Schroders: Ausblick 2018 - Aktien Asien ohne Japan

Das günstige globale Umfeld für asiatische Aktien spricht dafür, dass sich allgemeine langfristige Trends 2018 weiter fortsetzen werden.

29.12.2017 | 12:10 Uhr

2017 war ein bemerkenswertes Jahr für asiatische Aktien. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Ausblicks beliefen sich die Gesamtrenditen für die Märkte in der Region auf ca. 40 % (in US-Dollar). Das ist die stärkste Jahresentwicklung seit 2009 und zählt zu den besten fünf Kalenderjahrrenditen der vergangenen 30 Jahre.

Noch bemerkenswerter dabei ist, dass die Welt vor einem Jahr noch mit enormen Unsicherheiten an der politischen und wirtschaftlichen Front konfrontiert war. In den USA wurde Donald Trump überraschend zum Präsidenten gewählt, der Brexit sorgte für große Unsicherheit, und in Europa ließ zudem der allgemeine Aufstieg populistischer Parteien Zweifel an der künftigen Integrität der Europäischen Union aufkommen. Ein erstarkender US-Dollar, üblicherweise ein Belastungsfaktor für die asiatischen Märkte, und die Furcht vor einer Eskalation in Nordkorea setzten allem noch die Krone auf.

Welche Lehren können wir nun aus der Tatsache ziehen, dass Aktien diese Risiken so spektakulär ignoriert und an zahlreichen Märkten der Region weiter einen Höchststand nach dem anderen markiert haben?

Ein „Goldlöckchen“-Umfeld

Die erste Lehre besteht darin, dass die Wirtschaft wichtiger als die Politik ist und dass den politischen Worten meistens keine realen Taten folgen. So hat es in den USA bisher keine massiven Stimulierungspakete gegeben, die Pläne zum steuerlichen Grenzausgleich wurden fallengelassen, und von nennenswerten Zollbarrieren kann ebenfalls keine Rede sein.

Unterdessen haben sich auf makroökonomischer Ebene das moderate Wirtschaftswachstum und die niedrige Inflation vom vergangenen Jahr fortgesetzt und so ein weiterhin ideales Umfeld für Aktien geschaffen – weder zu heiß noch zu kalt. Das globale Wachstumsbild hat sich dabei insgesamt noch etwas verbessert.

Auch der US-Dollar hat gegenüber seinen bisherigen Höchstständen nachgegeben, was es den asiatischen Ländern angesichts aufwertender Lokalwährungen leichter macht, ihre Schulden zu bedienen. All dies hat dafür gesorgt, dass das konstruktive „Risk-on“-Umfeld für Aktien weltweit weiter bestehen bleibt, was wiederum die lokalen Märkte unterstützt.

Gewinnschub

Zweitens, und vielleicht noch wichtiger: Die Gewinne der Unternehmen übertrumpfen die Wirtschaft. Was asiatische Aktien in diesem Jahr so stark beflügelt hat, waren die sehr guten Ergebniszahlen und die Tatsache, dass Erwartungen stets übertroffen wurden.

Anfang 2017 lag die Konsensschätzung für das diesjährige Wachstum des Gewinns je Aktie (EPS) bei ca. 12 %. Mittlerweile sieht es jedoch ganz danach aus, als würde dieses Wachstum mit mindestens 22 % zu Buche schlagen – ein weitaus dynamischeres Ergebnis.

Obwohl die Marktindizes um 40 % zugelegt haben, mussten die Bewertungskennzahlen also nicht als primärer Treiber des Anstiegs fungieren. Zudem liegt das geschätzte durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Index für die nächsten zwölf Monate mit 13–14 nur leicht über dem Wert, den es zu Beginn des Jahres markierte.

Gewinnprognosen für den MSCI Asia ex Japan

(Quelle: Factset, Datastream, CLSA, Stand: Oktober 2017.)

Dabei ist bemerkenswert, dass ein Großteil des Wachstums nicht von den traditionell untersuchten makroökonomischen Faktoren angetrieben ist. Vielmehr beruht es auf dem „glücklichen“ Umstand deutlich niedrigerer Durchschnittspreise für DRAM- und NAND-Speicherchips, die zu den wichtigsten Bestandteilen von Smartphones, Laptops, Servern und anderen IT-Produkten zählen.

Ein bedeutender Teil des EPS-Wachstums von 22 % entfällt auf koreanische Technologieunternehmen, allen voran Samsung Electronics und SK Hynix. Allein diese beiden Unternehmen werden 2017 voraussichtlich ungefähr 52 Mrd. US-Dollar verdient haben – verglichen mit lediglich 22 Mrd. US-Dollar im Vorjahr. Ca. 70 % davon sollten auf Gewinne ihrer Speichersparten zurückzuführen sein.

Beiträge zum Gewinnwachstum nach Sektoren

(Quelle: UBS, Stand: Oktober 2017.)

Steigende Speicherchip-Preise haben wenig mit den herkömmlichen makroökonomischen Faktoren zu tun; vielmehr sind sie das Ergebnis verbesserter industriespezifischer Angebots- und Nachfragetrends. Die Branche hat sich von einem irrationalen Markt von mehr als zehn Anbietern hin zu einem stabileren „Oligopol“ von lediglich drei bis vier Akteuren konsolidiert.

Samsung dominiert mit einem Marktanteil von 40–50 %. Die Nachfrage ist inzwischen noch einmal deutlich gestiegen, wozu vor allem der rasante Ausbau von Cloud-Computing-Datenzentren durch Unternehmen wie Amazon, Alibaba, Google und Microsoft beigetragen hat.

Auch die E-Commerce-Anbieter in China haben zuletzt ein sehr robustes Gewinnwachstum verzeichnet, allen voran das Dreierbündnis bestehend aus Baidu, Alibaba und Tencent. Diese drei Unternehmen dürften zusammen einen um mehr als 80 % höheren Gewinn gegenüber dem Vorjahr ausweisen. Wie bei den koreanischen Technologietiteln haben die Gewinne die Erwartungen in diesem Jahr durchgehend übertroffen, und die Prognosen wurden deutlich angehoben.

Auch in diesem Fall richten sich die Gewinntreiber nach längerfristigen Branchentrends und sind dabei weitgehend unkorreliert zu klassischen Faktoren wie Wirtschaftswachstum oder Staatsausgaben. Was wir gerade erleben, ist eine Revolutionierung der Art und Weise, wie Verbraucher Zeit verbringen (mehr Social Media/Gaming), konsumieren (mehr E-Commerce), Transaktionen tätigen (mehr Online-Zahlungen) und nach Informationen suchen, und wie Unternehmen im Gegenzug mit ihren Kunden interagieren. Dabei entsteht eine Fülle von Daten, aus der die Unternehmen schöpfen können. Um es mit ihren Worten zu sagen: „Daten sind das neue Öl.“

Fokus auf die Zukunft

Die dritte Lehre ist, dass sich das operative Umfeld für viele Unternehmen immer noch sehr schwierig gestaltet, obwohl das globale Wachstum angezogen hat und das Wachstum der Gewinne solide wirkt. Die durchschnittliche Wertentwicklung des Marktes verschleiert allerdings die Tatsache, dass auf einige der ganz großen Gewinner ein überproportionaler Anteil der Ausbeute entfällt. Als Anleger müssen wir daher die Zukunft und die sich in nahezu allen Branchen rasant verändernden Gegebenheiten genau im Auge behalten.

Mit Blick auf 2018 glauben wir, dass die oben genannten Lehren nichts von ihrer Relevanz einbüßen. Politische Unsicherheiten bleiben wie immer bestehen, während die Pläne der US-Notenbank Fed zur Erhöhung der Zinsen und zum Abbau ihrer Bilanz nach wie vor das Potenzial haben, die Märkte zu erschüttern. Den Fokus unserer Aktienportfolios sehen wir jedoch weiterhin stärker auf den Fundamentaldaten von Unternehmen als auf den makroökonomischen Umtrieben von Politikern und Notenbanken.

Allgemeine langfristige Trends wie der zunehmende Einsatz von Roboter- und Automatisierungstechnik in der verarbeitenden Industrie sowie die zukünftige Nutzung elektrischer und autonomer Fahrzeuge werden sich mit der Zeit nur noch verstärken. Es ist nur zehn Jahre her, dass das erste iPhone vorgestellt wurde und damit den Startschuss für einen explosionsartigen Anstieg des Online-Geschäfts gab. Genauso stecken beispielsweise auch das maschinelle Lernen und die künstliche Intelligenz noch in den Kinderschuhen.

Vor diesem Hintergrund sind wir weiterhin gespannt in Bezug auf das längerfristige Wachstumspotenzial vieler Titel, die wir in unseren asiatischen Aktienportfolios halten. Auch wenn die Märkte relativ „effizient“ sind – und zwar derart, dass die Bewertungen stärkerer Unternehmen vollständig auf den aktuellen Gewinnen basieren –, sind wir dennoch der Ansicht, dass sie noch keine Merkmale einer Blase aufweisen und dass die besseren Unternehmen in den nächsten ein bis zwei Jahren in ihre aktuellen Kennzahlen hineinwachsen können.

Nach der sehr guten Entwicklung 2017 rechnen wir nun für die nächsten zwölf Monate mit moderateren Renditen, was Anleger aber nicht davon abhalten sollte, in den Gewinnern von morgen investiert zu bleiben.

 

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Der Beitrag wurde am 19.12.17 auch auf schroders.com veröffentlicht.

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