Fonds versus Fonds: Mischfonds abseits des Mainstreams Teil 1
In der Reihe „Fonds versus Fonds“ stellt der Maklerpool Fonds Finanz für TiAM FundResearch zwei unterschiedliche Fonds der gleichen Kategorie gegenüber und analysiert deren Zukunftsaussichten. Diese Woche: Value Intelligence ESG versus Dimensional World Allocation 60/40. Teil 1: der Value Intelligence ESG im Porträt25.09.2025 | 10:15 Uhr
Fünfzehn Jahre lang versorgten die Aktienmärkte Anleger mit außergewöhnlichen Renditen. Allen Krisen zum Trotz stehen für eine globale Aktienanlage seit 2010 über elf Prozent pro Jahr zu Buche, das ist eine Vervierfachung der Kurse. Gleichzeitig verändert sich die Welt in rasantem Tempo. Globale Machtzentren verschieben sich. Das KI-Zeitalter beginnt und führt voraussichtlich zu einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Revolution. Doch sind Anlegerportfolios auf diese strukturellen Veränderungen vorbereitet?
Investoren sorgen sich derweil um die Zukunftsaussichten und die Stabilität der Märkte. Nie war der US-Aktienmarkt, der für fast 65 Prozent des Weltaktienmarktes steht, mit einem erwarteten KGV von 22 oder einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von über drei höher bewertet. Auch in der Dotcom-Blase 2000 nicht, trotz hoher Unsicherheiten rund um die US- und Weltwirtschaft. Zusätzlich sind die USA von so wenigen Aktien abhängig wie nie zuvor. Fast 40 Prozent des S&P 500 Index verteilen sich auf die zehn größten Titel. Gleichzeitig investieren Unternehmen in einem bisher unerreichten Ausmaß und setzen (fast) alles auf eine Karte: Künstliche Intelligenz. Über 320 Mrd. US-Dollar pumpen die führenden Tech-Firmen Alphabet, Amazon, Meta und Microsoft 2025 in KI-Infrastruktur. Ausgang ungewiss.
Und Anleger? Investieren fast ausschließlich in marktgewichtete ETFs. Vor allem in den USA, aber auch in Deutschland. Solche ETFs bilden konzentrierte Indizes wie den S&P 500 oder den MSCI World ab. Bei aktiv verwalteten Fonds, die sich zunehmend von hohen Gewichtungen in US-Big-Tech abgewendet haben, findet dagegen ein Exodus statt. Selbst die besten und beständigsten Fondsvertreter erhalten, nur einen Bruchteil der Mittel von Indexfonds.
Die Anleiheseite, die für Mischfonds und Anleger einst ein Hort der Sicherheit war, strauchelt zunehmend unter der hartnäckigen Inflation und den unaufhörlich steigenden Staatsschulden. Die Vereinigten Staaten werden 2025 bis zu 18 Prozent ihres Haushalts für Zinszahlungen aufbringen, während sich Frankreich gegen Reformen sträubt und unter fast 120 Prozent Staatsschuldenquote und sechs Prozent Haushaltsdefizit ächzt. Aus diesem Grund steigen die Renditen und setzen Anleihekurse unter Druck, obwohl Zentralbanken ihre Leitzinsen senken. Finanzielle Repression, mit künstlich niedrigen Zinsen und damit negativen Realrenditen, scheint der einzige Ausweg für hoch verschuldete und wachstumsschwache westliche Volkswirtschaften.
Die Notwendigkeit, das eigene Vermögen jenseits von Aktien und Anleihen zu diversifizieren, hat aktuell nur ein kleiner Teil der Privatanleger und Fondsprofis erkannt. Anders ist der niedrige Portfolioanteil an Rohstoffen und vor allem Gold, deren Allokation in Deutschland und auch jenseits des Atlantiks bei weit unter 3 Prozent vegetiert, kaum zu erklären. In den USA herrschen jetzt die „White House-Economics“ anstelle eines freien Marktes. Daher kann selbst der einst sicherste aller Häfen, der US-Dollar, seiner Rolle künftig nur bedingt gerecht werden. In einer Welt, in der Geostrategie den Vorrang vor Handels- und Wirtschaftspolitik erhält, werden Währungsveränderungen stärker ausfallen und ein dynamischeres Management benötigen. Das gilt nicht nur auf (Misch-)Fondsebene, sondern auch auf Portfolioebene, beispielsweise bei Verwendung nicht-aktiver Fondsstrategien. Mischfonds waren einst die Wunderkinder der Fondsbranche. Doch enttäuschende Ergebnisse, u. a. während des Rentencrashs, die zur Paradedisziplin von Multi-Asset-Fonds hätten gehören sollen, trübten die Lust von Beratern und Anlegern auf diese Alleskönner. Kein Grund jedoch, den Kopf in den Sand zu stecken. Schließlich gibt es sie, die vorausschauenden und mutigen Fondsmanager sowie die unverwechselbaren Fondskonzepte, die überzeugt und Rendite geliefert haben. Gleichzeitig sind sie für eine Welt im Umbruch aufgestellt.
Value Intelligence ESG: Lizenz zum Vermögenserhalt
Es gibt Fondsmanager mit Teams aus unzähligen Strategen und Analysten. Ihr Portfolio unterscheidet sich dennoch kaum vom Markt. Und es gibt Stefan Rehder, Gründer von Value Intelligence Advisors und Manager des VIA ESGFonds , der 2017 aufgelegt wurde. Er und sein einziger Researchanalyst Thomas Wiedemann erzielten über 5 Jahre eine Rendite von 7,1 Prozent pro Jahr (7,6 Prozent in der Insti-Anteilsklasse) und damit, trotz Kosten und Beratervergütung, eine Outperformance von 0,3 Prozent zu einer 60/40-Aktien-Renten-Benchmark sowie über 3,5 Prozent jährlich zur Kategorie Mischfonds Aktien+Anleihen/Welt.
Nur wenige Fonds sind so atypisch aufgestellt wie Rehders Fonds. Die Benchmark-Überschneidung beträgt 0 Prozent. Bei einem Durchschnitts-Mischfonds sind das dagegen stolze 79 Prozent. Weder NVIDIA noch Microsoft sind enthalten, dafür Gold- und Platinminen, Telekomfirmen aus Singapur und den USA, ebenso viele Nebenwerte und asiatische Aktien. Das Resultat für Anleger neben mehr Ertrag? Trotz einer beständigen Aktienquote von 50 bis 60 Prozent erzielte der VIA ESG fast 50 Prozent geringere maximale Verluste und ein Beta von unter 0,6 zur Benchmark und Kategorie.
Diese erstaunlichen Kennzahlen sind aber nur das Ergebnis eines systematisch risikoaversen Value-Ansatzes. Rehder nennt Warren Buffett und den ehemaligen First Eagle Manager Jean-Marie Eveillard seine stilistischen Vorbilder. Statt gehypten Börsenschwergewichten hinterherzulaufen, investiert er in Unternehmen, deren qualitatives Geschäftsmodell hohe Cash-Flows generiert. Nur 38 Titel sind im Fonds, wobei keine Aktie mehr als 5 Prozent gewichtet ist. Bei der Bewertung macht er als Value Investor keine Abstriche. Jedoch kommt der Management- und Aktienqualität ebenfalls eine große Bedeutung zu, u. a. ausgedrückt durch Preissetzungsmacht und stabile Gewinne.
Um das ihm anvertraute Fondsvermögen, 300 Mio. Euro in diesem und fast 200 Mio. Euro im Schwesterfonds, vor einem Stagflationsszenario zu schützen, vernachlässigt er niemals makroökonomische Auswirkungen wie so viele andere Fonds/ETFs. Edelmetalle (acht Prozent) und Minenunternehmen (14 Prozent), auf die er schon seit Jahren als Inflationsversicherung setzt, aber auch KI-Infrastruktur- und Clean-Energie-Unternehmen zu niedrigen Bewertungen, führten den VIA-Fonds 2025 unter die besten drei Prozent und über fünf Jahren zu den besten zehn Prozent aller Mischfonds. Ähnlich defensiv und vorsichtig wie die Aktien- ist auch die Anleiheseite strukturiert, wo in ein Polster aus Bankguthaben und kurz laufenden Euro- oder Hartwährungsanleihen investiert wird. Je mehr attraktiv bewertete Aktien das Team findet, desto geringer fällt die Anleiheportion aus.
Nur wenige Fonds vermochten mit einem Value-Ansatz über so viele Jahre fernab des Renditebringers „US-Tech“ solche Renditen bei gleichzeitig verlässlicher Risikokontrolle zu liefern. Rehders Aktien- und Anleiheuniversum ist aufgrund der begrenzten Teamressourcen naturgemäß eingeschränkt. Dennoch kann der Value Intelligence ESG Fonds – vor allem vorsichtigeren, aber auch US-Aktien zugeneigten Anlegern – eine einzigartige Portfoliobereicherung bieten. Abseits des Mainstreams zu investieren bedeutet, sich größtenteils verschieden zum Markt zu entwickeln. Aber allem voran sollten Anleger bereit sein, Minderrenditen zu ertragen, wie auch 2023/24 geschehen, wenn der Markt von „Animal Spirits“ angetrieben wird und davonläuft. Doch Rehder hat bewiesen, dass er durch Nutzung vielfältiger Denkmodelle Fehlentwicklungen an den Märkten antizipieren, Anlagegelder durch unabhängiges, langfristiges Handeln bewahren und durch Wertorientierung vermehren kann. Zwischenzeitlich konträr zum Markt positioniert zu sein, ist dabei kein Bug, sondern ein fast vergessenes Feature.
Im zweiten Teil des „Fonds versus Fonds“ lesen Sie alles zum Mischfonds Dimensional World Allocation 60/40.