milliarden US-Dollar. Dauerhaft verloren gingen jedoch nur etwa drei Milliarden – rund 0,02 Prozent des BIP. „Bisher waren die wirtschaftlichen Folgen von Shutdowns begrenzt. Doch diesmal könnte das Zusammenspiel mit der aktuellen Konjunkturschwäche gravierender sein“, so Winograd.
Politische Unsicherheit als Dauerfaktor
Unklar bleibt zudem, ob die Regierung zusätzliche Maßnahmen wie Ausgabenkürzungen oder Programmverlängerungen – etwa bei Missionen – einleiten wird. Thozet spricht von einer „anhaltend hohen politischen Unsicherheit“ auf der anderen Seite des Atlantiks. Für Anleger bedeute das: Auch wenn die Marktreaktionen aktuell ruhig bleiben, könnten Fed, Verbraucher und Unternehmen schon bald stärker betroffen sein. (jk)