DJE: Risiken nicht eingepreist
Die negativen Effekte, die Trumps erratische Zollpolitik auf die Gewinnentwicklung von Unternehmen aus verschiedenen Sektoren ausübt, erscheinen nicht eingepreist. Vorsicht bleibt daher trotz der vorläufigen Erholung der Kurse geboten.19.05.2025 | 10:30 Uhr
Die Autoren: Das Strategie-Team von DJE beobachtet und bewertet die Märkte laufend anhand der hauseigenen FMM-Methode nach fundamentalen, monetären und markttechnischen Kriterien.
Nach
dem sogenannten „Liberation Day“ am 2. April, an dem US-Präsident Donald Trump
Zölle gegen (fast) die ganze Welt ankündigte, setzte ein Abverkauf an den
Aktienmärkten ein. Die starke Erholung nach dem 7. April 2025 ist vor allem auf
technische Faktoren, d.h. extremer Pessimismus und sehr überverkaufte Märkte,
und monetäre Gründe wie mögliche US-Zinssenkungen zurückzuführen, nicht aber
auf fundamentale Faktoren.
Fundamental
bleibt die Situation schwierig: Die zu erwartenden negativen Effekte aus Trumps
Zollpolitik auf die Unternehmensgewinne scheinen derzeit nicht adäquat
eingepreist. Viele Firmen trauen sich keinen Ausblick mehr zu und berichten in
Gesprächen über ein sich klar eintrübendes Umfeld im zweiten Quartal.
Niedrigere Unternehmensgewinne erscheinen demzufolge nicht von den Märkten
berücksichtigt und stellen ein Risiko für die kommenden Monate dar. Eine
Rezession in den USA liegt auch im Bereich des Möglichen.
Daher
ist es unserer Meinung nach sinnvoll, zunächst weiter bei einer vorsichtigen
Anlagestrategie zu bleiben: ausgewogenes Portfolio, Fokus auf defensive Aktien
und keine extremen Positionierungen. Sobald diese Phase hoher Unsicherheit
überwunden werden kann, sprechen mittelfristig sowohl die monetären
(Zinssenkungen) als auch die markttechnischen (Barreserven und noch immer viel
Pessimismus) Faktoren wieder für höhere Aktienkurse.
Chancen, die wir sehen:
- Höhepunkt der Zollbelastungen
dürfte hinter uns liegen: Gefallene Aktienkurse,
verschlechterte Konjunkturaussichten und niedrigere Zustimmungswerte
dürften Donald Trump davon abhalten, im Zollstreit weiter zu eskalieren.
Kommen nun besser als erwartete Handelsabkommen mit China und der EU und
wird dadurch eine Rezession in den USA vermieden, wäre dies klar positiv
für die Märkte.
- Mehr Zinssenkungen als
erwartet: In Europa werden die Zinsen in
den nächsten Monaten voraussichtlich stärker gesenkt als in den USA, aber
auch in den USA könnte es bis Jahresende mehr Zinsschritte geben, als
heute erwartet. Dadurch könnten u.a. die Sektoren nicht-zyklischer Konsum
und Körperpflege Rückenwind erfahren. Da die Welt mit Ausnahme der USA
keine Inflationsprobleme hat, kann monetär stimuliert werden, was sich
mittelfristig positiv auf die Börsen auswirken sollte.
- Defensive Sektoren wie z.B.
Deutsche Wohnimmobilien
- Unter den offensiveren
Sektoren erscheint Technologie (Software) am
attraktivsten
- Schwellenländer wie China und
Indien: Selektiv durchaus
chancenreich. Schwellenländer profitieren generell von einem schwächeren
US-Dollar. Indien senkt die Zinsen und ist nur wenig von der
US-Zollpolitik betroffen. Viele Unternehmen berichten über gut laufende
Geschäfte in Indien. Für China ist die verstärkte fiskalpolitische
Stimulierung durch den Staat positiv, der nun mehr Schulden aufnimmt. 2025
ist eine Rekord-Neuverschuldung des Staates zu erwarten.
Risiken, die wir beobachten:
- Die Konjunkturaussichten haben sich zuletzt weiter
verschlechtert: In jüngster Zeit ist die US-Rezessionsgefahr stärker
angestiegen.
- Die negativen
Effekte auf die Gewinnentwicklung von Unternehmen aus
verschiedenen Sektoren aus Trumps erratischer Zollpolitik erscheinen nicht
eingepreist.
- Ölsektor:
Gewinnaussichten für Öl- und Gasproduzenten haben sich aufgrund des
gefallenen Ölpreises zuletzt verschlechtert. Erhöht die OPEC nun weiter
die Produktion, droht ein größeres Überangebot und damit auch ein weiterer
Ölpreisrückgang.
- Luxussektor: Hier erscheinen die Aussichten weiter eingetrübt. Aus dem Gewinnblickwinkel könnte der Kursdruck weiter anhalten.