Franklin Templeton: Einblicke in die Situation der Schwellenländer - Untergewichtet, unterbewertet und unterschätzt
Trotz der Belastungen durch die US-Zölle und die globalen Handelsspannungen zeigen Aktien aus Schwellenländern Resilienz und Wachstumspotenzial. Franklin Templeton Emerging Markets Equity untersucht, welche Faktoren die jüngste Wertentwicklung an den Märkten der Schwellenländer beeinflusst haben.21.05.2025 | 09:52 Uhr
Drei Themen beschäftigen uns heute:
- Outperformance der Schwellenländer: Aktien aus Schwellenländern haben sich im bisherigen Jahresverlauf besser entwickelt als globale Aktien1. Ihre Gewinne sind auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, darunter die Schwäche des US-Dollars, Chancen bei der Binnennachfrage und politische Flexibilität. In der Vergangenheit haben Schwellenländeraktien in Phasen der
US-Dollar-Schwäche eine Outperformance gegenüber globalen Aktien erzielt, und der aktuelle Zyklus scheint diesem Muster zu folgen. Die Aussicht, dass eine wachsende Binnennachfrage die Auswirkungen der von Donald Trump verhängten Zölle abfedern könnte, weckte ebenfalls das Interesse an Schwellenländeraktien. Zudem kommt ihnen die politische Flexibilität zugute, über die die Regierungen der Schwellenländer im Vergleich zur begrenzten Flexibilität der Industrieländer verfügen. Alles in allem bestätigen diese Faktoren unsere Einschätzung, dass Aktien aus Schwellenländern untergewichtet, unterbewertet und unterschätzt sind. - ͏Zollverhandlungen mit China: Es liegt sowohl im Interesse Chinas als auch im Interesse der USA, Verhandlungen über die Senkung der Einfuhrzölle auf Waren des jeweils anderen Landes aufzunehmen. Erste Anzeichen für eine Deeskalation gibt es bereits: Die USA haben Teile der aus China importierten Unterhaltungselektronik von den Zöllen befreit, und China hat stillschweigend die Zölle auf ausgewählte aus den USA importierte Halbleiter, Arzneimittel und Flugzeugtriebwerke aufgehoben. US-Finanzminister
Scott Bessent hat die aktuellen China-Zölle als „unhaltbar“ bezeichnet, und wir gehen davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Verhandlungen aufgenommen werden. Die Marktentwicklung scheint diese Einschätzung zu bestätigen: Der MSCI China Index ist seit Jahresbeginn um 9 % gestiegen.2 - Für Mexiko rückt ein Abkommen in Sicht: US-Präsident Trump hat klar zum Ausdruck gebracht, dass er das in seiner ersten Amtszeit vereinbarte United States-Mexico-Canada Agreement (USMCA) neu verhandeln möchte. Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum hat schnell auf die Anliegen der USA reagiert: Sie hat dafür gesorgt, dass die Einwanderungszahlen im Nachbarland drastisch gesunken sind, und Fortschritte bei der Bekämpfung des Fentanyl-Schmuggels über die Grenze zwischen Mexiko und den USA erzielt. Der Markt scheint davon auszugehen, dass die beiden Länder und Kanada die Neuverhandlung des USMCA erfolgreich abschließen und einen Anstieg der Zölle verhindern werden: Der MSCI Mexico Index stieg seit Jahresbeginn um 20 %.3
Ausblick
Fünf unserer Portfoliomanager und Rechercheanalysten haben an einer großen Konferenz in Dubai teilgenommen, der weltweit größten Konferenz in der Region Naher Osten und Nordafrika (MENA). Die Konferenz fiel mit einem plötzlichen Rückgang der
Ölpreise zu Beginn des Monats zusammen. Das Team führte Gespräche mit 85 Unternehmen und konnte trotz einer unsicheren außenwirtschaftlichen Lage einige positive Erkenntnisse aus der Konferenz mitnehmen.
Für Unternehmen mit Schwerpunkt im Inland hat sich nicht viel verändert. Obwohl einige Unternehmen, mit denen das Team Gespräche führte, das externe Geschehen (z. B. die Zölle und die geopolitischen Risiken) beobachten, halten sie derzeit an ihren Strategien fest. Für diese Unternehmen bergen Belastungen in ihrer jeweiligen Branche die Chance, dass kleinere Akteure vom Markt verdrängt werden, sodass andere Unternehmen ihren Marktanteil ausbauen können.
Ein Gespräch, das einer unserer Portfoliomanager mit den Geschäftsleitungen saudischer Unternehmen führen konnte, bestätigte diesen Trend. Saudische Unternehmen bemühen sich, mit der saudischen Regierung oder dem Staatsfonds des Landes im Rahmen von Regierungsprojekten zusammenzuarbeiten, die Teil der Initiative „Saudi Vision 2030“ sind. Mit dieser Initiative soll die Wirtschaft diversifiziert und die Abhängigkeit des Landes von Erdöl verringert werden. Die Zusammenarbeit betrifft verschiedene Sektoren, darunter Infrastruktur, Energie, Gesundheit und Technologie, und erfolgt über Projektausschreibungen oder andere Instrumente wie öffentlich-private Partnerschaften oder Joint Ventures. Zwar sind bislang noch keine Partnerschaften zustande gekommen, doch wir sehen mittel- bis langfristig entsprechende Möglichkeiten. Dies bedeutet, dass sich Saudi-Arabien auf die großen Unternehmen stützen kann, wenn es um die Förderung des Wirtschaftswachstums außerhalb des Ölsektors geht. Auch für die großen Unternehmen selbst ergeben sich Vorteile. So profitiert beispielsweise ein Logistik- und Transportunternehmen aufgrund eines bestehenden Joint Ventures mit einem mehrheitlich staatlichen Unternehmen von einer Pipeline an Projekten und Verträgen, die ihm eine bessere Ertragsprognose ermöglichen.
Es ist allgemein bekannt, dass die MENA-Region stark von den Ölpreisen abhängig ist. Einige Länder haben jedoch bereits damit begonnen, ihre Quellen für wirtschaftliches Wachstum zu diversifizieren. Laut einem unserer Portfoliomanager in der MENA-Region dürfte Saudi-Arabien am stärksten unter dauerhaft niedrigeren Ölpreisen leiden. Im Rahmen unseres kontinuierlichen Dialogs mit Unternehmen in Saudi-Arabien haben wir jedoch auch positive Aspekte dieser komplexen Situation entdeckt. Wir werden diese tiefschürfenden und reflektierten Gespräche fortsetzen, die unserer Meinung nach ausgewogene Einblicke liefern und uns in dem herrschenden Klima der Unsicherheit bei der Portfoliogestaltung helfen.
Marktkommentar: April 2025
Schwellenländeraktien zogen im April 2025 an. Die Zollankündigungen der Trump-Regierung am 2. April 2025, dem sogenannten „Tag der Befreiung“, riefen unterschiedliche Reaktionen hervor. Für Länder, die Verhandlungsversuche unternahmen, senkte der US-Präsident die reziproken Zölle für einen Zeitraum von 90 Tagen auf 10 %. Während die meisten Länder sich für Handelsgespräche entschieden, wählte China den Weg, die Zölle auf Importe aus den USA deutlich zu erhöhen. Der MSCI EM Index rentierte im Berichtsmonat mit 1,34 %, während der MSCI World Index um 0,94 % zulegte.
Die Aktienmärkte in den asiatischen Schwellenländern entwickelten sich positiv. Aktien aus China verzeichneten Kursverluste, da sich der Handelskonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt weiter verschärfte: Beide Länder verhängten Zölle auf die Exporte des jeweils anderen. Widersprüchliche Aussagen zu den Verhandlungen zwischen den USA und China ließen die zugrunde liegenden Spannungen deutlich erkennen. Taiwan hat Mechanismen zur Stabilisierung des Aktienmarktes wie seinen Stabilisierungsfonds und Beschränkungen für Leerverkäufe aktiviert, um die durch die Zölle verursachten Marktturbulenzen zu verringern.
Südkoreanische Aktien konnten sich verbessern. Das Land kündigte eine Aufstockung seines Hilfspakets für die Halbleiterindustrie an, um die höheren Kosten aufzufangen, und verabschiedete einen Nachtragshaushalt zur Unterstützung wichtiger Wirtschaftszweige. Die Zentralbank des Landes hat zudem ihren Lockerungszyklus pausiert und ihren Leitzins unverändert belassen, um den koreanischen Won zu stabilisieren. Die von den USA angekündigte Verschiebung der geplanten Automobilzölle sowie Maßnahmen der inländischen Banken zur Senkung der Sparzinsen haben die indischen Aktien beflügelt. Die Reserve Bank of India beschloss eine Senkung ihres Reposatzes, was mit einem Rückgang der Inflation zusammenfiel. Zweck dieser Zentralbankmaßnahme war es, dem Finanzsektor Liquidität zuzuführen, was Bankaktien zusätzlich stützte. Unser Portfoliomanager für asiatische Aktien hält eine Deeskalation für sehr wahrscheinlich: Die USA dürften in den nächsten drei Monaten mit den meisten Ländern, außer China, Einigungen über die reziproken Zölle erzielen.
In den Schwellenländern der Region Europa, Naher Osten und Afrika verbuchten die Aktienmärkte Gewinne. Die Ölpreise sanken infolge eskalierender Handelsspannungen und der überraschenden Entscheidung einiger Ölförderländer der OPEC+, die Fördermengen zu erhöhen. Dies ließ Befürchtungen hinsichtlich Verzögerungen bei den Wirtschaftsreformen in Ölförderländern wie Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten aufkommen. Die türkische Zentralbank hat ihren Leitzins überraschend um 350 Basispunkte auf 46 % angehoben und damit ihren Lockerungszyklus beendet. Auch wenn dies half, die durch die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters ausgelösten Marktturbulenzen vom März etwas zu beruhigen, schlossen türkische Aktien den Monat dennoch mit Verlusten ab.
Aktien aus Schwellenländern der Region Lateinamerika haben zugelegt. Die Kurse mexikanischer Aktien schnellten in die Höhe, da USMCA-konforme Exporte von den am „Tag der Befreiung“ angekündigten Zöllen ausgenommen wurden. Außerdem wurde die Möglichkeit eines niedrigeren Zollsatzes für Exporte, die nicht unter das USMCA fallen, in Betracht gezogen. Sinkende Zinsen verliehen den mexikanischen Aktien ebenfalls Auftrieb. Auch brasilianische Aktien legten zu, nachdem das Land versprochen hatte, die Handelsverhandlungen mit den USA fortzusetzen und gleichzeitig sein Netz von Handelsabkommen auszuweiten.
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