Robeco: Die "Stock-Picking-Zeit" ist gekommen
Der aktuelle Kreditzyklus endet bald und risikobehaftete Finanzmarktaktiva inklusive Unternehmensanleihen sind anfällig für Verluste. Das lässt Sander Bus und Victor Verberk, Co-Heads des Credit-Teams bei Robeco, jetzt vorsichtiger werden.26.02.2018 | 10:11 Uhr
Die Rolle der Notenbanken
Jedenfalls dürften die Notenbanken ihre geldpolitischen Stimulierungsmaßnahmen 2018 drastisch zurückfahren. „Das Einzige, was uns davon abbringen würde, größere Marktvolatilität zu erwarten, ist folgendes Szenario: Andere Marktteilnehmer wie Geschäfts- und Privatkundenbanken übernehmen den Ankauf von Anleihen”, betont Bus. „Unserer Ansicht nach geht es dabei aber um zu große Summen, um ein solch perfektes Szenario zu erwarten. Das alles gilt für alle risikobehafteten Anlageklassen.”
Hin und wieder betrachten Verberk und Bus die Dinge aus der Vogelperspektive. „Wir versuchen, unkonventionell zu denken – über den jetzigen Konjunkturzyklus hinaus, der uns mit seinen täglichen Nebengeräuschen beeinflusst”, sagt Verberk. „Aber das macht uns nicht entspannter. Mit Aufgabe des Bretton-Woods-Systems in den 1970er Jahren haben wir tatsächlich deckungsloses Papiergeld geschaffen und es voll und ganz den Notenbanken und Politikern anvertraut. Dies hat zu immer mehr finanziellen Schocks geführt. Notenbanken, die von Personen geleitet werden, die sich und ihre Kontrolle über die Wirtschaft überschätzen, versuchen gern wirtschaftliche Probleme mit niedrigeren Zinssätzen zu lösen.”
Schuldenprobleme mit noch mehr Schulden zu lösen,
führt zu finanziellen Schocks
Die Robeco-Experten meinen, dass die Notenbanken mit ihrer lockeren Geldpolitik zwar richtigliegen, aber aus den falschen Gründen. „Der durch eine Milliarde Chinesen, die seit den 1980er Jahren das Arbeitskräfteangebot vergrößert haben, ausgelöste massive Schock hat die Inflation gebremst. Daraus ist der Schulden-Superzyklus entstanden, über den wir vor zehn Jahren zum ersten Mal geschrieben haben. Schuldenprobleme mit noch mehr Schulden zu lösen, wird letztlich zu mehr und nicht zu weniger finanziellen Schocks führen. Wir leben in einer Zeit, in der man einen regelmäßigen Zyklus erwarten sollte, an dessen Anfang eine Krise steht, gefolgt von Schuldenzunahme, Hochkonjunktur, Übertreibungen und erneutem Konjunktureinbruch”, sagt Bus.
Für Anleiheinvestoren ist die „Stock-Picking-Zeit“ gekommen
Robecos Credit-Experten legen den Fokus auf Qualität. „Wir kaufen Anleihen von Emittenten, die ihre Verbindlichkeiten reduzieren. Von den Mega-Unternehmen mit 50 Milliarden Euro Schulden oder mehr in ihren Bilanzen lassen wir die Finger. Es ist wieder Zeit für ‚Stock-Picking‘“, erklärt Bus. Darüber hinaus hält Robeco europäische Unternehmensanleihen nach wie vor für attraktiver als amerikanische.
(Abbildung 1: Der Marktzyklus – Grafik mit dem Blick der Robeco-Experten Sander Bus und Victor Verberk auf die einzelnen Marktsegmente. Quelle: Robeco, Morgan Stanley, Dezember 2017)