DNCA: Langfristige Trends werden wichtiger

Investment

Die Investmentwelt muss die die langfristigen Umbrüche im Auge behalten

30.10.2019 | 10:00 Uhr

Ein Kommentar von Igor de Maack, Fondsmanager und Sprecher von DNCA.

Bill Gates pflegte zu sagen, die Menschen tendierten dazu, „die Veränderungen der kommenden zwei Jahre zu überschätzen und diejenigen, die in den kommenden zehn Jahren stattfinden werden, zu unterschätzen“. Während die Welt nur noch über das amerikanisch‐chinesische Handelsabkommen und den Brexit spricht, lohnt sich ein Blick auf die anstehende Dekade, um die tiefgreifenden Umwälzungen wahrzunehmen, die unsere Entscheidungen im Fondsmanagement beeinflussen werden. Diese Umwälzungen sind unter anderem durch drei große Trends bestimmt.

An erster Stelle steht die Herausforderung, den Klimawandel zu begrenzen. Alle Volkswirtschaften sind mit diesem Problem konfrontiert. Um die Industrie klimaneutral umzubauen, werden 50.000 Milliarden US‐Dollar an Investitionen nötig sein. Waren und Dienstleistungen werden sich verteuern, Geschäftsmodelle werden sich verändern. Klimaschutz wird nicht länger nur ein politisches Schlagwort, sondern für Unternehmen wie Verbraucher eine wirtschaftliche Notwendigkeit darstellen. Letztlich könnte die Dekarbonisierung jene Inflation herbeiführen, die die Notenbanken mit so viel Mühe zu entfachen versuchen.

Ein weiterer Umbruch vollzieht sich auch in bestimmten Bereichen der Arbeitswelt. Dies schildert Ken Loach auf bewegende Weise in seinem jüngsten Film Sorry we missed you, der die Härten der Scheinselbständigkeit in einer ‚uberisierten‘ Lieferbranche am Schicksal einer Familie beschreibt. Der digitale Kapitalismus bringt eine neue Form menschlicher Ausbeutung mit sich, deren Opfer nicht mehr einem anderen Menschen, dafür aber einem Algorithmus, einer App oder einer Software ausgeliefert sind. Unternehmen werden mit einer immer höheren Volatilität des Faktors Arbeit konfrontiert und versucht sein, den Menschen wo immer es geht mit Maschinen zu ersetzen – auch wenn sie den Boykott seitens Verbrauchern riskieren, die zunehmend ihre ‚humanistische‘ Seite entdecken. Immer stärker werden Regulierer dazu gedrängt werden, die digitalen Monopole (Amazon, Uber etc.) aufzubrechen, um den Frieden in der Arbeitswelt zu wahren.

Drittens ist auch die Demokratie in Gefahr. Auf allen Kontinenten beginnen die von der Globalisierung betroffene Bevölkerung, wie ausgehungerte Löwen zu brüllen. Bolivien, Chile, Libanon, Hongkong, Frankreich; Monat für Monat verlängert sich die Liste der Länder, deren Regierungen gedrängt werden, einen fairen sozialen und ökologischen Ausgleich zu schaffen. Das ist richtig. Denn Armut und Ungleichheit führen zu Polarisierung und beschleunigen die Erosion demokratische Grundlagen.

Diese drei Entwicklungen werden die Welt von morgen, die Wirtschaftssysteme und unser politisches Zusammenleben maßgeblich prägen. Die Finanzmärkte können sich dem nicht entziehen. Sie müssen einen Beitrag dazu leisten, die Auswüchse von Kapitalismus und Globalisierung zu mildern.

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