Glen Finegan, Head of Global Emerging Market Equities bei Janus Henderson Investors, glaubt, dass Familienbande eine mächtige Kraft zum Wohle von Unternehmen und Anlegern sein können.
03.11.2017 | 12:27 Uhr
Ein zentrales Ziel aller Unternehmen ist die Schaffung von Vermögen. Familienunternehmen messen der Langlebigkeit ihres Geschäfts jedoch häufig eine ebenso große Bedeutung bei. Jede Folgegeneration ist bestrebt, den Stab an die nächste weiterzureichen und den guten Familiennamen zu schützen. Unseres Erachtens ist diese Kombination eine wichtige Voraussetzung für eine langfristig orientierte und risikobewusste Kapitalallokation. Für uns ist sie ein Grund, solche Familienunternehmen bei Anlagen an den globalen Schwellenmärkten zu bevorzugen.
Die einzigartige Eigentümerstruktur von Familienunternehmen sorgt bei diesen für eine langfristige Perspektive, die anderen Aktiengesellschaften häufig fehlt. Ein umsichtiger Vorstandsvorsitzender, der Risiken und Ertrag abwägt, kann sich glücklich schätzen, wenn er bei einem börsennotierten Unternehmen lange am Ruder bleibt. Da Boni für das Management häufig von der Entwicklung des Aktienkurses abhängig gemacht werden, geht von ihnen erheblicher Druck für eine bessere Performance des Unternehmens aus. Schon das geringste Nachlassen bei der vierteljährlichen Gewinnmaximierung dürfte die Abberufung zur Folge haben. Daher ist die Entscheidung eines Vorstandsteams nachvollziehbar, lieber konventionelle Fehler zu begehen, indem es der Herde folgt und zu hohe Risiken eingeht, als keine Fehler zu machen.
Viele verbinden mit dem Begriff Familienunternehmen einen kleinen oder mittelgroßen, auf den Binnenmarkt ausgerichteten Betrieb. Dies wird der wichtigen Rolle, die familiengeführte Unternehmen in der Weltwirtschaft spielen, jedoch nicht gerecht. So sind Firmen wie Walmart, Heineken, Tata Group und Porsche nicht nur Familienunternehmen. Sie machen auch 30% an allen Unternehmen mit einem Umsatz über 1 Mrd. USD in den USA, Frankreich und Deutschland aus. Das haben Analysen der Boston Consulting Group (BCG) ergeben.
In Schwellenländern sind familienkontrollierte Unternehmen häufiger anzutreffen. BCG hat herausgefunden, dass sie in Indien und Südostasien rund 55% und in Brasilien 46% der Großunternehmen stellen. Ihre starke Marktpräsenz in unserem Anlageuniversum und unsere Überzeugung, dass Familienunternehmen bei der Vermögensbildung weniger Risiko eingehen, erklärt, warum sie in unserem Portfolio stark vertreten sind. Ende September 2017 entfiel auf familiengeführte Firmen über ein Viertel des investierten Kapitals und sie stellten fünf der Top-10-Positionen im Portfolio des Fonds. Sie können Engagements in einzelne börsennotierte Unternehmen wie Uni-President Enterprises beinhalten oder in eine Reihe von Firmen, die von einer Familie kontrolliert werden. Dies ist bei den börsennotierten Unternehmen Antofagasta, Quinenco und Compañia Cervecerias Unidas der Fall, die alle mehrheitlich von der Familie Luksic aus Chile beherrscht werden.
*Quelle: Janus Henderson Investors
Je komplexer die Konzernstruktur, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Interessen der Eigentümerfamilie nicht mit denen der übrigen Aktionäre übereinstimmen. Selbst bei einer einfachen Organisationsstruktur besteht keine Garantie für Interessengleichheit. Wesentlich für Minderheitsaktionäre ist, ob Stimmrechte und Zugang zu Cashflows und finanziellem Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Vertrauen muss verdient werden. Und wir gehen bei Familienunternehmen nicht automatisch davon aus, dass eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung immer die Oberhand über Habgier behält. Der Fall des Vice Chairman von Samsung, Jay Y Lee, dem Bestechung von Regierungsvertretern im Gegenzug für Unterstützung bei der Fusion von Samsung C&T und Cheil Industries vorgeworfen wird, zeigt, dass nicht alle von Familien gegründete Firmen über gute Führungsstrukturen verfügen, die die Minderheitsaktionäre schützen.
Wir hinterfragen diese Annahme mit unseren fundamentalen Bottom-up-Analysen, indem wir u.a. folgende Fragen stellen:
● Wie hat das Familienunternehmen seine Minderheitsaktionäre in der Vergangenheit behandelt?
● Welche Geschäfte macht die Familie abgesehen von ihrem gelisteten Unternehmen und ergeben sich daraus Interessenkonflikte?
● Are there good quality independent board members providing oversight?
● Sitzen im Aufsichtsrat erfahrene, unabhängige Mitglieder, die der Unternehmensführung auf die Finger schauen?
● Wie beurteilen nicht finanzielle Interessengruppen wie Kommunalregierungen und Nichtregierungsorganisationen das Familienunternehmen?
Diese Fragen und unsere Recherchen helfen, uns jenseits historischer Finanzkennzahlen ein Bild von der Qualität eines Unternehmens zu machen. Unsere Favoriten sind Firmen, die Renditen generieren, ohne übermäßige Risiken einzugehen. Denn sie passen besser zu unserem absoluten und weniger relativen Renditeansatz für Märkte mit höheren Risiken und mangelnder Rechtsstaatlichkeit.
Ein weiterer Vorteil langfristig orientierter Eigentümer, wie es die meisten Eigentümerfamilien sind, ist ihre Weitsicht. Die lässt sie manchmal Entscheidungen konträr zu denen der Geschäftsführung treffen, denn für das Management stehen tendenziell kurzfristige und dem Druck der Aktienmärkte geschuldete Ziele im Vordergrund. Ein Vorstandsvorsitzender mit kürzerem Zeithorizont trifft mitunter durch kurzfristige und häufig prozyklische Entwicklungen an den Aktienmärkten beeinflusste Entscheidungen, die aber dem Unternehmen auf lange Sicht schaden können. Das gilt besonders für Rohstoff- und zyklische Branchen.
Ein Beispiel für Weitsicht lieferte das von der Familie Luksic kontrollierte chilenische Bergbauunternehmen Antofagasta. Im Juli 2015 gab es die Übernahme einer exzellenten Kupfermine von einem in Schieflage geratenen Verkäufer bekannt.Im Unterschied zu vielen Wettbewerbern hatte Antofagasta seine starke Bilanz in den letzten zehn Jahren behauptet. Es konnte daher zuschlagen, während andere Minengesellschaften unter sinkenden Kupferpreisen und hoher Schuldenlast stöhnten, die sie zwangen, sich von guten Beteiligungen zu trennen. Ein solches antizyklisches Verhalten wie das von Antofagasta erwarten wir von einem Minenunternehmen. Es erfordert jedoch ein Führungsteam, das kurzfristigem Marktdruck die Stirn bieten kann, so wie es die Eigentümerfamilie von Antofagasta getan hat.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Mit Familienunternehmen teilen wir tendenziell die Überzeugung, dass Investitionen langfristig getätigt werden sollten. Auch lassen sie sich bei der Frage, welche Schuldenlast das Geschäft willens und in der Lage ist zu tragen, von einem höherem Bewusstsein für die Risiken leiten.
In der modernen Unternehmensführung gilt eine angemessene Verschuldung als vernünftig, lässt sich mit ihr doch die Wertschöpfung durch die Hebelung der Renditen maximieren. Familienkontrollierte Firmen verbinden dagegen Schulden mit Unsicherheit und Risiko. Verbindlichkeiten verringern den Handlungsspielraum in schwierigen Zeiten und können dazu führen, dass man Banken oder Anleihegläubigern in Abschwungphasen ausgeliefert ist.
Schwellenmärkte kennzeichnen besondere Rahmenbedingungen mit ständig wechselnden wirtschaftlichen, politischen, regulatorischen und finanziellen Faktoren, die ein Unternehmen berücksichtigen muss. Die bei vielen von Familien kontrollierten Firmen zu beobachtende Umsicht kann ihnen helfen, diese Faktoren für eine langfristige Wertschöpfung zu nutzen. Eigentümerfamilien mit guter Reputation, die unsere langfristige Herangehensweise an Investitionen teilen, bieten uns eine gute Möglichkeit für eine Anlage in Firmen, deren Interessen mit den unsrigen im Einklang sind und mit denen wir „risikobewusst“ Renditen für unsere Anleger generieren können.
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