Der Markt hat sich sehr schnell von den Tiefs im April erholt. Der STOXX600 verlor maximal 15 % und hat bereits 80 % davon wieder aufgeholt, in der Erwartung einer Einigung der Handelskonflikte. Aber was, wenn diese Einigung nicht kommt oder sich verzögert?
16.05.2025 | 09:22 Uhr
Fundamental betrachtet ist der Ausblick unsicherer, als die laufende Berichtssaison und die starke Markterholung suggerieren. Dies zeigt sich insbesondere in den zahlreichen und deutlichen Abwärtsrevisionen der Gewinnprognosen. In einem solchen Umfeld ist es vielleicht ratsamer, den Sicherheitsgurt anzulegen (und in Qualität zu investieren), statt das Gaspedal durchzutreten. Rund 70 % der europäischen Unternehmen haben bisher berichtet. Der Netto-Überraschungseffekt beim Gewinn pro Aktie (EPS) bleibt hoch und signalisiert ein robustes Q1 2025 im Vergleich zu den Erwartungen. Netto 23 % der berichtenden Unternehmen haben die Erwartungen übertroffen. Der erwartete Gewinnrückgang für europäische Aktien liegt nun bei -4,3 % gegenüber -4,9 % vor Beginn der Berichtssaison. Möglicherweise gab es aber einen gewissen Vorzieheffekt durch US-Kunden: Die jüngsten US-BIP-Zahlen zeigten einen Importboom, vermutlich ausgelöst durch die Erwartung von US-Zöllen. Dieser Effekt dürfte sich nicht wiederholen und könnte sich negativ auf die Exportaussichten europäischer Unternehmen auswirken. Trotz des soliden Q1 trübt sich der Ausblick für das Gesamtjahr deutlich ein. Unternehmensausblicke sind vorsichtig oder mit vielen Einschränkungen versehen – insbesondere im Hinblick auf Handelskonflikte und den schwachen USD (rund -10 % in den letzten zwei Monaten). Das belastet die in EUR oder GBP ausgewiesenen Umsätze europäischer Unternehmen, da der Index rund 55 % seiner Umsätze außerhalb Europas/UK erzielt, größtenteils in USD.
Sektorentwicklung im Überblick – defensive Stabilität vs. zyklische Schwäche
Europäische Binnen-Sektoren wie Finanzen, Versorger, Immobilien und Telekommunikation zeigen in den vergangenen vier Wochen nur relativ wenige Gewinnrevisionen. Sie sind weder vom USD noch vom Handelskonflikt betroffen und führen die Performance im MSCI Europe seit Jahresbeginn an – da Investoren in Krisenzeiten eher auf europäische Makrodaten als auf US-Makro setzen. Allerdings erwartet man für diese Sektoren kein Gewinnwachstum – lediglich keine sinkenden Erwartungen. Dagegen leiden Sektoren wie Energie, Rohstoffe, Autos und Konsum – insbesondere Luxus – unter dem makroökonomischen und handelspolitischen Gegenwind und gehören zu den schwächsten Performern im bisherigen Jahresverlauf. Diese Beobachtungen betreffen Sektoren allgemein – nicht die Selektionsqualität, die für uns entscheidend ist. Im Luxusbereich etwa zeigen sich LVMH, Kering und Burberry schwach, während Ferrari, Hermès, Richemont, Moncler und Brunello Cucinelli weiterhin wachsen. Wir sind z. B. nicht in Kering oder Burberry investiert, die am schwächsten abschneiden.
Quelle: Factset
Gewinnrevisionen und Wachstumsdifferenz – Resilienz zeigt sich
Die Geschwindigkeit der Gewinnherabstufungen bei europäischen Aktien ist beeindruckend. Die EPS-Wachstumserwartung für 2025 im MSCI Europe fiel von 8 % Anfang März auf nur noch 2 % – also 6 Prozentpunkte in zwei Monaten. Für den CG Europe liegt die aktuelle EPS-Wachstumserwartung bei 10,5 % (Ende April) gegenüber 14 % (Ende Februar). Die Wachstumsprämie der Strategie gegenüber dem Index hat sich somit in zwei Monaten von 6 auf 8,5 Prozentpunkte erhöht – trotz insgesamt tieferem absolutem Wachstum. Das ist ermutigend, denn es zeigt unsere Resilienz – ohne in binnenorientierte Value-Sektoren ausweichen zu müssen.
Quelle: Factset/Comgest
Fazit – Qualität als verlässlicher Wachstumstreiber
Ein bedeutender Beitrag zum dynamischen EPS-Wachstum unserer Strategie – sowohl absolut als auch relativ – stammt aus dem IT-Bereich. ASML und SAP erzielten ein EPS-Wachstum von +90 % bzw. fast +80 % im ersten Quartal und werden laut Konsensschätzungen im Gesamtjahr 2025 um rund +20 % bzw. fast +40 % wachsen. Auch Nemetschek und Adyen liegen bei erwarteten +20 %. Im Healthcare-Bereich tragen Sartorius Stedim und Novo Nordisk mit einem erwarteten EPS-Wachstum von je rund +20 % bei.
Für Qualitätswachstumsinvestoren ist ein schwaches Gewinnumfeld im breiten Markt sogar ein relativer Vorteil: Je knapper Wachstum ist, desto stärker wird robustes, planbares Wachstum honoriert. Wir liegen aktuell deutlich über dem Marktdurchschnitt, und der Abstand vergrößert sich – wenn auch auf niedrigerem Niveau, da der schwache USD bei vielen Analysten nun eingepreist wird. Das makroökonomische Umfeld bleibt in den wichtigen Märkten USA, Europa und China herausfordernd – was sich eher negativ auf zyklische Werte als auf Qualitätsunternehmen auswirken dürfte. In einem solchen Umfeld liegt der Fokus nicht auf zusätzlichem Wachstum um jeden Preis, sondern auf der Absicherung vorhandener Wachstumsquellen. Unser Portfolio ist bewusst auf hochwertige, defensive Titel mit klaren Wachstumstreibern ausgerichtet – wie Novonesis, Alcon, Air Liquide, SAP oder datenbasierte Geschäftsmodelle wie RELX und Wolters Kluwer. Wie immer ist eine hohe Diversifikation nach Regionen und Wachstumstreibern der Schlüssel zur Resilienz.
WICHTIGE INFORMATIONEN:
Quelle und Stand aller Informationen, soweit nichts anderes angegeben, Comgest/Factset per Mai 2025.
Dieses Material dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Es sollte nicht als Aufforderung zum Kauf oder als Angebot zum Verkauf eines Wertpapiers betrachtet werden. Es berücksichtigt nicht die besonderen Anlageziele, Strategien, den steuerlichen Status oder den Anlagehorizont eines jeden Anlegers. Alle Meinungen und Einschätzungen geben unsere Einschätzung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Dokuments wieder und können ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Investitionen sind mit Risiken verbunden, einschließlich des möglichen Verlusts des Kapitals. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf zukünftige Erträge zu.
Anleger sollten vor einer Anlageentscheidung das Basisinformationsblatt und den Verkaufsprospekt lesen, die weitere Informationen zu den Risiken einer Anlage und den Eigenschaften und Zielen des jeweiligen Fonds enthalten. Diese Dokumente können in elektronischer Form auf der Webseite comgest.com in deutscher Sprache abgerufen werden. Comgest kann jederzeit beschließen, die für den Vertrieb getroffenen Vereinbarungen zu beenden. Die Richtlinien von Comgest für den Umgang mit Beschwerden (die eine Zusammenfassung der Anlegerrechte und Informationen über Rechtsbehelfsmechanismen im Falle eines Rechtsstreits enthalten) sind in deutscher Sprache auf unserer Website comgest.com im Abschnitt zu den Fonds-Details abrufbar. Informationen über die nachhaltigkeitsrelevanten Aspekte der Comgest Fonds gemäß der Verordnung (EU) 2019/2088 stehen unter www.comgest.com/de/sustainability/esg zur Verfügung, wobei bei einer Anlageentscheidung neben diesen Aspekten alle Eigenschaften oder Ziele des jeweiligen Fonds berücksichtigt werden sollten.
Diesen Beitrag teilen: