AB: Wie Zollprobleme Europas Wachstum schaden könnten
Die von US-Präsident Trump eingeführten Zölle lösen in der Eurozone ein Déjà-vu-Erlebnis aus: Langsameres Wachstum, niedrigere Zinsen.28.04.2025 | 05:37 Uhr
Die Märkte erholten sich nach der Ankündigung von US-Präsident Trump, die neuen globalen Handelszölle seiner Regierung für 90 Tage auszusetzen – mit bemerkenswerten Ausnahmen:
- Das Moratorium war auf Handelspartner beschränkt, die keine Vergeltungsmaßnahmen ergriffen hatten.
- Die gegenseitigen Zölle wurden nicht aufgehoben, sondern auf 10 % gesenkt, mit Ausnahme von China, wo nun eine Abgabe von 125 % erhoben wird.
- Der globale Zollsatz von 25 % auf Stahl-, Aluminium- und Automobilimporte bleibt in Kraft.
Neben den tatsächlichen Auswirkungen der Zollmaßnahmen hat auch das Geschäftsvertrauen gelitten. Umfragen deuten bereits auf ein geringeres Wirtschaftswachstum hin. Weitere zollbezogene Initiativen, wie die US-Untersuchung von Pharma- und Halbleiterimporten, dürften für weitere Unsicherheit und Vertrauensverlust sorgen.
Zölle schädigen bereits jetzt das Wachstum Europas
Statt der zuvor angekündigten 20%-Zölle unterliegt die Europäische
Union (EU) nun einem universellen Zoll von 10 % – immer noch ein höherer
effektiver Zollsatz als vor der Ankündigung der USA vom 2. April.
Unterdessen hat die EU am 9. April dafür gestimmt, Zölle auf US-Waren im
Wert von 21 Milliarden Euro zu erheben – Gegenmaßnahmen, die ebenfalls
auf Eis gelegt wurden. Trotz der Zollpausen ist die Gefahr für die
Eurozone noch lange nicht vorbei, und Schaden ist bereits angerichtet.
Unserer Einschätzung nach wird das Wachstum zurückgehen, und weitere
Abwärtsrisiken überwiegen. Verglichen mit einem kontrafaktischen
Szenario, in dem die neuen Zölle nie eingeführt würden und das Vertrauen
nur geringfügig geschädigt würde, werden die Wachstumseinbußen
voraussichtlich erheblich sein. In der folgenden Abbildung
zeigen wir unsere Prognosen für 2025 für verschiedene Szenarien. Die
große Bandbreite möglicher Ergebnisse spiegelt die hohe Zollunsicherheit
wider.
Da die wirtschaftliche Erholung erst vor Kurzem begonnen hat und schwach ist, ist die Eurozone wahrscheinlich erneut mit der Gefahr geringen Wachstums oder einer Rezession konfrontiert, was zum Teil auf die Auswirkungen der Zölle und zum Teil auf die Unsicherheit und den Vertrauensverlust zurückzuführen ist.
Das Risiko einer Unterschreitung des Inflationsziels steigt
Die Eurozone steuerte im Laufe dieses Jahres bereits nachhaltig auf ihr Inflationsziel von 2 % zu. Da nun jedoch mit einer Abschwächung des Wachstums und einer möglichen Rezession zu rechnen ist, dürfte sich der Abwärtsdruck auf die Inflation verstärken. Drei weitere Faktoren tragen dazu bei:
- Die Energiepreise sind ein wesentlicher Inflationstreiber: Nach der Zollankündigung der USA am 2. April sind sie deutlich gefallen und bleiben weiterhin relativ niedrig.
- Die finanziellen Bedingungen in den USA haben sich verschärft, und der Euroraum könnte die ersten Folgewirkungen spüren. Gleichzeitig hat der Euro gegenüber dem US-Dollar an Stärke gewonnen, was US-Importe billiger macht. Bleibt der Euro stark, wird sich dieser Effekt fortsetzen.
- China wird weiterhin nach Absatzmärkten für seine Exporte suchen, da Zollschranken den Export in die USA unwirtschaftlich machen. Das Land wird seine Waren wahrscheinlich in andere Regionen, insbesondere die EU, umleiten. Das war bereits während Trumps erster Zollrunde der Fall, als die Exporte in die EU sprunghaft anstiegen ( Abbildung unten). Diesmal dürfte die Reaktion stärker ausfallen.
Daher gehen wir davon aus, dass die Europäische Zentralbank den Leitzins bis Ende Dezember auf unter 2 % senken und bei 1,75 % liegen wird. Die Wahrscheinlichkeit weiterer Zinssenkungen steigt mit zunehmenden Rezessions- und Unterschreitungsrisiken.
Keine einfachen Lösungen aus der Fiskalpolitik
Die Fiskalpolitik dürfte angesichts der knappen Haushaltslage der
meisten EU-Mitgliedsstaaten nicht so unterstützend sein wie während der
Energiekrise.
Einige Länder könnten sektorspezifische Hilfen anbieten, wie
beispielsweise das kürzlich von der spanischen Regierung angekündigte
14-Milliarden-Euro-Paket. Doch nur Deutschland verfügt über ausreichend
Spielraum für substanzielle fiskalische Unterstützung. Angesichts der
drohenden dritten Rezession ist es möglich, dass die fiskalischen
Beschränkungen ausgesetzt werden, um die deutsche Industrie unmittelbar
zu unterstützen.
Dennoch befindet sich die EU insgesamt in einer schwierigen Lage.
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