• DAX----
  • ES50----
  • US30----
  • EUR/USD----
  • BRENT----
  • GOLD----
Regulierung

Betriebsrente: Neues Nachweisgesetz verursacht mehr Bürokratie

Seit dem 1. August müssen Arbeitgeber ihre Beschäftigten detaillierter über die Zusammensetzung des Gehaltes informieren. Dies betrifft auch die Betriebsrente und kann bei Verstößen zu empfindlichen Bußgeldern führen.

31.08.2022 | 07:30 Uhr von «Ulrich Lohrer»

Das Nachweisgesetz wurde mit Wirkung zum 1. August 2022 geändert. Das Gesetz verpflichtet die Arbeitgeber wesentliche Bedingungen der Arbeitsverträge aufzuzeichnen und ihren Arbeitnehmern auszuhändigen. Anlass für die nun in Kraft getretene Gesetzesanpassung durch die Bundesregierung ist die Umsetzung der Arbeitsbedingungsrichtlinie der Europäischen Union  (EU-Richtlinie 2019/1152) in nationales Recht.

Heils Bundesarbeitsministerium bürokratischer als die EU-Vorgabe

Die Änderung verpflichtet Unternehmen auch im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge (Entgeltumwandlung) im Fall eines Abschlusses oder Änderung der Entgeltumwandlungen Arbeitnehmer in Schriftform zu informieren. Werden die dafür festgelegte Fristen nicht eingehalten, drohen den Unternehmen empfindliche Geldstrafen. Verantwortlich für den bürokratischen Mehraufwand ist aber nicht die Europäischen Union, sondern die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geleitete Behörde, die den Gesetzesentwurf deutlich restriktiver als die EU-Vorgabe ausgearbeitet hat. Die exakte Umsetzung der EU-Richtlinie hätte sogar zu einer Liberalisierung des deutschen Nachweisgesetzes und weniger Bürokratie für die Unternehmen geführt, da die EU die Übermittlung  der Informationen ausdrücklich auch in digitaler Form erlaubt. Verwirrenderweise hatten das Bundesarbeitsministeriums am 7. Juli 2022 der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge (aba) mitgeteilt, dass die Entgeltumwandlungsvereinbarung rechtlich die Verwendung von Arbeitsentgelt darstellt und der Arbeitgeber diesbezüglich nicht informieren muss. In der Praxis führt die Vereinbarung oder Erhöhung der Entgeltumwandlung jedoch anteilig zu einer Änderung der Vergütungshöhe, über die der Arbeitgeber dann schriftlich die Arbeitnehmer informieren müssen.

Worüber Arbeitnehmer schriftlich informiert werden müssen

Wenn der Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, muss er grundsätzlich den Namen und die Anschrift des Versorgungsträgers bis spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich mitteilen. Diese Pflicht entfällt, wenn die Entgeltumwandlung durch Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds erfolgt, weil diese Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet sind. Da jedoch die Entgeltumwandlung im Kern zu einer Änderung des Arbeitsentgeltes führt, müssen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer eine Niederschrift des Arbeitsentgeltes aushändigen. Arbeitnehmer, die vor dem 1. August 2022 beschäftigt sind, muss diese Niederschrift auf Verlangen innerhalb von sieben Tagen, den nach dem 1. August 2022 Beschäftigten spätestens am ersten Arbeitstag ausgehändigt werden. Selbst für kurzzeitige Arbeitsverhältnisse von einem Monat gilt nun die Fristen zur Vorlage der Niederschrift.

Welches Bußgeld den Unternehmen bei Verstoß droht

Arbeitgeber, die die wesentlichen Vertragsbedingungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigen handeln ordnungswidrig und können  mit einer Geldbuße bis zu 2.000 Euro pro Verstoß geahndet werden. Die 2000 Euro Bußgeld droht also den Unternehmen für jeden nicht fristgerecht informierten Arbeitnehmer. „Dass das Nachweisgesetz nicht eingehalten ist, kann bei Sozialversicherungs- oder Rentenprüfungen ans Licht kommen, oder wenn der Zoll den Mindestlohn in Betrieben kontrolliert“, warnt Gunnar Roloff, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in Rostock.

Kleinunternehmen und Mittelstand besonders betroffen

Hubertus Heil, der seit 2018 im Kabinett Merkel und Scholz das Bundesarbeitsministerium leitet, erklärte, möglichst viele Hürden der Betriebsrente beseitigen zu wollen, um diese wieder attraktiver zu machen. Wie eine Umfrage der aba zeigt, ist die Betriebsrente in Kleinunternehmen und im Mittelstand unterdurchschnittlich verbreitet (siehe Grafik). Dies ist nicht nur in der höheren Wirtschaftskraft der Großunternehmen begründet, sondern liegt auch an der in Deutschland sehr komplexen und bürokratischen Regelung der Betriebsrente. Das dafür erforderliche Spezialwissen können Buchhaltung oder Personalabteilung kleinerer Unternehmen selten vorhalten, weshalb sie sich entweder Maklern anvertrauen oder auf Betriebsrentenangebot möglichst verzichten. Das geänderte Nachweisgesetzes schafft zusätzliche bürokratische Hürden, überforderte Unternehmen droht Bußgeld. Ausgerechnet die einzige Ausnahme von den auferlegten Angaben betrifft vorwiegend Großunternehmen: Die Angaben können durch einen Hinweis auf Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen ersetzt werden, die für Kleinunternehmen oft nicht bestehen.

Grafik: Personenbefragung

Personenbefragung
Personenbefragung


„Das Gesetz ist ein Bilderbuchbeispiel für den grassierenden Bürokratiewahnsinn: Es ist vollkommen praxisfern und geht unnötigerweise über die EU-Richtline hinaus“, kritisiert Markus Jerger, Vorsitzender des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW. Dies verursache einen großen zeitlichen und administrativen Aufwand, für den gerade kleinere Unternehmen jegliche Kapazität fehlen würde.

Diesen Beitrag teilen: