La Financière de l’Echiquier: Ein fiebriger Jahresauftakt

Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE
Marktkommentar

Unbeeindruckt vom Jahreswechsel halten an den internationalen Märkten Turbulenzen, Zweifel und Verwerfungen an. Für China zeichne sich die Sorgen um eine deutliche Wachstumsverlangsamung immer stärker ab, meint Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE.

08.01.2019 | 10:54 Uhr

Zwar scheint der Jahreswechsel allgemein ein guter Anlass für gute Vorsätze zu sein und die ideale Gelegenheit für einen Neubeginn, doch dies lässt sich in Bezug auf die Wirtschaft und Märkte nicht so einfach sagen! Das Jahr 2019 beginnt mit den gleichen Zweifeln, wie 2018 endete. Die Ereignisse der ersten Woche waren weltweit trotz positiver Meldungen zum Schluss generell durchwachsen.

Für China zeichnen sich die Sorgen um eine deutliche Wachstumsverlangsamung immer stärker ab. Sie wurden durch die Anfang vergangener Woche gemeldeten, sehr enttäuschenden Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe verstärkt. Der amtliche Indikator sowie der Indikator der Agentur Caixin sanken unter die Schwelle von 50, die die Grenze zwischen Expansion und Kontraktion der Wirtschaftsaktivität markiert. Zwar weist der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor in die richtige Richtung, doch die klare Verlangsamung der Aktivität im verarbeitenden Gewerbe beseitigt nicht die Zweifel, welche die chinesische Konjunktur belasten, und dies umso mehr vor dem Hintergrund des seit Monaten schwelenden Handelskonflikts mit den USA. Die durch diese Zahlen ausgelöste Enttäuschung wurde jedoch teilweise durch die Ankündigungen der chinesischen Zentralbank (PBoC) wettgemacht, die den Mindestreservesatz bis Ende Januar (in zwei Schritten) um 1 Prozent senken will. In Anbetracht der Wachstumsverlangsamung scheinen die Behörden mithilfe der PBoC also nach wie vor zu Stützungsmaßnahmen entschlossen.

Die Zweifel an der chinesischen Konjunktur machen jedoch nicht an den Grenzen des Reichs der Mitte Halt. Sie sind teilweise für ein anderes Ereignis verantwortlich: die erste Gewinnwarnung von Apple seit 15 Jahren. Das Unternehmen mit dem Apfel hat seine Umsatzziele für das erste Quartal des Geschäftsjahrs 2018/2019 in der Tat nach unten korrigiert. Apple-CEO Tim Cook führte die Sättigung des Smartphone-Marktes ins Feld, betonte aber auch die Konjunkturverlangsamung in China, die er unterschätzt habe. Diese Gewinnwarnung eines der US-Technologieriesen, dessen Aktienkurs fast 10 Prozent verlor, zog die US-Märkte nach unten, zumal diese gleichzeitig enttäuschende gesamtwirtschaftliche Zahlen zu verkraften hatten.

Vor allem der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe lag mit 54,1 sehr deutlich unter den Erwartungen (57,5) und war im Vergleich zum Vormonat (59,3) stark rückläufig. Einen derartigen Rückgang (5,2 Punkte in einem Monat) gab es seit der Jahrtausendwende erst zwei Mal: Ende 2008 mitten in der Finanzkrise und nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Obschon sehr stark, steht dieser Rückgang mit den Erwartungen für das BIP-Wachstum in den USA für 2019 (zwischen 2,5 % und 2,7 %) im Einklang. Überdies nähert sich der Indexstand dem Markit-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe an, der mit seinen 53,8 Punkten den Erwartungen (53,9) weitgehend entsprach. Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor übertraf mit 54,4 die Erwartungen, die stabil bei 53,4 lagen. Dies beruhigte die Anleger am vergangenen Freitag etwas.

Bruchstellen gibt es zu Beginn dieses Jahres weiterhin zuhauf. Die Woche endete jedoch mit einer positiven Nachricht: In seiner Rede am Freitag in Atlanta erklärte Jerome Powell, dass die Fed im Bedarfsfall bereit sei, ihre Politik des Bilanzabbaus zu ändern. Eine Ankündigung, auf die der Markt bei der Anhebung der Zinssätze im Dezember gehofft hatte. Hellt sich dadurch der Himmel etwas auf?

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