Bewertungen auf Rekordhoch: Warum die Märkte kaum Fehlertoleranz zulassen
Trotz stabiler Konjunktur und lockerer Geldpolitik steigen die Bewertungen weiter. Warum Anleger nur wenig Spielraum für Fehlentwicklungen haben.19.08.2025 | 08:00 Uhr
Laut den Strategen von J. Safra Sarasin reflektieren die Risikomärkte weiterhin ein ausgesprochen günstiges Basisszenario: eine global konjunkturelle Lage im Gleichgewicht („Goldlöckchen-Szenario“), rückläufige Inflationserwartungen trotz protektionistischer Maßnahmen sowie eine fortgesetzte Lockerung der Geldpolitik durch die Zentralbanken.
Bewertungen sind in allen Märkten gestiegen
In diesem Umfeld seien die Bewertungen über nahezu alle Anlageklassen hinweg weiter angestiegen, was die Fehlertoleranz der Märkte erheblich reduziere. Ein prägnantes Beispiel hierfür sind laut den Schweizern die Risikoaufschläge (Spreads) von Anleihen der Peripherieländer der Eurozone gegenüber Bundesanleihen, die auf ein Mehrjahrestief gefallen sind – ein Ausdruck sowohl struktureller Fortschritte als auch gestiegener Risikoaffinität der Anleger, möglicherweise jedoch auch ein Anzeichen wachsender Selbstzufriedenheit.
Gold bleibt attraktiv
Gold zählt laut Sarasin-Experte Claudio Wewel derzeit zu den wenigen Anlageklassen, die sich im aktuellen „Risk-On“-Umfeld unterdurchschnittlich entwickelt haben. Dennoch bleibt J. Safra Sarasin strategisch positiv gestimmt. Sinkende Realrenditen sowie ein tendenziell schwächerer US-Dollar dürften dem Edelmetall mittelfristig Rückenwind verleihen. Hinzu kommt ein anhaltend hohes Maß an politischer und makroökonomischer Unsicherheit, wodurch Gold für Wewel als Absicherungsinstrument („Hedge“) gegen potenzielle Marktkorrekturen an Attraktivität gewinnt.
Erfolgreiche Berichtssaison
Die laufende US-Berichtssaison liefert für Wolf von Rotberg, Aktienstratege bei J. Safra Sarasin, bislang keinen Anlass zur Besorgnis. US-Unternehmen konnten im zweiten Quartal erneut mit robusten Ergebnissen überzeugen. Die Gewinne je Aktie im S&P 500 legten laut von Rotberg im Jahresvergleich um 13 Prozent zu, wobei rund 80 Prozent der Unternehmen die Analystenschätzungen übertrafen. Diese positiven Überraschungen konzentrierten sich jedoch stark auf exportorientierte Unternehmen, die im ersten Halbjahr von der Schwäche des US-Dollars profitierten.
Hyperscaler investieren massiv
Besonders hervorzuheben sei der signifikante Anstieg der Investitionsausgaben (Capex) durch Hyperscaler, deren Anteil mittlerweile rund 30 Prozent der gesamten Capex im S&P 500 ausmache. Gleichzeitig ist laut dem Strategen jedoch ihr Anteil am Nettogewinn des Index auf 21 Prozent zurückgegangen – eine Entwicklung, die bei Fortsetzung Fragen zur Nachhaltigkeit aufwerfen könnte. Angesichts stagnierender Gewinnrevisionen und erneut rekordhoher Bewertungsniveaus rechnet J. Safra Sarasin mit einer moderateren Entwicklung der US-Aktienmärkte in den kommenden Monaten. (jk)