DPAM: EU-Nachhaltigkeitsregulierung – Wettbewerbsnachteil für Europa?
Viele Abkürzungen, viel Diskussion. Ophelie Mortier, Chief Sustainable Investment Officer von DPAM, ordnet die aktuelle Debatte um die Nachhaltigkeitsvorschriften in Europa ein:30.10.2025 | 10:04 Uhr
Es geht um drei
Regelwerke: die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von
Unternehmen (CSRD), die Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im
Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD) und die EU-Taxonomie. Und es sind zwei
gegensätzliche Lager, die zwar beide aus Sicht der Wettbewerbsfähigkeit
argumentieren, aber zu völlig unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen.
Regulatorische
Sicherheit als Wettbewerbsvorteil
Für Unternehmen geht
eine strenge Regulierung mit höheren kurzfristigen Compliance-Kosten einher.
Mit diesen erkaufen die Firmen ihren Investoren eine höhere
Datenzuverlässigkeit. Im Laufe der Zeit könnten die Kapitalkosten für Firmen
sinken, die strenge Standards erfüllen. Wer sich dagegen für weniger strenge
Regelungen einsetzt, gefährdet das Vertrauen der Investoren und den
Marktzugang.
Die Wiedereingliederung von Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern in die CSRD könnte zu einem zweigeteilten Markt führen: Größere Unternehmen passen sich schnell an, während kleinere Unternehmen einen eher freiwilligen Ansatz verfolgen. Frühe Anwender könnten Investitionen anziehen, während Nachzügler benachteiligt werden könnten.
Die jüngste Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat scheint einen Kompromiss zu erzielen, durch den sich die Zahl der direkt betroffenen Unternehmen verringert. Nach Angaben der Kommission würden 4.792 Unternehmen aus dem CSRD-Geltungsbereich herausfallen.
Andererseits wurde der Geltungsbereich der CSDDD erheblich eingeschränkt; nur Unternehmen mit mindestens 5.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro würden erfasst. Die CSRD enthält weiterhin die Verpflichtung für Unternehmen zur Verabschiedung von Klimawandelplänen. Allerdings wurde die Verpflichtung zu deren Umsetzung gelockert. Ein gemeinsamer Rahmen für die zivilrechtliche Haftung wurde gestrichen, eine Überprüfungsklausel hingegen aufgenommen.
CSDDD – gut für
Menschenrechte, fairen Wettbewerb und Wachstum
Die Änderungen an der
CSDDD könnten noch für Reue sorgen, da sie ein wichtiges Instrument zur
Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen ist, insbesondere im globalen Süden.
Eine aktuelle Studie hebt hervor, dass die CSDDD einen positiven Beitrag zum
wirtschaftlichen Wohlstand leistet, insbesondere durch kostengünstige
Verbesserungen für Arbeitnehmer und Gemeinden in gefährdeten Regionen. Sie
fördert eine vorausschauende Spezialisierung und verhindert ausbeuterische
Praktiken – damit stärkt die CSDDD als Grundlage für globale Sozial- und
Umweltstandards die Menschenrechte sowie die wirtschaftlichen Aussichten
Europas. Die Studie warnt davor, dass eine Schwächung der Richtlinie ihre
Wirksamkeit untergraben und europäische Unternehmen dem unlauteren Wettbewerb
durch ausländische Unternehmen aussetzen könnte, die keinen ähnlichen
Anforderungen unterliegen.
SFDR und neue
Produktklassifizierungen
Während sich die Branche
auf regelmäßige Offenlegungen zu nachhaltigen Finanzprodukten (SFDR)
vorbereitet, dürfte bis mindestens zum ersten Quartal 2026 Unsicherheit
herrschen. Verbrauchertests und eine Übergangsphase für Produkte gemäß Artikel
8 und 9 dürften die vollständige Umsetzung bis 2028 verzögern.
Wer sich auf die neue
Regulierungslandschaft vorbereiten möchte, hat nur wenige konkrete
Informationen. Der Vorschlag konzentriert sich weiterhin auf drei Kategorien:
Nachhaltige Produkte, Übergangsprodukte und ESG-Kollektionen (soll noch
umbenannt werden). Die Kategorie „Impact” wurde verworfen. „Nachhaltige”
Produkte unterliegen den Ausschlusskriterien der Paris Aligned Benchmark,
„Übergangsprodukte” und „ESG-Kollektionen” denen der Climate Transition
Benchmark.
Unklar sind die
Kriterien und Anforderungen für die Produktklassifizierung. Dies erschwert die
Vorbereitungen für eine eventuelle Neuklassifizierung. Ob die Kategorisierung
im Gegensatz zum derzeitigen freiwilligen Ansatz für alle Produkte
obligatorisch sein wird, ist offen.
Wie geht es jetzt
weiter?
Die Trilog-Verhandlungen
dürften rasch beginnen, mit dem Ziel, das erste Omnibus-Paket noch vor
Jahresende fertigzustellen. Dieses Paket, das die
Nachhaltigkeitsberichterstattung vereinheitlichen soll, wird eine entscheidende
Rolle bei der Gestaltung des endgültigen Rahmens spielen.