Der außergewöhnliche US-Aktien-Test: Wachsende Risiken durchdringen
Selbst in steigenden Märkten sollten sich Anleger in US-Aktien der Gefahren eines sich schnell verändernden Umfelds bewusst sein.01.12.2025 | 06:10 Uhr
Von Zöllen über das Gesundheitswesen bis hin zu einem verlängerten Regierungsstillstand stehen die US-Märkte vor erheblichen Unsicherheiten. Die USA bieten weiterhin ein außergewöhnliches Ertragspotenzial in Form innovativer, hochwertiger Unternehmen. Doch bei erhöhter Marktkonzentration und stark steigenden Bewertungen sollten Anleger das höhere Risikoprofil des Marktes im Blick behalten.
Die politische Unsicherheit stellt Anleger auf die Probe. Ein- und ausgesetzte Zölle, fehlende Arbeitsmarktdaten und schwankende Technologie-Exportbestimmungen haben die Gewinnprognosen erschwert. Angesichts der Bemühungen, die Unabhängigkeit der US-Notenbank (Fed) zu reduzieren, und eines schwächeren US-Dollars stellen viele Anleger die Tragfähigkeit der Sonderstellung der USA infrage.
Die Volatilität der Aktienmärkte spiegelt die Herausforderungen wider. Die relative Volatilität des S&P 500 gegenüber Nicht-US-Märkten ist in diesem Jahr auf ein Niveau gestiegen, das im 21. Jahrhundert bisher noch nicht erreicht wurde (Abbildung).
Ein Gefühl der Unsicherheit ist verständlich. Doch das Aktienengagement zu reduzieren, kann kontraproduktiv sein, weil es nahezu unmöglich ist, Wendepunkte am Markt zeitlich zu bestimmen. Die Herausforderung besteht darin, eine Strategie zu finden, die Ihnen hilft, trotz Phasen erhöhter Volatilität investiert zu bleiben. Nach unserer Ansicht liegt die Lösung darin, Aktien zu identifizieren, die sowohl ein attraktives langfristiges Aufwärtspotenzial als auch solide, defensive Eigenschaften besitzen, um die heutigen Risiken zu überstehen.
Die US-Drawdowns von Höchst- zu Tiefstständen waren sehr ausgeprägt
Das digitale Zeitalter hat Technologieunternehmen hervorgebracht, die
Gewinne erzielen können, ohne übermäßiger Zyklizität ausgesetzt zu
sein – ein einzigartiges Merkmal der US-Märkte. Der Fokus
US-amerikanischer Unternehmen auf Profitabilität, verbunden mit
vorteilhaften Aktionärsmaßnahmen, hat die Aktionärs-Vermögenslücke
zwischen den USA und dem Rest der Welt vergrößert.
Doch selbst große, profitable US-Unternehmen können abgestraft werden,
wenn sie kurzfristige Erwartungen nicht erfüllen. Unter anderem deshalb
haben US-Märkte während jüngerer Krisen größere Drawdowns von Höchst- zu
Tiefstständen erlitten als internationale Märkte, wie unser Research
zeigt. Dazu zählen die COVID-19-Pandemie, die globale Finanzkrise und
die Tech-Blase der frühen 2000er-Jahre.
Starke Rückschläge erzeugen Belastungen, die langfristige Erträge
belasten können. Sie können isnbesondere in der Phase nach der
Vermögensbildung schädlich sein. Rentner mit festen Einkommen sind von
einem Ausverkauf deutlich stärker betroffen als Arbeitnehmer, die über
den Durchschnittskosteneffekt in einen fallenden Markt investieren
können. Aktien, die in Abschwungphasen stärker verlieren, müssen im
Aufschwung auch mehr aufholen, was Abwärtsbewegungen für Anleger in
einem volatileren US-Markt besonders herausfordernd macht.
Führt Marktkonzentration zu zusätzlichen Risiken?
Diese Volatilität könnte angesichts des hohen Konzentrationsgrades in
den USA anhalten. In den vergangenen Jahren wurde ein unverhältnismäßig
großer Teil der US-Markterträge von relativ wenigen Aktien erzeugt.
Technologie-Mega-Caps stehen im Mittelpunkt, seit Künstliche Intelligenz
(KI) eine Welle der Begeisterung über zukünftiges Gewinnwachstum
ausgelöst hat.
Betrachten Sie beispielsweise die Schwergewichte des S&P 500. Die 10
größten Aktien, die vor einem Jahrzehnt lediglich 15 % der
Marktkapitalisierung ausmachten, stellen heute nahezu 40 % des Index dar
(Abbildung). Das bedeutet, dass gerade einmal 2 % der
S&P-500-Titel die Kraft haben, den breiteren Markt nach oben oder
unten zu bewegen.
Doch die größeren Unternehmen am Markt neigen dazu, risikoreicher zu sein. Und wenn sich der Trend umkehrt – wie im ersten Quartal 2025,
als die Dominanz der Mega-Caps nachließ und Technologiewerte
unterdurchschnittlich abschnitten – spüren Anleger die Auswirkungen
eines hochkonzentrierten Marktes. Tatsächlich zeigen die heutigen
Marktführer eine unverhältnismäßige Instabilität, wie ihre Volatilität
im Verhältnis zum gesamten S&P 500 belegt (Abbildung oben).
Das letzte Mal, dass die Volatilität der 10 größten Komponenten des
S&P so hoch war, lag in den frühen 2000er-Jahren, als
Dotcom-Schwergewichte vor ihrem drastischen Absturz noch Höhenflüge
erlebten. Das bedeutet nicht, dass sich der Dotcom-Crash wiederholen
muss, doch Vorsicht ist geboten. Während der anfängliche
KI-Infrastrukturboom weitgehend von Hyperskalierern mit starken
Cashflows und soliden Bilanzen finanziert wurde, wird die nächste Phase
zunehmend von weniger stabilen Quellen getragen.
Defensive Aktien: Abwärtspuffer und Wachstumspotenzial
Gibt es ein Gegenmittel für diese Risiken? Wir sind der Ansicht, dass
eine Strategie, die sich auf Aktien hochwertiger Unternehmen mit
relativ stabilen Handelsmustern zu attraktiven Preisen konzentriert (was
wir Qualität, Stabilität und Preis, oder QSP, nennen), Anleger wirksam
dabei unterstützen kann, mit den heutigen Bedingungen umzugehen.
Strategien, die auf solche Aktien abzielen, sollen in Marktabschwüngen
weniger verlieren. Das bedeutet, dass sie im Aufschwung weniger Boden
wiedergutmachen müssen. Und weil diese Aktien nach einem Abschwung von
einer höheren Basis aus starten, sind sie besser positioniert, um
Erträge in den folgenden Erholungsphasen zu vervielfachen.
Sorgfältig ausgewählt können hochwertige defensive Aktien ein
gleichmäßigeres Ertragsmuster über verschiedene Marktumfelder hinweg
bieten. Wir sind überzeugt, dass diese Art defensiver Allokation
Diversifizierungsvorteile für aktienlastigere Allokationen wie auch
passive Allokationen bieten kann, die einer Umkehr der
US-Marktkonzentration stärker ausgesetzt sein können. Zudem befindet
sich die Volatilität von US-Qualitätsaktien im Verhältnis zu
Wachstumsaktien derzeit auf ihrem niedrigsten Stand seit den frühen
2000er-Jahren (Abbildung).
Unter den heutigen Bedingungen sind wir überzeugt, dass Qualitätsaktien Anlegern eine außergewöhnlich starke Fähigkeit bieten, Volatilität einzudämmen. Das bedeutet jedoch nicht, dass auf Wachstumspotenzial verzichtet werden muss. Nach unserer Ansicht besteht kein Widerspruch darin, sowohl auf langfristiges Kapitalwachstum zu setzen als auch eine defensive Haltung einzunehmen. Portfolios, die beide Ziele erreichen, können Anlegern dabei helfen, ihre Aktienallokation auch in wechselnden Marktbedingungen beizubehalten.
Angesichts der aktuellen, intensiven Welle politischer und marktbedingter Herausforderungen sollten sich Anleger auf eine längere Phase relativ hoher US-Marktschwankungen einstellen. Ein aktiver Ansatz, der sich auf qualitativ hochwertige, defensive Aktien mit attraktiven Bewertungen konzentriert, könnte Anlegern ein wichtiges Instrument bieten, um in dem sich schnell ändernden Umfeld von heute Volatilität zu steuern – und zugleich ein starkes langfristiges Ertragspotenzial zu erschließen.
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