“Die Menschen gewöhnen sich an die Volatilität”

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos sorgen derzeit drei verschiedene Papiere für Aufsehen. Alle drei warnen von einer Abschwächung der Weltkonjunktur.

22.01.2019 | 15:15 Uhr von «Thomas Gräf»

"Die Zukunft war früher auch mal besser", beschwerte sich einst Karl Valentin und auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos wird diese Weisheit einmal mehr bestätigt: Die Befürchtungen um die Zukunft, konkret um die künftige Entwicklung der Weltwirtschaft, nehmen zu.

Heute früh warnte die Chefin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde, das Wachstum der Weltwirtschaft werde in diesem Jahr “nur” rund 3,5 Prozent erreichen – nach 3,7 Prozent im vergangenen Jahr. Die Weltbank kommt hingegen auf andere Werte; nach deren Berechnung fällt das globale BIP von 3,0 auf 2,9 Prozent, doch die Tendenz zeigt in die gleiche Richtung. Aber ist das schon Anlass zur Besorgnis? Zur Erinnerung: Dass die Wachstumsraten der Weltwirtschaft zurückgehen, war in der Vergangenheit nicht ungewöhnlich – wenn man bei einem Rückgang um 5,4 bzw. 3,3 % – je nach Quelle – überhaupt von einem Einbrechen reden mag. Tatsächlich zeigt ein Blick auf die Vergangenheit, dass sich die Wachstumsraten des globalen BIP seit 2011 in einem Band zwischen 2,5 und 3,1 % eingependelt haben – historisch betrachtet eine ungewöhnlich lange stabile Reihe.

Quelle: Weltbank

Schuld an den revidierten Erwartungen des IWF ist übrigens vor allem die hinkende Wirtschaft in Deutschland. Hierzulande soll das Wachstum der Wirtschaft um 0,6 % sinken, erwarten die Ökonomen vom Währungsfonds. Das – zusammen mit negativen Zahlen aus Frankreich und Italien – reduziert das Wachstum der Eurozone dann um 0,3 % und eben das der ganzen Welt um 0,2 %.

Quelle: IWF

Die sich verdüsternde Aussicht auf die weltweite Konjunktur teilen nach Erkenntnis der Wirtschaftsberater von PricewaterhouseCoopers auch ein Drittel der CEOs weltweit. Alljährlich befragt PwC rund 1.400 Manager zu ihrer Einschätzung der Lage. Das Ergebnis: 29 Prozent von ihnen glauben, dass das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr abnehmen wird. Das fast sechsmal soviel wie im Vorjahr und der höchste Wert seit 2012. Damals stieg das globale BIP übrigens ander als erwartet von 2,5 % auf 2,6%.

Vor allem die Manager in den USA sehen die Zukunft nicht mehr so rosig wie noch vor einem Jahr. Doch auch im Rest der Welt hat sich das Sentiment verschlechtert. Als besorgniserregend empfinden die Befragten die zunehmenden Handelskonflikte und den Protektionismus.

PwC-Vorstand Tim Ryan erklärte zu dem Report gegenüber Reuters: “Wir waren in den vergangenen Jahren sechs bis acht Jahren nach der Finanzkrise ein wenig verwöhnt”. Die Unsicherheiten in der Wirtschaft seien die neue Normalität: “Die Menschen gewöhnen sich an die Volatilität”.

Eine weitere warnende Stimme war in Davos aus dem Off zu hören: Der Value-Investor Seth A. Klarman, Chef des Asset Managers Baupost Group und selbst nicht anwesend, sorgt sich in einem Brief an seine Anleger über die wachsende Staatsverschuldung in den Industrienationen seit der Finanzkrise: In den USA, Frankreich, Kanada, Großbritannien und Spanien nähert sich die Schuldenquote bereits 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder hat sie sogar überschritten – darin könne die Ursache für die nächste Finanzkrise schlummern.

Vor allem die Schulden der USA bedrohen nach Ansicht Klarmans den Status des Dollars als Leitwährung. “Wir wissen nicht, wieviel Schulden zu viel sind. Aber es wird unausweichlich der Zeitpunkt kommen, an dem die Gläubiger sich weigern, Schulden zu Preisen zu kaufen, die wir uns noch leisten können.” Dann, so Klarman, sei es aber zu spät, den Haushalt noch in Ordnung zu bringen.

Klarmans Brief wird  derzeit zusammen mit dem Papier des Währungsfonds und der Studie von PwC in Davos unter der Hand weiter gereicht. Ob die Auguren recht behalten, muss sich erst noch zeigen. Leider sind aber Prognosen, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen, noch immer recht schwierig.

Diesen Beitrag teilen: