Länderblickpunkt Indonesien

Titel der Publikation: Länderblickpunkt Indonesien
Veröffentlichung: 12/12
Autor: Christoph Witte
Auftraggeber: Delcredere NV (Website)
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Inselstaat gehört zu den weltweit am stärksten wachsenden Volkswirtschaften. Staatsverschuldung ist rapide gesunken. Weitere Reformen sind dennoch nötig.

13.12.2012 | 17:14 Uhr

Indonesiens Staatspräsident und Regierungschef Susilo Yudhoyono stellt sich 2014 der Wiederwahl. Nach einer durchaus erfolgreichen ersten Amtszeit stehe das zweite Mandat jedoch unter einem schlechten Stern, stellt Christoph Witte in seinem „Länderblickpunkt Indonesien“ im Auftrag von Delcredere NV fest. Er habe Stabilität, demokratische Verhältnisse und einen Rückgang der politischen Gewalt versprochen. „Doch er enttäuschte in den vergangenen Jahren insbesondere hinsichtlich der Armutsbekämpfung und des Infrastrukturausbaus“, so Witte. Statt ehrgeizige Reformen umzusetzen, habe er es vorgezogen, Kompromisse einzugehen, um die Koalition stabil und die Lage unter Kontrolle zu halten. Vor den allgemeinen Wahlen 2014 seien daher kaum noch Reformen zu erwarten.

Starke Wirtschaft trotz globaler Schwierigkeiten

Indonesiens Wirtschaft habe die globale Finanzkrise von 2008/2009 außergewöhnlich gut überstanden. Das Land zähle heute weltweit und innerhalb Asiens zu den Staaten mit den höchsten Wachstumsraten. „Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im Zeitraum 2009 bis 2011 im Jahresdurchschnitt um 5,8 Prozent zu, womit das Wachstum genauso hoch war wie in den drei Jahren vor der Krise“,  sagt Witte. Diese gute Leistung in einem schwierigen Umfeld beruhe auf einer soliden und stetigen Wirtschaftspolitik sowie starken ökonomischen Faktoren. Allerdings habe sich die Konjunktur nach einem Rekordwachstum von 6,5 Prozent im Jahr 2011 wieder verlangsamt. Witte führt dies auf die Krise in der Euro-Zone und das eingetrübte globale Umfeld einschließlich der schwächeren chinesischen und indischen Nachfrage nach indonesischen Rohstoffen zurück. Er ist jedoch überzeugt, dass die globalen Schwierigkeiten den guten wirtschaftlichen Aussichten des Landes nur wenig schaden. Die ausgewogene Wirtschaftsstruktur sorge für eine relativ widerstandsfähige und stabile Konjunktur. „Im Unterschied zu vielen anderen asiatischen Ländern stützt sich die Wirtschaft weniger auf Exporte in die seit 2009 krisengeplagten Industrieländer, dafür stärker auf eine robuste Inlandsnachfrage, die mit einem BIP-Anteil von 60 Prozent der Hauptwachstumstreiber ist“, so der Experte.

Das Zusammenspiel geringer Exportzuwächse, rapide zunehmender Investitionsgüterimporte und der Konsum der wachsenden Mittelschicht bringe die Leistungsbilanz Indonesiens allerdings erstmals seit 1997 in die roten Zahlen. „Auch wenn die Exporte langfristig durch die chinesische und insbesondere die stark wachsende indische Nachfrage nach den indonesischen Rohstoffen Gummi, Kohle und Palmöl gestützt werden dürften, wird die Leistungsbilanz wegen der boomenden Investitionen voraussichtlich defizitär im Bereich von zwei bis drei Prozent des BIP verharren“, glaubt Witte. Diese Entwicklung gebe aber keinen Anlass zur Sorge, denn die auf Investitionen beruhende Importnachfrage diene der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Inselstaates.

BIP-Wachstum: Stabiler als andere ASEAN-Staaten

Externer Finanzierungsbedarf wird trotz globaler Unsicherheit gedeckt

„Die Lücke in der Zahlungsbilanz dürfte in den nächsten Jahren durch die ausländischen Direktinvestitionen finanziert werden, die durch die guten Wachstumsaussichten und Investitionsmöglichkeiten in Indonesien angezogen werden“, erwartet Witte. Folglich werde die Regierung weiterhin auf Auslandsinvestitionen setzen müssen, um ein größeres Volumen an ausländischen Direktinvestitionen anzuziehen. Diese bewegten sich seit 2010 auf hohem Niveau. Im Jahr 2011 habe der Kapitalzufluss einen Rekordwert von 20 Milliarden US-Dollar erreicht (etwas mehr als Indien) und dieser Trend setze sich 2012 fort. Der Rohstoffsektor profitierte am stärksten von diesen Investitionen.

„Indonesiens Wirtschaft ist zwei Risiken ausgesetzt“, erläutert Witte. „Einem stärkeren Rückgang der chinesischen Rohstoffnachfrage und einer kurzfristigen Kapitalflucht an ‚sichere Orte‘.“ Insbesondere der Rückgang der Nachfrage aus China habe indirekte Auswirkungen auf die Weltmarktpreise und direkte Folgen für die indonesischen Exporte, da das Reich der Mitte der zweitwichtigste Exportmarkt Indonesiens ist. Witte geht davon aus, dass der Anstieg des Leistungsbilanzdefizits gemeinsam mit einer erhöhten Risikoaversion der Investoren – die bereits in diesem Jahr zu einer Abwertung der indonesischen Rupiah gegenüber dem US-Dollar in Höhe von fünf Prozent sorgten – die lokale Währung weiter unter einen leichten Abwertungsdruck setzen werden.

Die Inflationsrate habe in den vergangenen Jahren unter Kontrolle gehalten werden können. Angesichts des etwas eingetrübten und unsicheren wirtschaftlichen Umfeldes, sieht Witte die Geldpolitik darauf ausgerichtet, die Inflationsrate mittelfristig zwischen 3,5 Prozent und 5,5 Prozent zu halten. „Die Teuerung dürfte vor allem durch steigende Nahrungsmittel- und Benzinpreise angetrieben werden, zumal die Weltmarktpreise für Erdöl nach oben tendieren und der Abbau von Subventionen zu Preiserhöhungen führt“, so der Autor des Länderblickpunkts. 

Solide Staatsfinanzen, aber Reformbedarf

Die Lage der öffentlichen Finanzen verbessere sich stetig durch die anhaltende Haushaltsdisziplin. Zwischen 1999 und 2011 sei die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP von 92,0 Prozent auf 24,5 Prozent gesunken. Dieser rückläufige Trend werde sich voraussichtlich fortsetzen. Zudem seien die Aussichten für die sich stabil auf niedrigem Niveau bewegenden Neuverschuldung durchaus günstig. Die Zinslast habe sich seit 2009 von 11,3 Prozent auf 8,0 Prozent der Einnahmen verringert. „Angesichts dieser Erfolge und des günstigen Ausblicks bewerten die internationalen Ratingagenturen Indonesiens Staatsanleihen wieder im Investment Grade Bereich“, sagt Witte. Standard & Poor's bewertet Indonesien mit BB+. Diese Bonitätseinstufung hatte das Land im Verlauf der Asienkrise verloren.

Jedoch gebe es auch Themen, die die Regierung angehen sollte. Witte hält eine Steuerreform mit dem Ziel, die geringen Einnahmen von nur 16 Prozent des BIP zu verbessern, für unerlässlich. Für eine Volkswirtschaft in der Größenordnung Indonesiens seien diese Einnahmen bei weitem zu gering. Auf der Ausgabenseite sollten die hohen Energiesubventionen von 3,4 Prozent des BIP oder 20 Prozent der Gesamtausgaben abgebaut werden. „Die Bemühungen, diese Subventionen abzubauen, sind bislang meist fehlgeschlagen, weil sie unpopulär sind, mit der Folge, dass die Anfälligkeit für Rohstoffpreisschwankungen fortbesteht“, so der Experte.

Staatseinnahmen: Indonesien liegt im Schwellenländer-Vergleich zurück

Den längerfristigen Ausblick Indonesiens sieht Witte angesichts eines durchschnittlichen Wachstums von 6,5 Prozent jährlich als vielversprechend. Das große Potenzial des Landes beruhe auf seiner günstigen demografischen Entwicklung mit der weltweit viertgrößten und zugleich sehr jungen Bevölkerung. Hohe Spar- und Investitionsquoten, eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur, eine hohe Verbrauchernachfrage mit weiterem Wachstumspotenzial und eine reiche Ressourcenausstattung lassen optimistisch in die Zukunft blicken.

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