Am 3. Mai will die EU-Kommission die Abschaffung von Provisionen in der Anlageberatung beschließen. Die Honorarberatung, heute in Deutschland noch eher eine Ausnahmeerscheinung, würde zum Standard erhoben werden. Nicht alle Honorarberater wären glücklich darüber.
26.04.2023 | 07:30 Uhr
Provisionen in der Finanzberatung sind seit Jahren ein Streitthema. Anleger würden damit geschädigt, weil Finanzberater eher an ihre Einkünfte als an das Wohl ihrer Kunden dächten, argumentieren die Kritiker von Provisionen. Die Verteidiger des Status Quo wenden ein, eine Abschaffung der Provisionsberatung würde dazu führen, dass viele Anleger, vor allem mit niedrigerem Einkommen, alleingelassen würden. Am 3. Mai wird sich in Brüssel entscheiden, welche dieser Positionen sich durchsetzt. Denn dann wird die EU-Kommission entscheiden, ob ein Vorstoß von Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness, die Provisionsberatung EU-weit zu verbieten, Erfolg haben wird.
Ob es so weit kommt, ist völlig offen. Befürworter und Gegner des Verbots gibt es quer durchs Parteienspektrum. Und auch in der öffentlichen Diskussion außerhalb des Parlaments sind die Fronten nicht so klar, wie es auf den ersten Blick scheinen könnte. Selbst unter Honorarberatern, einem Berufsstand, der nach einer möglichen Gesetzesänderung mehr oder weniger zum Standard der Finanzberatung erhoben würde, gibt es etliche Stimmen, die die Initiative der Brüsseler Finanzmarktkommissarin durchaus kritisch sehen. Dazu zählt auch Davor Horat, Vorstand der Honorarfinanz AG. Das Unternehmen ist eines von insgesamt nur 18 in Deutschland nach WpHG zugelassenen Instituten für Honoraranlageberatung. Naturgemäß ist Horvat damit Verfechter der Finanzberatung auf Honorarbasis. Eigentlich. Doch ein Provisionsverbot in der Finanzberatung zum jetzigen Zeitpunkt zöge seiner Meinung nach eine ganze Reihe an Kollateralschäden nach sich – für den Verbraucherschutz, für Haushalte mit niedrigen Einkommen und auch für die große Zahl der redlich arbeitenden Finanzdienstleister. „Zum Abwenden eines möglichen Provisionsverbotes durch die EU-Kommission und EU-Parlament sollten sich die Marktteilnehmer, Branchenverbände und Politiker stärker für bessere Regulierungen und Branchenstandards einsetzen anstatt einseitig Provisionen zu kritisieren beziehungsweise zu verteufeln“, so Horvat.
Ein Provisionsverbot würde zwar auf Anlegerseite zu Kosteneinsparungen führen und mögliche Interessenskonflikte bei Beratenden reduzieren, so Horvat. Sehr viel effektiver würden sich jedoch andere Regulierungen zu Gunsten der Verbraucher auswirken und deren Vertrauen in die Finanzberatung stärken. „Sinnvoll wären beispielsweise Zugangsbeschränkungen für freie Finanzberater. So könnte zum Beispiel nur jemand in der Finanzberatung tätig sein, der mindestens eine zweijährige Berufsausbildung mit bestandener IHK-Prüfung genossen hat. Die Berufserfahrung der vergangenen Jahre könnte dabei angerechnet werden“, schlägt Horvat vor.
Zur Reduzierung von Interessenskonflikten, bei denen die Provisionshöhe dem tatsächlichen Bedarf von Verbrauchern entgegenstehen könnte, sollte ein vom Gesetzgeber vorgegebener Provisionsdeckel genügen. „Somit würden auch strukturierte Finanzorganisationen, die mit Überprovisionen ihre Karrieremodelle finanzieren, nicht mehr auf maximalen Verkaufserfolg ausgerichtet sein“, so Horvat.
Zur Stärkung der Honorarberatung empfiehlt Horvat eine feste Gebührenordnung wie die für Steuerberater oder Rechtsanwälte. Dies würde für Transparenz gegenüber Verbrauchern sorgen und verhindern, dass einzelne Honorarberater ihre Produktempfehlungen als Provisions-Ersatzmodell und für überzogene Honorar-Rechnungen nutzen. Beratungshonorare sollten zudem ebenso wie Provisionen von der Umsatzsteuer befreit sein.
Und schließlich sollte seitens des Gesetzgebers bei Finanzberatungsfirmen eine klare Trennung zwischen Vertrieb gegen Provision und Beratung gegen Honorar erkennbar sein. „Die gegenwärtigen Mischmodelle, in denen nebeneinander einzelne Produkte gegen Provision verkauft und andere gegen Honorar empfohlen werden, führen bei Verbrauchern nur zu Irritationen“, meint Davor Horvat.
Ein generelles Provisionsverbot dagegen würde auch Absicherungsbereiche betreffen, die gar nicht ursächlich für Verwerfungen im Finanzvertrieb seien. Dazu zählten vor allem die Absicherungen von Sach- und Biometrie-Risiken. „Die meisten Benachteiligungen für Verbraucher entstehen bei Anlageprodukten und insbesondere auch bei Fondspolicen, die oftmals mit viel zu hohen Provisionen und Produktkosten belegt sind. Hier könnten ebenfalls gesetzliche Vorschriften zur Kenntlichmachung eingezogen werden“, so Horvat.
Sein Fazit: Zugangsbeschränkungen für Berater und eine Stärkung der Honorarberatung wirkten sehr wahrscheinlich effektiver als Verbote. Zudem gelte es, Fehlanreize durch überzogene Provisionen im Anlagegeschäft zu eliminieren. Die beste Lösung wäre jedoch nicht, die Provisionen komplett abzuschaffen, sondern sie zu limitieren.
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