ETF Securities: Debatte über die US-Schuldenobergrenze

Die Verabschiedung des US-Haushaltsgesetzes im Dezember ist für Anleger von hoher Bedeutung. Die Einigung zwischen Präsident Trump und den Demokraten macht eine Steuerreform unwahrscheinlicher. Das zusätzliche Angebot von US-Staatsanleihen dürfte teilweise aufgesogen werden, da sich die Weltwirtschaft erholt.

28.09.2017 | 10:05 Uhr

Die US-Regierung hat die vom Kongress verfügte Schuldenobergrenze von 19,8 Bio. USD – das heißt den Gesamtbetrag, den die USA aufnehmen dürfen, um den bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen und Zinszahlungen nachzukommen – schon im November des letzten Jahres erreicht.

Im November 2015 zuvor hatte der Kongress die Schuldenobergrenze bis März 2017 ausgesetzt, und seither verwendet das US-Finanzministerium zur Erfüllung der geltenden Verpflichtungen neben den Steuereinnahmen Gelder (extraordinary measures), die nicht den Bundesschulden zugerechnet werden. Im Oktober 2017 werden sie voraussichtlich ausgeschöpft sein, sodass Präsident Trump und der Kongress dann zu einem Kompromiss gezwungen sind.

Bereits Anfang September einigten sich Präsident Trump und die Demokraten unerwartet in der Frage der Anhebung der Schuldenobergrenze, was auch eine Katastrophenhilfe in Höhe 15 Mrd. USD einschloss, die Texas nach Hurrikan Harvey Ende August zukommt. Mit dieser Maßnahme erhält der öffentliche Dienst bis Anfang Dezember vorübergehend die nötigen Finanzmittel (continuing resolution). Um aber eine Stilllegung der Verwaltung oder einen möglichen Zahlungsverzug zu vermeiden, muss das Gesetz zur Bewilligung von Haushaltsmitteln 2018 vom Kongress am 8. Dezember verabschiedet werden. So könnte die Debatte über die Schuldenobergrenze zwar über die Zwischenwahlen des nächsten Jahrs hinaus anhalten, doch ist die Abstimmung im Dezember für die Anleger von hoher Bedeutung. 

Unseres Erachtens gehen Trumps Absichten sogar über den unmittelbaren Finanzbedarf hinaus, da er versprach, „Möglichkeiten zu finden, sie“ – das heißt, die Schuldenobergrenze – „zu entpolitisieren“, was letztlich ihre Legitimität in Frage stellte. Für ein neues dauerhaftes Schuldenobergrenzegesetz benötigt er im Senat 60 Stimmen. Da die Republikaner im Senat aber nur über eine knappe Mehrheit von 52 Sitzen verfügen, bedarf es eines parteiübergreifenden Kompromisses. Die letzte Einigung von Trump mit den Demokraten legt nahe, dass der Präsident mit seiner eigenen Partei einen Kompromiss insbesondere hinsichtlich der Staatsausgaben eingehen wird, um die Anhebung der Schuldenobergrenze sicherzustellen. Die politischen Konsequenzen einer solchen Einigung gefährden Trumps Glaubwürdigkeit innerhalb des eigenen Lagers und damit seine Pläne für Infrastrukturausgaben und Steuerreformen.

Erneut Ängste vor der Fiskalklippe der USA

Der Status der US-Staatsanleihen als „sichere“ Anlagewerte steht auf dem Spiel. Die Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s haben davor gewarnt, dass eine nicht rechtzeitige Anhebung der Schuldenobergrenze durch den Kongress eine Überprüfung des aktuellen AAA-Spitzenratings der US-Staatsschulden zur Folge haben dürfte. So stieg außer den Risikoaufschlägen für kurzfristige Papiere des US-Finanzministeriums im August auch der Partisan Conflict Index der Federal Reserve Bank of Philadelphia auf ein Rekordhoch.

Seit Präsident Trump den vorläufigen Haushaltsbeschluss Anfang des Monats unterzeichnete, haben die mit der Schuldenobergrenze verbundenen Ängste im Markt zwar erheblich nachgelassen. Wir erwarten aber, dass sie wiederkehren, wenn die Abstimmung im Dezember näher rückt. Die Spanne zwischen den ein- und dreimonatigen Schatzanweisungen verengt sich wieder. Erst Anfang September hatte sie 27 Basispunkte betragen, da die Anleger, kurz bevor Präsident Trump das Schuldenentlastungsgesetz unterzeichnete, die Bewertung des Ausfallrisikos nach oben korrigierten.

Ein Zahlungsausfall der USA würde im schlimmsten Fall eine katastrophale Finanzkrise auslösen, da US-Staatsanleihen rund zwei Drittel des US-Repomarkts ausmachen. In der jüngsten Finanzkrise spielte der  eine wesentliche Rolle, da die Probleme von Bear Stearns und Lehman Brothers, Gelder auf diesem Markt aufzunehmen, zu ihrem Zusammenbruch führten. In der Vergangenheit hob der US-Kongress stets die Schuldenobergrenze an, um einen Ausfall zu vermeiden – wenn auch häufig erst – wie nach der Lahmlegung der staatlichen Verwaltung im Oktober 2013 – in allerletzter Minute.

Mehr US-Staatsanleihen auf der Angebotsseite

Das Congressional Budget Office (CBO) prognostiziert für das nächste Jahrzehnt einen Anstieg des US-Defizits von 3 Prozent auf 8 Prozent des BIP, wobei die Ausgaben für Sozialleistungen (Medicare und Medicaid) aufgrund der alternden US-Bevölkerung und die Zinsaufwendungen schneller zunehmen als die Einnahmen. Ferner schätzt das CBO, dass der Schuldenberg ohne Anpassung der fiskalischen Entwicklung in den nächsten drei Jahrzehnten von 77 Prozent auf 150 Prozent des BIP wächst. Die von Präsident Trump geplanten Steuersenkungen und die höheren Militärausgaben würden die Schulden noch stärker steigen lassen, wenn es nicht an anderen Stellen zu Kürzungen kommt und insbesondere die Sozialleistungen unangetastet bleiben. Die Steuerreform, die Trump im Wahlkampf vorschlug, würde den Schuldenberg nach Schätzungen des Tax Policy Center in zehn Jahren um rund 7,2 Bio. USD anschwellen lassen.

Im Zuge der sich auftürmenden Defizite würde die Emission von US-Staatsanleihen stark zunehmen, und wegen der Verschlechterung des fiskalischen Ausblicks wäre es durchaus möglich, dass auch die Risikoprämien   steigen. Mitglieder des Offenmarktausschusses, so zum Beispiel der frühere Vizepräsident der Fed Stanley Fischer, haben davor gewarnt, dass „die Unsicherheiten der Gesundheits-, Regulierungs-, Steuer- und Handelspolitik dazu führen können, dass die Unternehmen Projekte aufschieben, bis die politischen Rahmenbedingungen geklärt sind.“ Letztlich würde dies das Wirtschaftswachstum behindern. Der erhöhte Finanzierungsbedarf könnte den kommenden Jahren – zusammen mit der Normalisierung der Bilanz der Fed und möglicherweise später anderer Notenbanken – für eine Ausweitung des Angebots an Staatsanleihen sorgen.

Der Markt für US-Staatsanleihen ist konzentriert, wobei China als zweitgrößter Käufer nach Japan Staatsanleihen im Wert von knapp über 1 Bio. USD hält, das heißt 20 Prozent der Auslandsbestände in US-Staatsanleihen. Nach dem 2014 einsetzenden Abbau sind die chinesischen US-Staatsanleihebestände seit Jahresanfang wieder stark gewachsen, da sich die chinesische Wirtschaft erholte, der Renminbi aufwertet und die Kapitalabflüsse verebbten. Wir gehen davon aus, dass sich die chinesischen Bestände in Richtung 1,3 Bio. USD entwickeln werden, das heißt in Richtung des Bestands vor der Währungsabwertung im August 2015. Darüber hinaus melden Anleger, dass liquide Werte hoher Qualität (HQLA) knapp sind, was den großvolumigen Anleihekäufen der Notenbanken geschuldet ist. Wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen verbessern, dürften die Bankaktiva parallel zur Nachfrage nach diesen Werten zunehmen, um die Kapitalanforderungen nach Basel III zu erfüllen. Unter dem Strich wird das zusätzliche Angebot unseren Erwartungen zufolge auf mittlere Sicht zumindest teilweise von der zunehmenden internationalen Nachfrage aufgesogen, da sich die Weltwirtschaft erholt.

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