Markus Rieß, AllianzGI: Sparen - aber richtig!
Zukunftssicherung für das Alter ist sicher der wichtigste Grund, um zu sparen. In Deutschland wird zwar sehr viel auf die hohe Kante gelegt. Aber wird "richtig" gespart? Gastautor Markus Rieß zeigt, wie langfristige Planung und angemessener Umgang mit dem Risiko zu besseren Ergebnissen führen. Rieß ist Sprecher der Geschäftsführung der Allianz Global Investors KAG.11.01.2007 | 15:05 Uhr
Nicht mehr sparen, sondern richtig!
Ein 35-jähriger Arbeitnehmer, der bereits zehn Jahre gearbeitet hat und mit 65 Jahren in Rente geht, wird bei einem durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen von aktuell 2500 Euro in 30 Jahren - gemessen in heutiger Kaufkraft - mit einer Rente von weniger als 1000 Euro auskommen müssen.
Dabei sind die anstehenden Reformschritte bei der Rente ebenso wenig berücksichtig wie mögliche weitere Veränderungen, die mit der demografischen Entwicklung einhergehen dürften. Die Rentenlücke ist also groß. Spätestens sie zeigt: Sparen sollte für jeden Bundesbürger ein Thema sein!
Bereits heute ist die Sparquote in Deutschland im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch. Gut elf Prozent des verfügbaren Einkommens wurden 2005 zurückgelegt. Die Geldvermögensbildung belief sich dadurch 2005 auf 135 Milliarden Euro. Gespart wird in jedem Alter.
Die 35- bis 45-Jährigen bilden mit einer Sparquote von gut 16 Prozent die Spitze, aber selbst die 65- bis 70-Jährigen legen noch 6,8 Prozent ihres Einkommens zur Seite.
Die Deutschen sparen also nicht zu wenig, aber leider falsch. Ein Großteil des Geldes wird renditeschwach angelegt. Deshalb muss die Devise lauten: Nicht mehr sparen, sondern richtig!
Risikoaversion kostet dringend benötigte Rendite
Nach Berechnungen von Allianz Dresdner Economic Research haben die Deutschen über den Zeitraum 1991 bis 2005 pro Jahr durchschnittlich 2,2 Prozent "real", das heißt, ohne Inflationseffekt, auf ihr gesamtes Geldvermögen erzielt. Die US-Amerikaner erwirtschafteten real 3,5 Prozent. Ein Renditeunterschied von 1,3 Prozent bedeutet über diesen Zeitraum bares Geld.
So betrachtet, haben die Amerikaner bei einem Einsatz von 100000 Euro über den Betrachtungszeitraum rund 26000 Euro mehr erzielt. Und das real - also ohne Wertverlust durch die Inflation.
Der Hauptgrund für die eher geringe Rendite liegt zuvorderst im ausgeprägten Risikobewusstsein, ja der Risikoaversion der deutschen Anleger. Sie möchten Wertschwankungen auch über längere Zeiträume möglichst vermeiden.
Das zeigt sich in der Zusammensetzung des Geldvermögens der privaten Haushalte: Gut drei Viertel des Geldvermögens werden in Anlageformen investiert, die keine oder kaum Kursschwankungen erwarten lassen.
Der kleinere Teil des Geldvermögens fließt dagegen in Aktien und Investmentfonds. Diese Risikoscheu führt schließlich dazu, dass die letzten Jahre guter Aktienperformance an vielen Anlegern nahezu vorbeigegangen sind.
Die Anleger stehen letztlich vor dem Dilemma, dass sie einerseits eine hohe Rendite zur Gestaltung ihres Lebensabends erzielen müssen, andererseits aber das - über einen langen Anlagezeitraum abnehmende - Risiko scheuen, das mit renditeträchtigeren Anlageformen einhergeht. Wie kann ein Ausweg aus dieser Situation gefunden werden?
Drei Grundregeln für rendite-orientiertes Sparen
Ein nach den persönlichen Erfordernissen des Anlegers strukturiertes Depot ist Voraussetzung und Grundlage für einen dauerhaften Anlageerfolg.
In einem ersten Schritt sollte deshalb das Rendite/Ertrags-Profil im Portfolio mit einfachen Regeln optimiert werden, bevor dann in einem zweiten Schritt die passenden Produkte ausgewählt werden, die dem Renditebedarf des Anlegers entgegenkommen, ohne dessen Risikobereitschaft überzustrapazieren. Darüber hinaus sollte sich der Anleger ein paar einfache Regeln ins Gedächtnis rufen:
1. Zuerst geht es um die Rückbesinnung auf die Langfristigkeit. Wer länger investiert, kann Kursschwankungen besser durchstehen. Das sich das lohnen kann, zeigt folgendes Beispiel: Wer Anfang 1979 100 Euro in europäische Standardaktien investierte, bekam Anfang 2006 über 3800 Euro zurück. Kein allzu langer Zeitraum, wenn man die Lebenserwartung berücksichtigt.
Bei einem 40-jährigen Mann zum Beispiel liegt die Lebenserwartung bei 86,1 Jahren, bei einer gleichaltrigen Frau bei 90,9 Jahren. Und mit zunehmendem Lebensalter steigt die Lebenserwartung, da die davor liegende Sterbewahrscheinlichkeit überlebt wird.
Wer mit 67 Jahren in Rente geht und demnach (als Mann) noch gut 20 Jahre vor sich hat, dessen Geld kann ruhig noch etwas länger "hart", das heißt, in renditeträchtigeren Vermögensklassen, arbeiten.
2. "Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen", lautet eine weitere Regel. Wer jeden Monat 100 Euro spart, kann bei einer durchschnittlichen Rendite von sieben Prozent pro Jahr in 15 Jahren rund 31200 Euro erwarten. In 30 Jahren wären es knapp 118000 Euro.
Doppelte Zeit, doppelter Sparbeitrag - (fast) vierfacher Erfolg. Der Zinseszinseffekt macht sich gewaltig bemerkbar. Hinzu kommt: Regelmäßiges Sparen mit gleichbleibenden Beiträgen diszipliniert und nutzt den Durchschnittskosteneffekt.
3. Gerade für die Aktien im Portfolio gilt: Strategie kommt vor Taktik. Ein gut strukturiertes Depot sollte (gedanklich) in ein Kern- und ein Meinungsportfolio aufgeteilt werden.
Das Kernportfolio wird nur selten verändert. Hier wird bevorzugt in die Aktien "reifer" Industriestaaten investiert - und das rund um den Globus. Über das Meinungsportfolio werden dann gezielte Über- beziehungsweise Untergewichtungen gegenüber dem Kernportfolio vorgenommen.
Hier geht es um die kurz- bis mittelfristig ausgerichtete Taktik. Einzelne Branchen gehören hier ebenso hinein wie Investmentstile (Value, Growth, Size) oder spezielle Regionen wie Emerging Markets. Das Meinungsportfolio dient dem Zweck, durch das taktische, zeitlich begrenzte Eingehen höherer Risiken die Renditechancen zu verbessern.
Doch nicht jeder Anleger möchte sich so intensiv mit seiner Geldanlage auseinandersetzen. Deshalb kommen zunehmend Produktkonzepte auf den Markt, die es dem Anleger ermöglichen, auf einfache Art und Weise Investments zu tätigen, die einerseits seinem Renditebedürfnis und Risikobewusstsein gerecht werden und andererseits durch eine einfache Handhabung überzeugen.
Investieren mit automatischer Anpassung an Lebensphasen
Vielversprechende Produktneuheiten ergeben sich etwa aus dem Zusammenwachsen von Investmentfonds und Zertifikaten. Zertifikatestrukturen in Fonds ermöglichen neue Formen des Investmentsparens. So gibt es bereits Lösungen, die helfen, je nach Phase am Aktienmarkt, also je nachdem ob die Kurse steigen, fallen oder sich seitwärts bewegen, eine positive Rendite zu erwirtschaften.
Ein anderes Produktkonzept, das in Deutschland erst am Anfang steht, dessen Erfolg in den USA aber zeigt, welches Potenzial es in sich birgt, sind sogenannte Lebenszyklusfonds, auch Zielsparfonds genannt.
Wer auf einen bestimmten Anlass hin spart, zum Beispiel für die Ausbildung der Kinder, den Bau eines Hauses oder für den eigenen Lebensabend, kann mithilfe eines Lebenszyklusfonds dieses Ziel direkt ansteuern.
Je nach Länge der Sparperiode wird der Fonds mit einem unterschiedlich hohen Anteil risikobehafteter Vermögenswerte wie Aktien starten und diesen Anteil über die Zeit bis zum Zieldatum hin abbauen zugunsten risikoloserer Anlagearten.
Folge: Während der schwankungsanfälligere Fondsanteil zu Beginn der Sparperiode für eine höhere Rendite sorgen kann, wird die Schwankung des Fonds über die Zeit systematisch reduziert.
Die "Asset Allocation", die Aufteilung der Vermögensklassen, in die der Fonds investiert, wird dadurch systematisch den Bedürfnissen der Anleger angepasst. Eine Investition mit Autopilot".
Ein paar einfache Regeln und innovative Finanzprodukte - "richtig" sparen ist einfacher als gedacht.
Im Profil: Markus Rieß
Der promovierte Volkswirt Markus Rieß kam über Stationen bei der World Bank und McKinsey zur Allianz. Seit 1997 gehört Rieß zur Geschäftsführung der Allianz Global Investors beziehungsweise ihrer Vorgängergesellschaften.
Seit dem 1. Januar vereint die Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft (AllianzGI) die deutschen Publikumsfonds- und Spezialfondsaktivitäten (vormals Dit und Dbi) in einer Kapitalanlagegesellschaft.
Zum 30. November 2006 managte die AllianzGI- Deutschland-Gruppe, 187,9 Milliarden Euro (Portfoliomanagement für Publikumsfonds: 76,7 Milliarden, Spezialfonds: 96,4 Milliarden, Mandate: 14,8 Milliarden Euro)
Weitere Infos: www.allianzgi.de