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MiFID-Expertin: „Unmut der Branche ist verständlich“

Marion Willems
Anlageberatung

Im Gespräch mit FundResearch erläutert Unternehmensberaterin Marion Willems die Auswirkungen des Konsultationspapiers und geht auf die Provisionsproblematik ein.

02.10.2014 | 06:45 Uhr von «Patrick Daum»

FundResearch: Seit Juni liegt das Konsultationspapier zu MiFID II vor. Hilft es Ihrer Meinung der Finanzbranche dabei, die genauen Auswirkungen durch die Richtlinie absehen zu können?

Marion Willems: Es ist noch alles im Fluss. Zur Erläuterung: Es gibt auf Level 1  bisher die MiFID II- und MiFIR-Richtlinie, insgesamt rund 550 Seiten. Auf Level 2 gibt es von der ESMA ein umfangreiches Konsultationspapier und ein Diskussionspapier, nochmal ungefähr 400 Seiten,  die beide noch nicht endgültig sind. Leider ist es so, dass teilweise die bisherigen Regelungen zu den unterschiedlichen Themen wie zum Beispiel Inducements oder Taping auf den unterschiedlichen Levels nicht einheitlich geregelt sind bzw. diese widersprüchlich sind. Insofern sind noch viele Fragen ungeklärt oder die Antworten sind zu unspezifisch, die Formulierungen bleiben vage und bilden nicht immer die gelebte Praxis ab. Auch das Konsultationspapier hat noch keinen endgültigen Charakter; darauf weise ich ausdrücklich hin, auch im Hinblick auf Ihre weiteren Fragen. Bis auf MiFIR ist noch nichts in Stein gemeißelt. Das Diskussionspapier liefert beispielsweise Antworten auf typische Schlagworte der MiFID II-Richtlinie (Level 1), die noch bis 2017 in nationales Recht  umgesetzt werden müssen. Man muss bedenken, dass an dem ganzen Entscheidungsprozess 28 Länder beteiligt sind, die alle versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Mit weiteren Details wird erst in 2015/2016 gerechnet.

FundResearch: Aber die eine oder andere Auswirkung muss doch schon jetzt ersichtlich sein. 

Marion Willems: Derzeit lassen sich die Auswirkungen grob wie folgt zusammenfassen: Erstens wird es verstärkte Anforderungen an die Marktstrukturen geben, das heißt neben den bisher gültigen Marktformen der geregelten Märkte (regulates markets, RM) und der multilateralen Handelssysteme, wird es demnächst die sogenannten „organized trading facilities“ (OTF) als Handelsplätze geben, die weder RM noch MTF sind. Das sind z.B. die von Wertpapierfirmen genutzten Broker Crossing Networks. Auch der algorithmische Handel (Hochfrequenzhandel) soll künftig stärker reguliert werden.

Zweitens wird künftig der Anlegerschutz noch mehr im Vordergrund stehen. Ich denke da vor allem an die Stichworte unabhängige provisionsfreie Beratung und Schaffung von Zielanlegergruppen für Finanzinstrumente sowie die entsprechende Steuerung des Vertriebs. Außerdem erwarte ich erhebliche Auswirkungen durch die neuen Aufzeichnungspflichten- Telefonaufzeichnung bei allen Transaktionen und Nachweise für die Qualitätsverbesserung bei Zuwendungen.

Drittens werden sich die Transparenz- und Reporting-Anforderungen künftig verschärfen. So werden die Anforderungen an Vor- und Nachhandelsreport und an das Transaktions- sowie das Positions-Reporting ausgeweitet. Ausführliche Anforderungen sind auch im gesamten Derivatemarkt vorgesehen. Dort wird unter anderem geregelt, welche Produkte zulässig sind und welche nicht. Das alles  beinhaltet natürlich weitreichende Implikationen für das Geschäftsmodell und damit auch für die dahinterliegenden Prozesse. Außerdem wird es viertens neue Governance- und Drittland-Anforderungen geben.

FundResearch: Wie umfangreich sind die geplanten Änderungen?

Marion Willems: Insgesamt sind sie sehr umfangreich, da sie alle Prozesse, Systeme, das Personal  und verschiedene Abteilungen einer Bank, eines Asset Managers, eines Finanzdienstleistungsinstituts oder eines IFAs betreffen, um nur ein paar der betroffenen Unternehmenstypen zu benennen.  Bestehende Geschäftsmodelle werden regelrecht umgekrempelt. Gerade im Derivate- bzw. OTC-Markt sehe ich hier noch weitreichende Anpassungen, die auf die Branche zukommen. Mehr denn je werden Kostenfragen das Geschäftsmodell  in Frage stellen und die Art und Weise wie Produkte gehandelt, gepreist und wie über sie reportet wird, wird sich dramatisch ändern.

FundResearch: Es sind Themen wie Provisionen oder Aufzeichnungspflicht von Beratungsgesprächen enthalten – also eigentlich nichts Neues. Ist das Papier mehr als eine Bestätigung dessen, was vorher schon bekannt war? Gibt es wirklich überraschende Neuigkeiten?

Marion Willems: Provisions- und Aufzeichnungsregelungen gab es vorher auch schon. Das ist richtig. Nur jetzt sind sie verschärft worden. Künftig muss der Anlageberater den Kunden darüber informieren, dass er in „unabhängiger“ Weise berät. Berät er nicht unabhängig, so muss er den Kunden ebenfalls informieren. Wenn der Kunde unabhängig beraten werden will, so muss der Anlageberater dem Kunden eine ausreichend große Produktpalette anbieten, die nicht auf die Produkte beschränkt ist, die er selbst auflegt. Außerdem muss er auf monetäre oder nicht-monetäre Vorteile von Dritten verzichten. Allerdings sind kleine nicht-monetäre Vorteile erlaubt, wenn sie der Beratungsqualität dienen. 

FundResearch: Aber wann dienen sie der Beratungsqualität? Um eine Verbesserung der Beratungsqualität zu definieren, beschreibt die ESMA nun die Fälle, in denen keine Verbesserung vorliegt. Wie bewerten Sie die Definition? Ist sie ausreichend? 

Marion Willems: Die Definitionen der ESMA in Level 2 sind noch sehr schwammig, zumal die Liste zum Begriff Qualitätsverbesserung nur eine Negativliste darstellt; faktisch wird damit aber die zuwendungsorientierte Beratung verboten. Grundsätzlich geht der Tenor dahin, dass zum Beispiel das Vorhalten von Infrastruktur, also zum Beispiel Personal, IT oder aber auch Compliance-Funktionen bzw. die Bereitstellung eines Compliance Officers oder Grundlagenresearch laut ESMA keine Qualitätsverbesserung mehr darstellen. Hiermit widerspricht die ESMA den Regelungen in Level 1. Dort ist ein grundsätzliches Verbot von Zuwendungen nicht vorgesehen. Nun stellt zum Beispiel Grundlagenresearch laut ESMA ein „non-monetary benefit“ dar. Dagegen wendet sich der BVI – Bundesverband Investment und Asset Management e.V. – sehr. Die ESMA zielt dabei darauf ab, dass nur solche Zuwendungen an abhängige Berater fließen dürfen, die tatsächlich einen qualitätsverbessernden Service für den Endkunden darstellen. Hier sind zum Beispiel Services gemeint, die jenseits der regulatorischen Anforderungen dem Endkunden zu Gute kommen. Da es bisher keine Differenzierung zwischen Infrastrukturmaßnahmen und darüber hinausgehender Qualitätsverbesserung gab, ist die Branche empört.

FundResearch: Wie könnte es besser gestaltet werden?

Marion Willems: Was bisher fehlt, ist eine Positivdefinition der Qualitätsverbesserung. Der BVI hat Anfang August 2014 in einem Positionspapier eine Positivliste erarbeitet. Qualitätsverbesserung dürfte zum Beispiel dann vorliegen, wenn der Endkunde zusätzliche Informationen erhält, die seine  Anlageentscheidung erleichtern. Hierzu könnten zum Beispiel Informationen über neue Produkte fallen oder auch Informationen, die dem Kunden helfen, Zugang zu einer größeren Palette von Finanzinstrumenten zu erlangen. Viele Independent Financial Advisors leben ausschließlich von dem Provisionsgeschäft. Die von der ESMA vorgeschlagene neue Handhabung  zu den Provisionen  bedeutet den Tod einer ganzen Branche. Daher fordert die Praxis, dass die Level 1-Regelungen gelten sollen.

FundResearch: Wie wahrscheinlich ist es, dass die ESMA auf den BVI hört? 

Marion Willems: Insgesamt bleibt abzuwarten, ob die ESMA aufgrund der Branchenreaktionen noch mal zurückrudert und das Provisionsverbot aufhebt bzw. den auch für die BaFin gelebten Status Quo aufrechterhält. Am Ende wird vielleicht ein Kompromiss herauskommen, schließlich entscheiden 28 Länder über diese Regelungen. Vielleicht gibt es dann auch eine Positivliste für Zuwendungen für Qualitätsverbesserung, das bleibt abzuwarten. Zum Zurückrudern ist bis 2017 noch viel Zeit und die Branche bzw. die Verbände werden diese nutzen, um praktikable Gegenvorschläge zu unterbreiten.  

FundResearch: Finanzberatern graut es vor allem vor der Aufzeichnungspflicht von Telefonberatungsgesprächen. Wie muss diese technisch umgesetzt werden? Ersetzt sie das Beratungsprotokoll?

Marion Willems: Nein, das Beratungsprotokoll wird es nach wie vor geben, nämlich als Protokoll des persönlichen Gesprächs in der Bankfiliale. Das sogenannte „Taping“ von Telefongesprächen wird in Level 1 für den Handel auf eigene Rechnung und die Erbringung von Dienstleistungen, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen, gefordert. Auch wenn es nicht zum Gesprächsabschluss kommt, sind diese Aufzeichnungen zu tätigen. Das bedeutet natürlich einen enormen  Aufwand für die Anwender. Die Aufzeichnungen erfolgen dann entweder elektronisch auf dauerhaften Datenträgern oder in der Form des genannten Beratungsprotokolls. Es ist aufzuzeichnen, warum ein Produkt empfohlen wurde und wie risikobereit der Kunde ist. Um Kosten zu sparen, bietet es sich an, telefonische Orders von bestimmten Kunden an einfache technische Plätze durchzurooten. Es wird spezielle Beraterplätze für Telefonorder geben ebenso wie Call Center bzw. spezifische Preismodelle. Die Level 2-Regelungen des Konsultationspapiers sind bisher auch noch unklar. 

FundResearch: Welche Regelungen zur Vergütung von Vermögensverwaltern beinhaltet die Richtlinie? Dürfen Kickbacks angenommen werden?

Marion Willems: Grundsätzlich können Vermögensverwalter nach geltendem Recht Kickbacks als Bestandteil der Vergütung behalten, wenn sie dies im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrags mit dem Kunden vereinbart haben und konkret im Vertrag  darauf hingewiesen haben, dass sie Bestandteil der Vergütung sind. Haben Sie dies nicht vereinbart, müssen sie den Kunden darauf hinweisen, dass sie Kickbacks erhalten haben und diese an den Kunden herausgeben. MiFiD II sieht auf Level 2 bei unabhängiger Beratung vor, dass weder Berater noch Vermittler für das Erbringen von Wertpapierdienstleistungen für ihre Kunden Gebühren, Provisionen oder andere monetäre Vorteile Dritter entgegennehmen dürfen. Bei abhängiger Beratung dürfen Provisionen weiterhin angenommen werden, allerdings unterliegen sie den oben skizzierten strengen Reglungen. Für Portfoliomanagement-Dienstleistungen ist ein generelles Provisionsverbot vorgesehen.

FundResearch: Über MiFID II wird in Branchenkreisen viel geschimpft. Wie hilfreich ist die Richtlinie tatsächlich zur Stabilisierung des Finanzmarktes und zum Anlegerschutz? Auf welche Vorteile können Finanzberater hoffen? 

Marion Willems: Aufgrund der vielschichtigen Änderungen, die das Geschäftsmodell, die gehandelten Produkte, die Provisionserlöse, die Infrastruktur und Vergütungsfragen betreffen, ist der Unmut der Branche nur allzu gut zu verstehen. Aus Marktsicht bleibt abzuwarten, ob die geforderten Transparenzvorschriften hinsichtlich der neu hinzugefügten Anlageklassen zu einer liquiden Preisbildung führen. Die geplanten strengeren Anforderungen an die Marktstrukturen und  die erhöhten Transparenzanforderungen können langfristig zu mehr Wettbewerb führen und Margen reduzieren. Es bleibt also spannend. 

Marion Willems gründete im Jahr 2005 die Unternehmensberatung MCW Consulting. Sie berät mittelständische und börsennotierte Unternehmen sowie Banken im Risk- und Compliance-Management (inklusive Anti-Money Laundering Management) sowie im Internal Audit und bei Prozessoptimierungen.

Kontakt über marion.willems@mcw-consulting.de.

(PD)

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