La Financière de l’Echiquier: Die Politik sorgt für Unsicherheit an den Aktienmärkten

Foto: Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei La Financière de l’Echiquier (LFDE)
Marktkommentar

Wieder einmal hält die Politik die Märkte in Atem, erklärt Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei La Financière de l’Echiquier (LFDE), die Lage an den Aktienmärkten. Nach den Turbulenzen rund um die Ankündigung von Strafzöllen durch die USA steht diesmal jedoch die politische Lage in Spanien und Italien im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

05.06.2018 | 10:02 Uhr

Im Zentrum der Aufmerksamkeit aller stand in der vergangenen Woche die politische Lage in Italien und Spanien, die jedoch kaum miteinander vergleichbar ist. 

Die politische Lage Italiens war nämlich deutlich besorgniserregender. Das am vorletzten Sonntag von Präsident Sergio Mattarella eingelegte Veto gegen die Nominierung des Euroskeptikers Paolo Savona für den Posten des Finanzministers hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Es führte zum Rücktritt Giuseppe Contes und anschließend zur Beauftragung des ehemaligen Direktors des IWF Carlo Cottarelli mit der Bildung einer neuen Regierung, der jedoch niemals die Unterstützung des Parlaments erhalten und somit lediglich als Verwalter fungiert hätte. Er wäre daher mit der Führung der laufenden Geschäfte und vor allem mit der Vorbereitung von Neuwahlen betraut worden. Die Reaktionen an den Aktien- und insbesondere den Anleihemärkten waren heftig: 10-jährige italienische Anleihen kratzten an der 3%-Marke, und der Spread zwischen italienischen und deutschen Anleihen stieg auf den höchsten Wert seit mehr als vier Jahren. 

Die Aussicht auf Neuwahlen war nämlich nicht erfreulich. Dies hätte die Zeit der Unsicherheit verlängert, nicht notwendigerweise für klarere politische Verhältnisse gesorgt und womöglich wieder die euroskeptischen Äußerungen der Lega und der M5S heraufbeschworen. All dies in einem Umfeld, in dem die italienische Wirtschaft selbst wenn sie einen allmählichen Aufschwung erfährt anfällig bleibt, eine hohe Schuldenquote (130 % des BIP) aufweist und eventuell auf eine Flaute beim Wachstum zusteuert. 

Unerwartet gab es am Donnerstagabend eine neuerliche Wende und es wurde ein Kompromiss zwischen der M5S, der Lega und Präsident Mattarella verkündet in dessen Zuge Giuseppe Conte erneut mit der Bildung einer Regierung betraut wurde. Dieser gehören 18 Minister an, darunter der Parteichef der Lega, Matteo Salvini, und jener der M5S, Luigi Di Maio. Paolo Savona seinerseits erbt das Europaministerium. Die Neuigkeit wurde von den Märkten positiv aufgenommen, da sie die Unsicherheiten bezüglich der italienischen Politik kurzfristig beseitigt. Längerfristig gesehen besteht jedoch die Gefahr, dass der Amtsantritt einer Koalitionsregierung  zweier populistischer Parteien weniger positive Auswirkungen haben könnte. 

Die politische Lage in Spanien lässt sich dagegen mit geringerer Skepsis analysieren. Die Verurteilung der Regierungspartei wegen Korruption und die Abwahl Mariano Rajoys nach dem von der sozialistischen Partei beantragten Misstrauensvotum verursachen unbestritten politische Verwerfungen. Doch die wirtschaftliche Lage Spaniens hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert und zahlreiche strukturelle Reformen  sind  bereits umgesetzt worden.  Ferner hat die politische Lage wenig mit der in Italien gemein. Der Sozialist Pedro Sánchez, der Mariano Rajoy an der Spitze der Regierung nachfolgt, wird nicht zwingend Neuwahlen abhalten und kann sich entschließen, bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2020 zu bleiben. Selbst wenn Neuwahlen angesetzt würden, ist es sehr wahrscheinlich, dass eine sozialkonservative Koalition den Sieg davontrüge, die an den Märkten nicht unbedingt ungnädig aufgenommen würde.

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