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Russland braucht Reformen

Marktausblick

Land besitzt reiches Ressourcenvorkommen. Landwirtschaft mit Produktivitätsschub. Kapitalflucht als große Herausforderung.

29.05.2012 | 07:45 Uhr von «Patrick Daum»

Kurz nach der Wahl Wladimir Putins zum neuen Präsidenten Russlands im März, erschien bei FundResearch der Artikel „Erwartungen an russische Wirtschaft gehen auseinander“. Damals waren sich die Experten uneinig, wie es mit der ehemaligen Sowjetmacht weitergeht. Zwei Monate später analysiert Pierre Ciret, Ökonom bei Edmond de Rothschild, die aktuelle Lage.

„Nach einem schwierigen Start, der durch komplexe, wenn nicht gar chaotische staatliche Organisation und Wirtschaftspolitik des Landes sowie den Staatsbankrott im Jahr 1998 bedingt war, hat es Russland seither weit gebracht“, meint Ciret. Dies habe das Land vor allem ausländischen Investoren und dem Anstieg der Gas- und Ölpreise zu verdanken. Dadurch seien höhere Einnahmen erzielt worden, wovon die Bevölkerung profitierte und den privaten Konsum zu einer treibenden Wirtschaftskraft machte. „Das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) macht fast 1.500 Milliarden US-Dollar aus und rangiert damit zwischen Italien und Spanien“, sagt Ciret. Im vierten Quartal 2011 sei das BIP real um 4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Das Pro-Kopf-Einkommen belaufe sich mittlerweile auf rund 10.000 US-Dollar.

Russlands große Stärke liege im riesigen Ressourcenvorkommen von Erdgas, Erdöl und Kohle. „Mit 26 Prozent der weltweit nachgewiesenen Reserven dürfte Erdgas einer der Schlüsseltreiber für das Wachstumspotenzial des Landes sein, was auch der geografischen Nähe zu den europäischen Märkten zu verdanken ist“, sagt Ciret. Vor allem die Nord-Stream-Pipeline stärke diese Marktposition weiter. Zudem setze Russland alles daran, die Reserven zu erhöhen: Die Erkundung von Bergbauressourcen wie Nickel, Kobalt, Platin, Gold, Kupfer und Aluminium treibt das Land in der Arktis voran.

Ausländische Investoren vor allem aus Schweden und Großbritannien halfen durch die Lieferung von Maschinen und Lagerausrüstung dabei, die Landwirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Insbesondere die Produktion von Getreide habe dadurch gesteigert werden können, wodurch Russland zu dessen weltweit zweitgrößten Produzenten und viertgrößten Exporteur geworden sei. Holz exportiere das Land ebenfalls, vorwiegend nach China. Zudem konnten große Handelsüberschüsse erwirtschaftet werden: „19,8 Milliarden US-Dollar allein im Februar 2012 und 142 Milliarden US-Dollar im Gesamtjahr 2011“, so der Experte von Edmond de Rothschild. Nach wie vor wichtigster Handelspartner bleibe mit einem Anteil von 10 Prozent an den russischen Gesamtexporten Deutschland.

Erfolgreich ist Russland auch im Kampf gegen die Inflation: Das – auf das Jahr hochgerechnete – Niveau von 3,6 Prozent im April stelle ein Rekordtief dar. Noch im Januar habe die Teuerung mit 9,6 Prozent zu Buche geschlagen. Allerdings könnte sich die russische Zentralbank aufgrund einer kräftigen Kreditexpansion dazu veranlasst sehen, an ihrer restriktiven Geldpolitik festzuhalten, anstatt die Leitzinsen zu senken.

Trotz der beeindruckenden wirtschaftlichen Leistung Russlands habe die Diversifizierung der Wirtschaft keine Priorität gehabt. Nach offiziellen Quellen werde sie zu 60 Prozent staatlich kontrolliert. Die größten privaten Unternehmen seien stark mit der Politik verflochten. „Eine Situation, die nicht immer zu Effektivität geführt hat“, merkt Ciret an. „Eine stärkere wirtschaftliche Liberalisierung ist bisher nur eine Idee geblieben, und die Wirtschaft muss noch ein neues Gleichgewicht finden“, bemängelt der Ökonom.

Erhebliche strukturelle Probleme stellten das Land zudem vor Herausforderungen. „Das erste dieser Probleme besteht darin, dass das Wirtschaftswachstum übermäßig abhängig von Rohstoffen und somit anfällig gegenüber deren Preisschwankungen ist“, weiß Ciret. Die Basis des Wirtschaftswachstums habe sich nicht verbreitert. Zwar expandiere der Dienstleistungssektor. Doch bleibe er zu begrenzt, um einen bedeutenden Beitrag zum BIP zu leisten. Das zweite Problem stelle der russische Haushalt dar. Dem äußeren Anschein nach weise dieser einen Überschuss auf. „In den vergangenen Jahren sind die Ausgaben jedoch kräftig gestiegen und die jüngsten Versprechen von mehr sozialer Gerechtigkeit werden diesen Trend nur verstärken“, so Ciret. Ohne die Einnahmen aus der Ölsteuer hätte das Haushaltsdefizit 2011 bei 11 Prozent des BIP gelegen. Wenn die Rohstoffmärkte einen Rückschlag wie 2008 erleiden, könnte die Lage kritisch werden. Eine stärkere Diversifizierung der Einnahmequellen sei nötig, so der Ökonom. Eine weitere Herausforderung stelle die historische Kapitalflucht dar. Im ersten Quartal 2012 sei ein geschätzter Abfluss von 45 auf 35 Milliarden US-Dollar verzeichnet worden. Dies setze die Landeswährung Rubel stark unter Druck.

„Neben der entscheidenden politischen Stabilität“, so Ciret, „gibt es andere Faktoren, die notwendig sind, damit das Land seine mittelfristigen Herausforderungen bestehen kann.“ Es bedürfe eines starken politischen Willens, um den Status quo nach der Präsidentschaftswahl im März zu ändern. Eine direkte Bedrohung für die Wirtschaft stelle zudem die demografische Entwicklung dar: „Russlands Wirtschaft schrumpft nicht nur stetig, sondern altert auch rapide“, stellt der Experte fest. Die Zahl der Menschen im erwerbstätigen Alter dürfte bis 2025 um zehn Millionen gesunken sein. Dass Russland in diesem Jahr der Welthandelsgemeinschaft (WTO) beitreten will, sei ein positives Zeichen für die Wirtschaft. Ciret hofft für die Zukunft auf mehr: „Nach der WTO wird Russland möglicherweise auch der OECD beitreten, was ein weiterer Schritt zur wirtschaftlichen Normalisierung des Landes wäre.“

(PD)

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