Metzler AM: US-Notenbank: Leitzinssenkung erst im Dezember

Edgar Walk, Chefvolkswirt bei Metzler Asset Managemen
Kommentar

Der aktuelle Marktausblick von Edgar Walk, Chefvolkswirt bei Metzler Asset Management:

12.04.2024 | 15:43 Uhr

USA: Konsum im Fokus

Die Resilienz der US-Wirtschaft basiert vor allem auf dem solide wachsenden Konsum – die Gründe dafür sind ein steigendes Arbeitseinkommen, ein unglaublich großer Vermögenszuwachs in den vergangenen Jahren und eine gute Konsumlaune. Im März dürfte sich dieser positive Trend fortgesetzt haben: Einzelhandelsumsätze (Montag). Auch kamen zuletzt positive Signale vom Immobilienmarkt: NAHB-Index (Montag), Neubaubeginne (Dienstag), Baugenehmigungen (Dienstag) sowie Umsätze bestehender Wohnimmobilien (Donnerstag).

Im Endeffekt ist derzeit in den USA ein „No Landing Scenario“ zu beobachten. Damit könnte auch die Inflation hartnäckig hoch bleiben. Für uns bedeutet es, dass wir nun nicht mehr im Juni eine Leitzinssenkung der Fed erwarten, sondern erst im Dezember. Dabei sehen wir eher das Risiko, dass die US-Notenbank den Leitzins in diesem Jahr gar nicht senken kann.

Eurozone: Der Aufschwung scheint zu kommen

Der ZEW-Index (Dienstag) verbesserte sich in den vergangenen Monaten merklich und notierte zuletzt sogar über dem langfristigen Durchschnitt. Auch im April erwarten wir eine weitere Verbesserung. Der ZEW-Index signalisiert damit einen Konjunkturaufschwung gegen Jahresende.

Ein Grund dafür ist, dass aufgrund der Erwartungen von Leitzinssenkungen die Kreditzinsen in der Eurozone in den vergangenen Monaten schon gefallen sind. Die niedrigeren Kreditzinsen sorgten laut der EZB-Bankenumfrage schon jetzt dafür, dass wieder mehr Konsumenten- und Hypothekenkredite nachgefragt werden. Die Zinssensitivität der Nachfrage ist also sehr hoch. Sollte also die EZB, wie von uns erwartet, ab Juni auf jeder Sitzung den Leitzins senken, dürften die Kreditzinsen weiter fallen und die Kreditnachfrage wieder merklich steigen. Die europäischen Konsumenten sitzen auf einem großen Polster an Überschussersparnissen, die sich seit der Pandemie angehäuft haben. Niedrigere Zinsen könnten dann der Auslöser für eine merkliche Belebung der Konsumausgaben sein.

Darüber hinaus werden noch die Erzeugerpreise in Deutschland (Freitag) veröffentlicht. Auch im März dürften sie im deflationären Bereich geblieben sein und damit einen anhaltenden Abwärtsdruck auf die Konsumentengüterpreise ausüben. Aber auch die Inflation im Dienstleistungssektor dürfte im April deutlich gefallen sein. Die frühen Osterferien in Deutschland in diesem Jahr dürften einen starken Effekt auf die Preise für Pauschalreisen im März ausgeübt haben. Im April dürfte sich der Effekt dann wieder umkehren.

China: Wie stark ist der Aufschwung?

Zuletzt verbesserten sich die Konjunkturdaten etwas – dank der zahlreichen staatlichen Konjunkturhilfen. Derzeit ist es noch schwer abzuschätzen, wie stark der Aufschwung tatsächlich ist. Die zahlreichen Konjunkturdaten (Dienstag) werden hierfür einen wichtigen Hinweis liefern. Gleichzeitig zeigen die Daten vom Immobilienmarkt eine anhaltende strukturelle Schwäche. Solange die Krise am Immobilienmarkt besteht, solange wird kein tragfähiger Aufschwung möglich sein. Staatliche Konjunkturprogramme können dann immer nur für eine temporäre konjunkturelle Belebung sorgen.

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