Metzler: Bankenaufsicht erhöht Messlatte für EZB

Seit beschlossen wurde, eine europaweite Bankenaufsicht unter der Ägide der Europäischen Zentralbank (EZB) einzurichten, streiten sich Kritiker und Befürworter.

13.02.2015 | 11:16 Uhr

Ist eine Institution, die sowohl für die Geldpolitik als auch für die Bankenaufsicht zuständig ist, dieser Aufgabe gewachsen, ohne einen Interessenkonflikt einzugehen? In Zukunft wird sich die EZB nun nicht nur an der Inflationsrate im Euroraum, sondern auch an der Stabilität des Bankensektors messen lassen müssen.

Europäische Bankenunion als Antwort auf die Finanzkrise 

Am 4. November 2014 hat die EZB offiziell die Aufsicht über die europäische Bankenlandschaft übernommen. Somit unterstehen nun die 120 wichtigsten Bankengruppen direkt der EZB-Aufsicht. Die zahlreichen übrigen Geldhäuser werden von nationalen Behörden beaufsichtigt, die wiederum in direkter Kommunikation mit der EZB stehen.

Die Zentralisierung der Bankenaufsicht bei einer supranationalen Institution war eine Reaktion auf die weltweite Finanzkrise und die darauf folgende Staatsschuldenkrise in Europa: Der allgemeine Tenor lautete, dass das Versagen der nationalen Bankenaufseher zur Entstehung der Krise beigetragen hat, weil die immer riskanteren Positionen in den Bankbilanzen sowie unzureichende Kapitalquoten und Ansteckungsrisiken zu lange ignoriert und/oder toleriert worden waren. Viele Kritiker warfen den Behörden sogar vor, sie litten an einem „home bias“ und würden heimischen Kreditinstituten gegenüber hin und wieder ein Auge zudrücken, nicht zuletzt, um den nationalen Staatshaushalt nicht zu gefährden.

Rechtliche Grundlage der EZB-Bankenaufsicht: Single Supervisory Mechanism (SSM)

Um den europäischen Bankensektor stabiler und krisenfester zu machen, beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, eine „Europäische Bankenunion“ einzurichten. Die rechtliche Grundlage für die EZB-Bankenaufsicht ist der einheitliche Aufsichtsmechanismus SSM (Single Supervisory Mechanism) – die erste von drei geplanten Säulen der Bankenunion. Ziel des SSM ist, einheitliche Voraussetzungen – ein sogenanntes „level playing field“ – zu schaffen, sodass künftig alle europäischen Banken demselben strengen Regelwerk unterliegen und es somit kein „regulatorisches Gefälle“ innerhalb der EU mehr gibt. 

Es stellen sich nun folgende Fragen: Erstens, macht dieser Schritt den europäischen Finanzsektor wirklich robuster? Und zweitens, ist die EZB tatsächlich die richtige Institution für eine zentrale Bankenaufsicht?

Vor allem die zweite Frage, ob Zentralbanken als Bankenaufsicht geeignet sind, spaltet die Fachwelt schon seit Jahrzehnten. Befürworter einer solchen „kombinierten Institution“ verweisen oft auf mögliche Synergieeffekte von Geldpolitik und Bankenaufsicht, etwa weil die Nutzung von Daten aus der Bankenaufsicht einen optimierten Einsatz geldpolitischer Instrumente ermöglichen könnte. Darüber hinaus lässt sich auch die bereits bestehende Expertise der Zentralbank zu finanzmarktrelevanten Themen als starkes Argument für die EZB-Bankenaufsicht anführen.

Kritiker, darunter der ehemalige Bundesbankpräsident Axel Weber, befürchten dagegen, dass die EZB durch ihre neue Aufgabe zur „eierlegenden Wollmilchsau der Eurozone“ werde. Die Sorge, dass die EZB durch mögliche Interessenkonflikte überfordert wird, lässt sich unter anderem zurückführen auf die „Tinbergen-Regel“: Um eine bestimmte Anzahl verschiedener Aufgaben zu erfüllen, wird eine mindestens ebenso große Anzahl an voneinander unabhängigen Instrumenten benötigt. Für die EZB hieße das: Um neben einer funktionierenden Bankenaufsicht auch weiterhin konsequente Geldpolitik mit dem Ziel der Preisstabilität betreiben zu können, bräuchte sie geldpolitische Werkzeuge, die keinen Einfluss auf die Ziele der Bankenaufsicht hätten.

Der vollständige Ausblick im pdf-Dokument

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