Metzler: Eine Zwischenbilanz der Abenomics

Mehrere Wirtschaftsdaten zeigen, dass die sogenannten „Abenomics“ in Japan erfolgreich waren. Der Kreditzyklus ist wieder in Gang und die Industrieproduktion steigt, so Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management. Die Frage ist, wie das Land auf die Arbeitskräfteknappheit reagiert.

26.02.2018 | 11:19 Uhr

Der japanische Premierminister Shinzo Abe verlängerte vergangene Woche die Amtszeit des Präsidenten der japanischen Zentralbank Kuroda um weitere fünf Jahre bis 2023. Die Ernennung Kurodas, der als „Taube“ für eine expansive Geldpolitik steht, im März 2013 war ein weiterer Baustein der sogenannten „Abenomics“ – einer Wirtschaftspolitik, die mit einer Kombination aus expansiver Geld- und Fiskalpolitik sowie Strukturreformen die lange Phase der Stagnation der japanischen Wirtschaft überwinden will. Insgesamt scheint uns jetzt ein guter Zeitpunkt zu sein, um eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Ein Blick auf die Wirtschaftsdaten zeigt, dass die Abenomics überwiegend erfolgreich waren: So wuchs das reale Einkommen pro Kopf in Japan seit 2012 um etwa 1,3 % pro Jahr; in den USA waren es im gleichen Zeitraum etwa 1,4 %. 2012 lag die Inflation noch bei 0,0 %, während in diesem Jahr die Mehrheit der Volkswirte laut Bloomberg-Umfrage mit einer Inflation von etwa 1,0 % rechnet. Ein entscheidender Grund für den Erfolg ist, dass die japanische Wirtschaftspolitik den Kredit-zyklus wieder in Gang bringen konnte.

Japan: Kreditzyklus funktioniert seit Abenomics wieder
Kredite an den privaten Sektor in Bio. Yen

(Quellen: Thomson Reuters Datastream, Metzler; Stand: 30.6.2017)

Nach dem Platzen der Blase am Aktien- und Immobilienmarkt gegen Ende der 1980er-Jahre waren die privaten Haushalte und Unternehmen in Japan überschuldet und das Bankensystem insolvent. Dementsprechend fokussierten sich die privaten Akteure bis 2012 darauf, ihre Schulden abzubauen und ihre eigenen Bilanzen in Ordnung zu bringen. Auch wurde das Bankensystem umfangreich über viele Jahre hinweg saniert. Seitdem ist es jedoch gelungen, die „animal spirits“ zu beleben, sodass die private Kreditnachfrage wieder stetig wächst und somit die Binnennachfrage stützt. Darüber hinaus haben sich auch die Perspektiven für den Export merklich verbessert. So ist die Auftragseingangskomponente des ISM-Index (Donnerstag) in den USA ein sehr guter Frühindikator für die japanischen Exporte.

Japan: Exporte folgen der US-Konjunktur

(Quellen: Thomson Reuters Datastream, Metzler; Stand: 30.11.2017)

Insgesamt ist die japanische Wirtschaft in exzellenter Verfassung. Das dürfte die Wachstumsrate der Industrieproduktion (Mittwoch) untermauern, für die wir mit einem Anstieg von 4,4 % im Dezember 2017 auf 5,2 % im Januar 2018 rechnen, ebenso wie der japanische Einkaufsmanagerindex (Donnerstag), der sich bei über 54 bewegen dürfte.

Die spannende Frage ist nunmehr, wie die japanische Wirtschaft auf die zunehmende Arbeitskräfteknappheit reagieren wird. Bisher wächst die Beschäftigung (Freitag) noch mit mehr als 1,0 % pro Jahr, da viele Frauen in den Arbeitsmarkt kommen. Doch reicht die zusätzliche Beschäftigung schon jetzt nicht mehr, um die gesamte Arbeitskräftenachfrage zu decken, sodass auf jeden Arbeitsuchenden im Durchschnitt 1,6 offene Stellen kommen – mit steigender Tendenz.

Japan: Mehr offene Stellen als Bewerber

(Quellen: Thomson Reuters Datastream, Metzler; Stand: 31.12.2017)

Die nur moderate Lohndynamik zeigt, dass die japanischen Unternehmen die knappen Arbeitskräfte bisher anscheinend ausreichend mit Robotern und Software ersetzen können. 2015 waren beispielsweise durchschnittlich 3,14 Roboter in der japanischen Industrie pro 100 Arbeitnehmer im Einsatz. In Deutschland lag der Wert bei 2,92 und in den USA bei 1,64. Vor diesem Hintergrund bestehen gute Chancen, dass die japanischen Unternehmen ihre Investitionsausgaben merklich steigern werden und dass die Produktivität in den kommenden Jahren deutlich zulegen wird.

Ein Risikoszenario ist jedoch, dass die Knappheit am Arbeitsmarkt nicht schnell genug durch neue Technologien gemildert werden kann, sodass es doch früher oder später zu einer erhöhten Lohndynamik und merklich steigenden Inflationsraten kommt. In diesem Fall müsste die japanische Zentralbank viel schneller als geplant den Kauf von Anleihen und Aktien beenden und die Zinsen erhöhen, was zu einer turbulenteren Phase an den Finanzmärkten führen dürfte.

Insgesamt sprechen die hohe Profitabilität japanischer Unternehmen und deren hohe Cash-Bestände dafür, dass die Unternehmen über ausreichend Liquidität verfügen, um die Investitionen in die digitale Zukunft zu finanzieren.  

Japan: Unternehmensgewinne auf hohem Niveau

(Quellen: Thomson Reuters Datastream, Metzler; Stand: 31.12.2017)

 USA: Stabiles Wachstum

In den USA war schon im letzten Jahr zu beobachten, dass die Steuerrückerstattungen aus dem vergangenen Jahr von knapp 200 Mrd. USD nicht wie üblich ab Ende Januar ausgezahlt wurden, sondern erst ab Ende Februar. Auch dieses Jahr scheint sich dieses Muster zu wiederholen, sodass der US-Konsum (Donnerstag) zu Jahresanfang noch schwächeln, dann aber im März wieder deutlich steigen sollte. Ansonsten dürften die Konjunkturdaten ein anhaltend stabiles Wachstum signalisieren: Neubauverkäufe (Montag), Auftragseingänge (Dienstag) und ISM-Index (Donnerstag).

Mit großer Spannung wird der erste Auftritt des neuen Präsidenten der US-Notenbank Powell (Mittwoch) vor dem US-Kongress verfolgt werden. Die Mehrheit der Finanzmarktakteure erwartet, dass er die Geldpolitik seiner Vorgängerin Janet Yellen mehr oder weniger fortsetzt.

Eurozone: IG-Metall als Spielverderber?

Die Geschäftsklimaindizes in der Eurozone, allen voran der ifo-Index, sind zwar wie erwartet gefallen, aber deutlich stärker als gedacht. Einige Volkswirte vermuten nun, dass der hohe Lohnabschluss der IG-Metall die Stimmung in der deutschen Industrie getrübt hat. Es bleibt abzuwarten, ob der Geschäftsklimaindex der EU-Kommission (Dienstag) sowie die endgültige Fassung des Einkaufsmanagerindex (Donnerstag) dies bestätigen. Immerhin befindet sich die Arbeitslosenquote (Donnerstag) in der Eurozone in einem dynamischen Abwärtstrend, sodass tendenziell steigende Lohnabschlüsse durchaus mit dem Wirtschaftsumfeld vereinbar sind. Daraus schon Risiken für die Inflation (Mittwoch) abzuleiten, ist jedoch noch zu früh, da erst ein Basiseffekt dafür sorgen wird, dass die Inflation von 1,3 % im Januar auf den voraussichtlichen Jahrestiefstand von 1,1 % im Februar fallen wird. Zuletzt werden noch die Geldmengen und Kreditdaten (Dienstag) veröffentlicht.   


Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht

Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management

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