Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat mit seiner Prognose, dass die Corona-Pandemie die größte ökonomische Krise seit mehr als 90 Jahren auslösen könnte, die Wirtschaft geschockt. Allerdings gibt es auch Licht am Ende des Tunnels.
15.04.2020 | 14:45 Uhr von «Christian Bayer»
Nach Auffassung des IWF muss sich die Weltwirtschaft auf eine globale Rezession
einstellen, die die Folgen der Finanzkrise vor zwölf Jahren in den Schatten
stellt. Die Organisation erwartet Verwerfungen, wie es sie zuletzt in der „Großen
Depression“ Ende der 1920er-Jahre gegeben hat. Für das laufende Jahr sehen die IWF-Experten
eine Schrumpfung der globalen Wirtschaftsleistung um drei Prozent. Für die Eurozone
sind sie sogar noch pessimistischer. Hier wird ein Rückgang um durchschnittlich
7,5 Prozent erwartet. Deutschland müsste im IWF-Szenario einen Rückgang der
Wirtschaftsleistung um sieben Prozent hinnehmen. Für die größte Volkswirtschaft
der Welt, die USA, wird eine Schrumpfung um 5,9 Prozent prognostiziert. „Es ist
wirklich eine globale Krise, weil kein Land verschont bleibt“, so die
IWF-Chefvolkswirtin Gita Gopinath. Aber wo Schatten ist, ist auch Licht. Auf
den drastischen Rückgang heuer könnte im kommenden Jahr eine deutliche Erholung
folgen. Für die Weltwirtschaft prognostiziert der IWF 2021 ein Wachstum von 5,8
Prozent. Verglichen mit der Eurozone, die um 4,7 Prozent wachsen soll, sieht
der IWF für Deutschland einen überdurchschnittlichen Anstieg des
Wirtschaftswachstums um 5,2 Prozent. Trotz der raschen Erholung im kommenden
Jahr würde global allerdings 2020 und 2021 eine Wirtschaftsleistung verloren
gehen, die das addierte Bruttoinlandsprodukt von Deutschland und Japan übersteigt.
Die Experten des Asset Managers Bantleon sehen die Eurozone momentan in der
schwersten Rezession seit Ende des Zweiten Weltkriegs. „Konsumenten haben ihre
Ausgaben drastisch zurückgefahren und zahlreiche Unternehmen haben die Produktion
eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt. Aus diesem Grund wird die
Wirtschaftsleistung im 1. Halbjahr vermutlich um 15 Prozent bis 20 Prozent
einbrechen“, so Jörg Angelé, Senior Analyst Economic Research bei Bantleon. Allerdings stehen aus Sicht der Spezialisten
für konjunkturbasiertes Investieren die Vorzeichen für eine allmähliche
wirtschaftliche Erholung gut. „Die sinkende Zahl von Neuinfektionen in der
Eurozone wird ab Mai aller Voraussicht nach eine schrittweise Aufhebung der aus
wirtschaftlicher Sicht „kostspieligsten“ Maßnahmen zulassen“, so Angelé. Der Bantleon-Analyst
zeigt sich bereits für das zweite Halbjahr 2020 zuversichtlich: „2021 könnte
die Wirtschaft sogar einer „Normalisierung“ wieder recht nahekommen.“ Allerdings
müssten Anleger auch die negativen Seiten der Erholung beachten. Denn der
Aufschwung würde mit einer kräftig steigenden Staats- und
Unternehmensverschuldung erkauft, die die Negativzinspolitik der EZB auf Jahre
zementieren und die Investitionstätigkeit belasten wird, so Angelé.
Michael Heise, Chefvolkswirt bei HQ Trust, hält einen Vergleich der Folgen der Corona-Krise mit der „Großen Depression“ nicht für angebracht. 2020 erwartet Heise für Deutschland einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von vier Prozent. Für 2021 sieht der Ökonom in Deutschland eine starke Erholung mit einem Anstieg von der Wirtschaftsleistung von fünf Prozent. Privatanlegern empfiehlt Heise, die Aktienquote vorsichtig zu erhöhen, auch wenn er aktuell noch keine deutliche Erholung an den Aktienmärkten beobachtet. Aktionäre müssten mit Kürzungen der Dividenden rechnen. Mit Blick auf Unternehmensanleihen warnt der Experte als Folge der Krise vor dem Abrutschen auf Junk-Status. Diese Papiere seien zwar günstig bewertet, trotzdem rät der Volkswirt Privatanlegern, die Finger von diesen Corporate Bonds zu lassen. Kurzfristig könnte laut Heise die Inflation über zwei Prozent steigen. Allerdings würde sich der Preisanstieg beispielsweise durch Digitalisierung und Lohndruck rasch wieder entspannen.
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