Zur Bekämpfung der Corona-Krise setzen Notenbanken und Regierungen gigantische Summen ein. Die logische Konsequenz: Das Schuldenkarussell dreht sich immer schneller.
08.04.2020 | 14:00 Uhr von «Christian Bayer»
Die Experten von Merck Finck sehen die Niedrigzinsphase für Jahrzehnte
zementiert. Daniel Kerbach, Investment-Chef der Privatbank, verweist darauf,
dass das Volumen der Hilfsprogramme, das die Staaten der Eurozone aufgelegt
haben, bei mittlerweile 1,5 Billionen Euro liegt. Die Folge ist eine rasante
Zunahme der Verschuldung. So lag die Schuldenquote der Bundesrepublik im
vergangenen Jahr bei rund 59 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Als Folge der
Corona-Krise könnte sie laut Kerbach auf 74 Prozent ansteigen. Für Italien befürchtet der CIO gar einen
Anstieg der Verschuldungsquote von 136 auf 160 Prozent. Einerseits würde die Wirtschaft
durch die auf Pump finanzierten Hilfen zur Bekämpfung der Corona-Krise gestützt.
Die andere Seite der Medaille könnte aus Kerbachs Sicht allerdings eine
Schwächung des europäischen Währungssystems sein.
Klar ist, dass die Rechnung
für die Krisenhilfe auf den Tisch kommen wird. Der Merck
Finck-Investmentstratege befürchtet, dass Sparer einen nicht unerheblichen Teil
der Krisenkosten schultern müssen. Insofern wiederholt sich die Geschichte,
denn auch nach der Finanzkrise wurden die Sparer zur Kasse gebeten. „Um
die Schulden zu finanzieren, werden die Staaten versuchen, die Zinsen auf Jahre
hinweg weiter extrem niedrig zu halten“, prognostiziert Kerbach. Denn bei
steigenden Zinsen stünden Staaten der Eurozone vor einer möglichen Insolvenz.
Joachim Fels, Global Economic Advisor bei PIMCO, sieht nach der Krise
Narben zurückbleiben. Dazu zählt aus Sicht des Ökonomen die höhere Verschuldung
der öffentlichen und privaten Haushalte: „Dies könnte sich als
Herausforderung für die Unabhängigkeit der Zentralbanken erweisen, da sie immer
stärker darin involviert werden, Unternehmen zu unterstützen (im Grunde eine fiskalische
Aufgabe), und auch ihre Zinsen niedrig halten müssen, um eine Finanzierung
umfangreicherer Haushaltsdefizite zu ermöglichen. Falls die Regierungen ihre
expansivere Politik sogar über die Krise hinaus ausweiten, könnte die
fiskalische Dominanz der Geldpolitik zu einer höheren Inflation führen, als die
Märkte derzeit einpreisen. Da aber die Notenbanken versuchen würden, den
Anstieg der nominalen Renditen, der normalerweise das Ergebnis höherer
Inflation ist, zu deckeln, würden die realen Zinsen fallen, wenn die Inflation
anzieht.“
Aktuell ist allerdings noch ein Rückgang der Teuerung zu beobachten.
Im Februar ist die Inflationsrate in der Eurozone auf 1,2 Prozent
zurückgegangen, im Januar lag der Wert noch bei 1,4 Prozent. Als weitere
dauerhafte Folge der Krise sieht der PIMCO-Experte ein mögliches Zurückdrehen
der Globalisierung. Firmen könnten versuchen, die Risiken ihrer globalen
Lieferketten zu reduzieren. Zudem könnten Regierungen Gesundheitsbedenken zum
Anlass nehmen, Handel, Reisen und Migration einzuschränken.
In Japan will Premierminister Shinzo Abe mit Geldgeschenken für besonders betroffene Haushalte die Auswirkungen der Corona-Krise bekämpfen. Diese sollen 300000 Yen, umgerechnet rund 2500 Euro, erhalten. Bereits währen der Finanzkrise vor elf Jahren hat das Land auf Helikoptergeld gesetzt. Diesmal soll die Hilfe allerdings zielgerichteter verteilt werden. Die Kriterien sind im Detail noch nicht festgelegt. Es wird allerdings damit gerechnet, dass etwa 20 Prozent der ca. 50 Millionen Haushalte in Japan vom Geldsegen profitieren könnten. Neben dem Helikoptergeld sind noch weitere Maßnahmen der japanischen Regierung geplant. Insgesamt soll das Hilfspaket ein Volumen von umgerechnet gut 500 Milliarden Euro umfassen. In der Diskussion sind finanzielle Hilfen für Unternehmen. Nachgedacht wird auch über eine spezielle Hilfe für den japanischen Tourismus-Sektor. So soll es finanzielle Anreize dafür geben, dass Japaner nach der Krise Urlaub im eigenen Land machen.
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